Iris Schneider

Flucht in die Hoffnungslosigkeit


Скачать книгу

und Reparaturaufträge in unserer Teppichfirma, nebst-Branche, ließen immer mehr und mehr nach und meine Arbeit als Subunternehmer endete schließlich im Familienzwist zwischen uns Brüdern. Allerdings ohne Hauen oder Mordabsichten. Angeblich flog ich, wegen dem nicht überschaubaren Preis-Leistungs-Verhältnis auf dem Arbeitsmarkt. Laminat bei Teppich-Karl und

      Kettel-Aufträge bei Adam Pütt wurden eben eher verlangt, weil sie zwei Cent unter unserem Verkaufs-Angebot lagen. So endete meine nicht mehr ausreichende Arbeitskraft an einem unüberschaubaren Ende.

      Ausrangiert, wie ein alter Filz-Teppich und abgenutztes Billig-Laminat, begannen meine finanziellen Aussichten und Chancen nun beim Arbeitsamt in meiner neuen Heimat.

      Immerhin für einige Monate. Ich war nur noch reizlos liquide.

      Schlummerten in meinem Innersten vielleicht doch noch andere Qualitäten?!

      Ich kramte in meinem Gehirn nach Spezialitäten und Altertümchen und wurde fündig. Mit mittelmäßiger Anstrengung, fielen mir überraschend sogar einige Kochrezepte ein, die ich in der darauffolgenden Zeit, in verschiedensten Geschmackskompositionen ausprobierte.

      Stubendienst war gleichfalls angesagt. Langeweile kannte ich ab jenem Tag nicht mehr, denn meine Verliebtheitsgrade stiegen unaufhörlich in Richtung Kleinfamilie.

      Ich kümmerte mich hauptsächlich um Elena und hatte einfach gesagt, viel nachzuholen.

      Toni ließ wiederholt ihre Tochter bei mir, wenn sie unterwegs war. Und sie war sehr oft unterwegs.

      Elena war ein ausgesprochenes aktives Kind und beschäftigte mich rund um die Uhr.

      Wir kauften zusammen ein, gingen zum nahe gelegenen Spielplatz, und meine kleine Freundin plapperte ohne Unterlass die schönsten Geschichten aus Tunesien.

      „Mein Papa macht alle Leute gesund und hat mir auch einen Spiel-Koffer mit Arzt-Sachen gekauft. Ich helfe immer mit und alle kriegen dann eine Spritze.“

      Lächelnd packte ich unseren Einkauf in den Kofferraum meines Wagens.

      Ich genoss das Plaudern von Elena. Erinnerungen holten mich ein, denn meine eigene Scheidung ist schon eine Weile her. Ich hatte ja selbst eine Tochter im damaligen Alter von sechzehn Jahren. Leider sah ich sie kaum, denn sie unterlag den wichtigen Interessen der Punk-Frisuren und Vegan-Speisen. Wie man das ebenso in diesem Alter macht.

      Ich habe alles für meine Tochter Laura getan. Alles was ein Vater nur für sein Kind tun kann. Auf dem Fahrrad fuhren wir am Rhein entlang, oder wir spielten auch auf Spielplätzen. Sonntag war immer Laura-Tag. Auf diese Zeit freute ich mich besonders. Sie war damals ein kleiner Engel mit blonden Locken. Jedem fiel sie auf. Jeden lächelte Laura an. Sie war eben mein kleiner Sonnenschein. Meine kleine Motte.

      Ein kleines Händchen schob sich in meine Hand und fragte mich zaghaft:

      „Bist du traurig Rolf?“

      „Nein, nein, ich dachte nur nach Elena. Ich habe auch eine Tochter. Die wohnt in Düsseldorf, weißt du?“

      Wir fuhren nachhause.

      „Wie heißt denn dein Kind?“, fragte Elena mich dort weiter.

      „Laura heißt sie.“

      „Kannst du die nicht holen, dann kann die Laura doch in meinem Bett mitschlafen.

      „Ich glaube, das geht schlecht“, erklärte ich Elena.

      „Ihre Beine sind schon zu lang und diese würden uns nur störend im Wege herumhängen. Die passen nicht mehr in dein Bettchen.“

      „Du kannst doch das Bett größer machen, Rolf.“

      „Sie will auch gar nicht mehr in solch ein Kinderbett, sie will lieber in ihrem Bett und in ihrem Zimmer

      schlafen“, machte ich dem munteren Quälgeist klar. Elena gab sich vorerst mit dieser Antwort zufrieden.

      Mittlerweile standen in Tonis Wohnung ein paar Möbel mehr.

      In der Küche stand endlich ein Tisch mit drei Stühlen. Im Wohnzimmer standen ein Tisch mit vier Stühlen und ein Klappsofa und im Kinderzimmer standen keine Stühle, nur Elenas Kinderbett und ein Schrank für Mutter und Kind. Trotz des ausreichenden Stuhl- Mobiliars, hatte Toni eine behagliche Atmosphäre gezaubert wofür ich sie oft bewunderte.

      Weil die Strompreise immer diktatorischer wurden, und verschleiert höher krochen, fühlte ich mich langsam aber sicher durch sie bedrängt. Denn es waren nicht nur diese Preise, die mich herausforderten, mein Gasboiler fiel mir ebenfalls in den Rücken. Das wurde mir nun doch zu viel. Da meine Wohnung ebenso wenig ausreichende Isolierungen aufwies, gab ich mich regelrecht geschlagen und trat den Rückzug an. Ich sah es nicht mehr ein, den Stadtwerken noch mehr in den gierigen Rachen zu werfen.

      Bist du nicht willig, sperre ich dir den Hahn zu. Vielleicht auch noch mit Gewalt? Ich suchte mir eine andere Wohnung.

      Nach einigen Versuchen und Aufsuchen vieler Mietswohnungen aller Art, fand ich endlich ein geräumiges Apartment an einem Berg. Mit Außentreppe modernster Art. Ein Bau-Werk eines Architekten mit hochentwickelter Wohn-Kultur. Die zu den oberen Parkplatz-Etagen hochführende Außentreppe, protzte aus verzinktem Stahlgitter in den grünenden Natur-Hang hinein.

       Endlich werde ich jeden Eindringling, der mich aufsuchen würde, sofort wahrnehmen und durch meinen Türspion orten können. Sogar eine ausgedehnte Terrasse mit Dorfblick, nebst einer von weitem schon erkennbaren Kirchturmspitze lag vor mir. Ich war glücklich. Alles wirkte sehr idyllisch.

      Ebenso, der darunterliegende Bahnhof mit den lautleisen Zügen, die ich irgendwann gar nicht mehr wahrnehmen würde. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier.

      Toni blieb in ihrer Wohnung und stellte sich erst einmal den weiteren Energie-Herausforderungen.

      Kapitel 3 Der Umzug

      Endlich war es soweit.

      Schweren Herzens zog ich aus dem Haus aus, wo ich doch gerade erst meine neue Liebe kennen gelernt hatte.

      „Denk daran Toni, ich bin für euch da, wenn ihr etwas braucht.“

      „Ja, ja, ich weiß Rolf, aber ich werde demnächst sowieso nach Tunesien fahren müssen, um einiges dort zu klären. Du weißt ja, das ich mich von meinem Mann scheiden lassen will.“

      SCHEIDEN?!

      Das sagte Toni so, als würde sie mit einer gelassenen Selbstverständlichkeit ihr Sparschwein erschlagen.

      „Wird man dich da drüben nicht sofort steinigen?“, fragte ich ohne Besonnenheit direkt nach.

      Sofort ergriff mich ein altes Verlassenheitsgefühl aus früheren Kinderjahren, mit einem schalen, ängstlichen Nachgeschmack. Hatte ich schon Verlustängste? Es waren doch Kleinkinderjahre.

      Toni guckte mich musternd an.

      „Du hast ja einen knallroten Kopf“, stellte sie erschrocken fest.

      „Hast du dich wirklich entschieden?“, fragte ich mit einem Kloß im Hals nach.

      „Wenn ich mir etwas vorgenommen habe, steht es. Okay?“

      Diese Portion Arroganz saß.

      „Deswegen brauchst du nicht gleich einen Herzinfarkt zu kriegen. Wenn ich mich zu etwas entschieden habe. Sowas führe ich jedenfalls immer durch.“

      „Natürlich…klar. Hab ich alles gut verstanden. Aber ein bisschen anders hatte ich mir unsere jüngferliche Beziehung schon vorgestellt. Wenn du das unbedingt meinst, dann tu es“, sagte ich säuerlich.

      „Kann der Rolf nicht mitkommen, Mama?“

      „ELENAAA…!“

      „Nein…, nein Elena, ich schmeiß indessen hier den Laden, das wird mich ablenken.“

      Danach sah ich die