„Für mich wurde es höchste Zeit, dass etwas gegen die Treibjagden unternommen wird.“ „Hört, hört“, mischt sich der Polizeipräsident ein. „Haben Sie nicht auch einen Jagdschein?“
„Natürlich habe ich als Förster einen Jagdschein, aber ich habe noch nie an einer Treibjagd teilgenommen, da ich sie grundsätzlich ablehne. Vielleicht komme ich irgendwann einmal mit zu eurem Spektakel und kann bei der Gelegenheit, ein paar Kreaturen vor euren Büxen retten.“ Eduard konnte nicht ahnen, wie bald die letzten, ironisch gemeinten Worte, Wirklichkeit werden sollten.
„Aber Eduard, Sie wissen das unser Stammtisch, Jägerstammtisch heißt und ich frage mich warum Sie eigentlich hier sind?“ „Ja, ja Georg, es ist mir bewusst, aber für mich sind die Tiere nicht zum sinnlosen Töten auf unserem blauen Planeten, sondern ich erfreue mich an ihrer Schönheit, an ihrer Einmaligkeit und bewundere ihre Einbezogenheit in die Natur. Meinen Jagdschein besitze ich, weil ich ein Förster bin und als Förster verstehe ich mich als Pfleger für die Natur und mit ihr den Wald und die Tiere. Mein Waffenschein kommt erst dann zum Tragen, wenn ich kranke oder verletzte Tiere von ihrer Qual erlösen will.“ „Um auf Ihre Frage zurück zu kommen, ich bin hier, mit der naiven Hoffnung, euch zu beeinflussen, von eurer sinnlosen Lust auf das Töten, von wehrlosen Kreaturen abzulassen. Doch wenn ich es mir richtig überlege, ist es sicher ein vergebliches Unterfangen.“
„Es klingt sehr ehrenvoll, aber ich bezahle für die Möglichkeit meinen Jagdschein zu benutzen sehr viel Geld und lasse mir dieses Recht nicht nehmen.“ „Das sehe ich auch so.“ Unterstützt der Schuldirektor die Meinung und fügt dem noch hinzu. „Außerdem stehen wir in der Evolution ganz oben und schon in der Bibel steht: „… macht euch die Erde untertan.“ „Aber, aber“, schaltet sich der Industrieunternehmer in das Gespräch mit ein. „Heinz, jetzt tragen Sie aber zu dick auf, ich für meinen Teil möchte meinen Spaß und ich will spüren, wie mir das Adrenalin in die Blutbahnen schießt, wenn ich Aug in Aug vor einem wilden Wesen stehe und ich weiß, dass ich stolz bin, dass bald an einer Wand in meiner Villa, eine herrliche Trophäe hängen wird. Dabei ist es mir völlig egal, wo ich in der Evolution stehe.“
„Mutig, mutig, genau, dass ist es, was ich euch vorwerfe“, empört sich der Förster. „Ihr ignoriert die Lebewesen, euch ist egal was mit ihnen geschieht und ihr vergesst, dass jedes Lebewesen und jede Pflanze mehr in die Natur gehört, als wir Menschen. Vergesst nie, vergesst es nie, was ich euch jetzt noch sagen möchte.“ „Wir brauchen die Natur, aber die Natur braucht uns nicht!“
„Jetzt ist es aber genug, äußert sich in einem scharfen Ton der Professor. „Es ist in der heutigen Zeit ja wohl keine Frage, dass wir über alle Lebewesen stehen und es wohl selbstverständlich ist, da wir die einzigen sind, die über eine Intelligenz verfügen und ich gehe noch ein Stück weiter und behaupte, dass einige von uns noch über den Rest der Menschheit stehen.“ „Jetzt werden Sie aber unverschämt,“ empört sich der Rektor, sein Oberkörper beugt sich nach vorne, seine Hände stützen ihn über die Arme auf der Tischplatte ab und das so stark, dass seine Fingergelenke weiß anlaufen. „Sie wollen sich doch wohl nicht, über die am Tisch sitzenden Personen hinausheben?“ Bei diesen Worten blitzten seine Augen, wie Laserstrahlen, zu dem Professor Dr. Karl Neihus hinüber, aber der Professor, hat nur ein müdes, verächtliches Lächeln für den Rektor über.
„Nun ist es aber genug“, donnert die Stimme des Polizeipräsidenten, dabei streckt sich sein Kinn energisch nach vorne und sein energischer Blick geht einmal in die Runde. „Haben Sie alle vergessen, warum wir heute hier sind? Sie müssen mir doch sicher Recht geben, dass wir mehrheitlich dafür sind, die Demonstration nicht für gut zu heißen. Günter, sagen Sie uns doch bitte, warum Sie die Demonstration überhaupt genehmigt haben?“
„Weil mir keine andere Möglichkeit blieb, denn jede Person in diesem freien, unserem Land, besitzt das Grundrecht zur freien Meinungsäußerung und solange die Demo nicht gegen das Grundgesetz gerichtet ist, oder auf den Umsturz des Staates hinarbeitet, habe ich überhaupt keine Handhabe, etwas dagegen auszurichten und ich möchte auch, dass es in dieser Runde akzeptiert wird.“
„Wenn das so weiter geht, werde ich bald, keine Büxen mehr verkaufen können.“ „Aber Stephan, Pflugscharen statt Waffen, wäre das nichts für Sie.“ Bei dieser Äußerung fliegt dem Optiker ein spöttisches, breites Lächeln über sein Gesicht. „Hören Sie bloß auf, Georg, es genügt mir schon, von meinem Sohn solche Sprüche anzuhören, aber ich könnte Ihnen ja tolle, stabile Brillengestelle aus Krupp – Stahl anfertigen, oder haben Sie Angst, dass solche Brillen ein Leben lang halten und Ihre Kunden aussterben?“ Diese Worte erheitern alle, in dieser Runde.
Nach einer kurzen Pause, in der die Einen Ihren Gedanken nachhängen und die Anderen einen Schluck von Ihren Getränken genießen, nimmt Förster Grünwald wieder das Gespräch auf: „Mein Vorschlag wäre, die Demonstration zu ignorieren, denn das ich sie begrüße, ist Ihnen allen ja bekannt und um eure Meinung zu unterstützen, wäre es sicher nicht von Vorteil, wenn sie überbewertet wird. Es gibt nichts Unwichtiges, das nicht als Meldungen in Presse, Fernsehen und Internet aufgewertet wird und je mehr Unruhe, Konfrontationen, wie auch Brutalitäten auf so einer Veranstaltung stattfinden, umso mehr Beachtung und Erfolg wird sie haben.“
„Da muss ich ausnahmsweise unserem lieben Herrn Förster zugestehen, dass er in diesem Fall Recht haben könnte, außerdem neigt sich die Mittagspause ihrem Ende zu und ich werde in meinem Institut erwartet.“ „Ja Karl, wir wissen es alle, dass ohne Sie das Institut schon gar nicht mehr da wäre, oder es wäre nur ein ganz banales Krankenhaus, aber in einem haben Sie recht, die Mittagspause ist auch für mich beendet und auch ich werde im Polizeipräsidium erwartet, um in Erfahrung zu bringen, wie weit die Vorbereitungen für die Demo gediegen sind. Meine Leute sind genauestens instruiert was zu tun ist und technisch sind sie voll ausgerüstet, vom Megafon, bis Wasserwerfer ist alles vorhanden, - man muss ja auf alles vorbereitet sein.“
„Oh, oh.“ Lässt sich, die Schultern zuckend, der Förster vernehmen. „Ich ahne Schlimmes, aber ich werde es ja miterleben“. Mit einem hingeworfenen - Malzeit - steht er auf, hat ein verkrampftes Lächeln für alle im Gesicht und verlässt den „Springenden Hirsch.“ Nach ein paar belanglosen Floskeln und Sprüchen, löst sich die Tischrunde auf und alle verlassen die Lokalität.
5 Die Demo
Natascha geht, sich bei einer Blondine eingehakt, auf dem Gehsteig in Richtung Innenstadt. Bei der Blondine, das gegenteilige Erscheinungsbild von Natascha, handelt es sich um Liesa, die langjährige Freundin von Natascha. Die langen, blonden und glatten Haare, fallen Liesa bis über die Schultern herab. Alle ihre Rundungen sind kräftig, organisch geformt, aber mit einer ästhetisch, erotischen Weiblichkeit, die viele Blicke und nicht nur die von der männlichen Gesellschaf, auf sich zieht und ihr selbstsicherer, wiegende Schritt, trägt noch zu dem erfreulichen Gesamterscheinungsbild bei. Ihre seeblauen Augen, strahlen aus einem Gesicht, dass ihr durch die leicht stupsige Form der Nase und den verschieden dicht auftretenden Sommersprossen, einen kindlichen, lausbubigen Ausdruck verleiht, obwohl ihr Alter sicher bald die 30 Jahre erreichen wird.
Da laufen diese beiden Schönheiten durch die Straßen auf die Demo zu, nicht weil sie selber voll hinter dieser Aktion stehen, sondern höchstens mit deren Themen sympathisieren, sondern weil ihre Neugierde und die Hoffnung auf etwas Spaß, sie antreiben. Die kleine „Hindenburg Straße“, auf der sie sich jetzt bewegen, mündet in die Kaiserstraße und bevor sie diese erreichen, können sie schon den Strom von Demonstranten sehen, der sich auf der Kaiserstraße, in Richtung Schlossplatz bewegt. Auf der Straße wimmelt es von Menschen, die meisten von ihnen haben sich der Demo entsprechend verkleidet. Die Mehrzahl trägt grüne, Jägerrock ähnlichen Jacken. Viele hängen, aus Holz bestehende Attrappen von Jagdgewehren über die Schulter, oder andere besitzen echte Jagdhörner, aus denen sie von Zeit zu Zeit ein paar unharmonische Töne entweichen lassen. Wieder andere haben sich wie Treiber verkleidet, mit Utensilien, wie sie auch für die Treibjagd benutzt werden könnten, als da wären: „Gegeneinander geschlagene Stöcke, Töpfe, Holzlöffel usw.“ und alle diese Gegenstände verstärken den Geräuschpegel, der über der Schlossstraße liegt.