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Die beiden Bilder machen deutlich, dass selbst der Körper insgesamt nicht ausschließlich so ausgestattet ist, wie er vom Geschlecht her zu erwarten wäre. Abb.: Transsexuelle mit psychisch weiblicher Identität und organisch männlichem Geschlecht.
Was also spräche dagegen, Wesenheiten, welche sich − aus welchen Gründen auch immer − mit einem ihrer geistigen Herkunft entgegengesetzten biologischen Geschlecht vereinen, als eigenständige Persönlichkeiten, als das „Dritte Geschlecht“ zu benennen und zu akzeptieren? Es wäre lediglich ein Zurückerinnern an die Lebensweisheit der antiken Gesellschaften oder der amerikanischen Urindianer, welcher die Idee des *androgynischen Lebens zugrunde lag, und in der Betroffene ihrer eigenständigen Persönlichkeit bewusst waren, bevor dieses Bewusstsein mit der Verbreitung des Judentums und der daraus entstandenen Religionen gewaltsam zerstört wurde, weltweit insbesondere durch das Christentum. Besonders brutal gingen die Spanischen Eroberer (Conquistadores) vor.
Der erste spanische Historiker der Neuen Welt, Pietro Martiere d’Anghiera, der den „Conquistador“ Vasco Nunez de Balboa im damaligen Panama begleitete, wusste folgendes zu berichten (Zitat):
„Widernatürliche Unzucht: Vaschus (Vasco) fand das Haus dieses Königs verunreinigt durch die abscheulichste widernatürliche Unzucht. Denn er fand des Königs Bruder und viele andere junge Männer in Frauengewändern, elegant und weibisch gekleidet, welche dem Bericht jener zufolge, welche in seiner Umgebung lebten, er mit widernatürlicher Liebe missbrauchte. Von diesen befahl Vaschus etwa vierzig an der Zahl seiner Kampfhunden zum Frass vorzuwerfen.“
Oder in einer anderen Chronik heisst es:
„Die Indianer, soweit sie Häuptlinge sind oder dem Adel angehören und dergestalt sündigen, haben Jünglinge, mit denen sie dieser verdammungswürdige Sünde frönen, und jene willigen Jünglinge, sobald sie in der Schuld verfallen, kleiden sich in naguas (Röcke), wie Frauen...und sie legen sich Perlenketten und Armbänder und anderen Frauenschmuck an; sie üben sich weder im Gebrauch von Waffen, noch tun sie etwas, was Männern angemessen wäre, sondern sie verrichten die üblichen Aufgaben im Hause wie Fegen und Waschen und sonstige weibliche Arbeiten“.
*) Die androgynische Idee besagt, dass die Zusammenlegung beider geschlechtlicher Potenzen eine höhere Verwirklichungskraft darstellt als jede für sich, d.h. dass beide Geschlechter (Mann und Frau) für ihre Verwirklichung (Vervollkommnung) aufeinander angewiesen sind.
2. Kapitel: Transsexualität und die westliche Gesellschaft
Es ist eine Fahrlässigkeit,
- mit welcher Intoleranz, Gesetzgebung und Behörden über ihr Leben bestimmen,
- unter wie vielen Vorurteilen und wie viel Verachtung bis hin zu Diskriminierung sie in unserer Gesellschaft zu leiden haben, wodurch sie oft in die Vereinsamung, Depression bis hin zu Suizid getrieben werden;
Außerdem ist es beschämend, mit welcher Gleichgültigkeit unsere Gesellschaft darüber hinwegsieht ‒ ohne jegliches Gefühl der Mitschuld.
Gemeint sind Hermaphroditen und transsexuell Geborene, denen die Natur ohnehin schon ungebeten ein schwierig zu tragendes Schicksal in die Wiege gelegt hat.
Mein erstes Schlüsselerlebnis
Ich war noch in meinem letzten Lehrjahr, als mir mein Vorgesetzter eines Tages eröffnete, er wolle mich nach Arbeitsschluss zu einem Kaffee einladen. Das war etwas Ungewöhnliches, denn normalerweise ging er lieber zu einem Feierabendbier in seine Stammkneipe.
„Da staunst du, wie?“, meinte er, da er wohl mein verdutztes Gesicht bemerkt hatte. „Wir gehen in das Café an der Müllerstraße; kennst du es etwa?“
„Nein, mit meinem Lehrlingslohn kann ich es mir nicht leisten, irgendwo in ein Restaurant oder Café zu gehen.
„Gut; da wirst du etwas erleben, was du so schnell nicht vergessen wirst. Wie ich dich kenne, schaust du bei schönen Frauen nicht weg. Dort serviert nämlich ein Superstück“, wie er sich ausdrückte.
Das besagte Café war eigentlich eine Café-Bar mit einer Bar in Form eines Hufeisens in der Mitte des Raumes und ein paar kleinen Tischen seitlich entlang der Wand. Zu meinem Erstaunen war das Lokal sehr gut besetzt ‒ kein Wunder, denn hinter der Bar bediente eine Blondine, die man eher in einem exklusiven Frauenmagazin vermutet hätte. An der Bar waren lediglich noch wenige Plätze frei. Darauf steuerte mein Chef zu. Eigentlich war ich ein schüchterner Mensch, und mit Frauen hatte ich überhaupt keine Erfahrung. Das war Ende der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts, wo man im Umgang mit dem anderen Geschlecht noch nicht so locker war wie heutzutage. So konnte ich nicht verhindern, dass mein Herz beinahe bis zum Zerspringen klopfte, als sich die Dame mit einem freundlichen Lächeln vor mich hinstellte, um sich nach meinem Wunsch zu erkundigen. Aber ich hörte nur eine Männerstimme, und als ich mich umdrehte, um nach dem Besitzer dieser Stimme zu schauen, fühlte ich eine Hand auf meinem Arm.
„Nein, du bist schon richtig“, hörte ich eine sanfte Männerstimme aus dem Mund dieser Dame sprechen. „Wenn du dich erholt hast, kannst du mir sagen, was ich für dich tun kann. Ich heiße übrigens Chipsy, und du kannst ruhig Du zu mir sagen.“
Das Szenario hatten natürlich die anderen Gäste mitbekommen und brachen in ein Gelächter aus. Das also war es, was ich so schnell nicht vergessen würde. Wie kam diese freundliche und so hübsche Dame zu einer Männerstimme? Und überhaupt verstand ich die Welt nicht mehr.
„Das ist ein Transvestit“, meinte mein Begleiter. „Weißt du, was das ist?“
Wie sollte ich das wissen? Denn Aufklärung war damals nicht üblich, und über solche Sachen redete man schon gar nicht. So schüttelte ich nur den Kopf und meinte wahrheitsgetreu, ich hätte noch nie so etwas gehört. Aber er könne mir doch sicher erklären, was so ein Transvestit sei. Natürlich wusste er das auch nicht so genau, vor allem kannte er keinen Unterschied zwischen Transvestiten und Transsexualität.
Das alles ging mir nicht mehr aus dem Kopf; vor allem, als mich Chipsy ermunterte, wieder einmal zu kommen. Ich solle am Abend kurz vor acht Uhr kommen, da seien die meisten Gäste weg, weil sie das Lokal um acht Uhr schließen würde, und wir könnten dann ungestört miteinander reden.
Und ob ich wollte! Ich sparte mein Geld vom Lehrlingslohn, wo ich nur konnte, um möglichst bald wieder bei ihr zu sein. Ich fühlte mich wie im Märchenland.
„Hallo!“, begrüßte sie mich herzlich und fügte etwas vorwurfsvoll an: „Du hast aber lange gebraucht, bis du zu mir gefunden hast!“
„Ich wäre gerne früher gekommen, aber ich musste zuerst das Geld für den Kaffee zusammensparen.“
„Kleiner Dummkopf, ich hätte dich doch eingeladen! Ich habe dich nämlich heimlich beobachtet, und deine Unsicherheit ist mir nicht entgangen. Da habe ich den Entschluss gefasst, mit dir zu sprechen, bevor man dir Unsinn über mich erzählen würde. Willst du meine Geschichte hören und mich kennenlernen?“
Natürlich wollte ich! „Aber lach mich bitte nicht aus wegen meiner Unwissenheit!“
„Da brauchst du keine Angst zu haben. Du bist schüchtern, und genau das gefällt mir an dir. Ich möchte, dass du die Wahrheit über mich erfährst. Es werden nämlich genug Unwahrheiten und sonstige Geschichten über mich erzählt.“ Dabei legte sie eine Hand auf meinen Unterarm auf der Theke.
„Also“, begann sie das Gespräch, „ich bin transsexuell veranlagt. Ich bin eine Frau in einem männlichen Körper, wenigstens, was das männliche Geschlechtsteil betrifft. Ich habe einen Penis wie du, aber mein ganzes Fühlen ist das einer Frau. Innerlich bin ich eine Frau. Ich weiß, du kannst das noch nicht verstehen, aber ich bin nicht die Einzige auf dieser Welt mit dieser Veranlagung. Bereits im Vorschulalter“, fuhr sie fort, „merkte ich, dass ich lieber mit Mädchen spielen würde als mit Buben. Das änderte sich auch nicht, als ich zur Schule ging. Ich fühlte