Hans Ulrich Süss

Der Aufstieg des Karl Ernst Schober


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Personalabteilung leider keine Weisungsbefugnis. Da nahm das Unheil seinen Lauf. Frau Bauermann hat natürlich abgelehnt und ist jetzt sehr böse mit alle Beteiligten."

      "Auch mit Dir, obwohl Du ihr doch helfen wolltest?" fragte Elsbeth.

      "Ja, das ist leider so. Da gilt dann doch das alte 'mitgegangen, mit gefangen, mit gehangen", Schober bemitleidete sich selbst etwas. Er war sich sicher, er hatte alles versucht um jedem nach Möglichkeit gerecht zu werden! Er schloss mit der Aussage: "So schön es ist, Führungsaufgaben zu übernehmen, so schwer wird es, das Gute, das Richtige zu tun, ohne dass einem jemand dumm in den Arm fällt!" Er seufzte. Elsbeth sah ihn bewundernd und bedauend an, er hatte es schwer!

      Nach zwei Tagen Denkpause akzeptierte Frau Bauermann den sofortigen Wechsel zur Dentalabteilung, denn bei der Personalabteilung war ihr der Fortbestand ihrer Einstufung bei der Entlohnung garantiert worden. Sie verabschiedete sich weder von Hofmeister noch von Schober. Der nahm das hin, nur Hofmeister war betroffen. Er sagte zu Schober: "Jetzt haben wir eine gute Kraft verloren, ohne Ersatz zu bekommen, das reißt eine Lücke und das Arbeitsklima in der Abteilung ist auch ruiniert."

      Schober nahm es gelassen: "Die Abteilung ist jetzt konsolidiert. Wir haben ein wenig Federn gelassen, aber mehr ist nicht passiert. Wenn wir drei Mitarbeiter abbauen, sind das fast die geforderten 20%, da traut sich jetzt keiner, von uns noch mehr zu fordern."

      "Aber die Stimmung in der Belegschaft ist sehr schlecht", meinte Hofmeister. Das war Schober egal: "Mein lieber Hofmeister, wir sind hier in der chemischen Industrie, nicht im Gesangverein, hier ist Harmonie eine Zugabe, aber keine Voraussetzung. Wir sind hier, um zu arbeiten, um Geld zu verdienen für unseren Arbeitgeber und für uns. "

      Hofmeister hatte noch ein Problem: "Wir haben jetzt Frau Bauermann verloren, ohne Ersatz. Der Typ von der Personalabteilung hat mir gerade gesagt, die Differenz in der Entgeltgruppe wird vom neuen Arbeitgeber nicht übernommen. Er meinte, die bliebe bei uns liegen. Ist das richtig?"

      "Ja, das ist ein kleiner Wermutstropfen", Schober reagierte etwas zögernd, "wir werden in den kommenden zwei Jahren diese Differenz als Abteilungs-overhead verbuchen müssen."

      Hofmeister war baff: "Aber diese Kostendifferenz von Entgeltgruppe 3 zu Gruppe 6 ist fast so hoch wie die Gesamtkosten einer Kraft für Gruppe 3! Das heißt, wir bezahlen künftig die Hälfte von Frau Bauermanns Gehalt weiter, haben aber nichts davon?"

      "Sie sehen das viel zu eng", war Schobers Reaktion, "unser Ziel muss es sein, dem Vorstand zu zeigen, dass wir rasch, zielgerichtet und erfolgsorientiert handeln. Diese Kleinigkeiten, wie leicht erhöhte overheads sind einfach nicht zu ändern. Und was die Stimmung unter der Belegschaft angeht, da machen wir mal ein Motivationsseminar oder einen Betriebsausflug, da wird das schon wieder!"

      "Ja, aber das sind ungefähr 30.000 DM, die wir weiterhin zahlen müssen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten!" Hofmeister kam über diese Tatsache offenbar nicht so leicht hinweg.

      "Sie verlieren das Ziel aus dem Auge", sagte Schober, "der Vorstand will 20% Personalabbau, wir bauen von 18 Mitarbeitern nur drei ab, nicht die geforderten dreieinhalb. Allein dies sehe ich schon als Gewinn! Da macht das bisschen Geld nichts aus."

      Hofmeister hatte einen anderen Vorschlag zur Kostensenkung: "Können wir nicht an unseren internen Kosten drehen? Es ist fast schon unverschämt, was uns die Serviceabteilungen für ihre Dienste in Rechnung stellen. Für ein Telefon im Büro wird uns ein höherer Betrag in Rechnung gestellt, als ich zu Hause für den Netzanschluss an die Telekom zahle. Die Umlagen für den Service ums Gebäude herum sind so hoch, da könnten wir uns einen eigenen Hausmeister leisten. Die Mieten für die Laborflächen sind auch erschreckend hoch. Der Standort behauptet, er benötigt diese Summen ...."

      Schober unterbrach Hofmeisters Redefluss: "Da bleiben Sie mal ganz ruhig, lieber Hofmeister, es hat nämlich keinen Sinn sich zu erregen. Diese Kosten sind allesamt berechtigt. Da wird nur umgelegt, was an echten Kosten entstanden ist."

      Hofmeister blieb nicht ruhig, er fuhr fort: "Also Sie wollen mir doch nicht sagen, dass eine Telefon bei uns teurer sein muss, als mein Anschluss zu Hause?"

      "Selbstverständlich. Bei uns sind auch die Serviceabteilungen angewiesen für ihre erbrachten Leistungen und Kosten die Rendite zu erwirtschaften, die bei allen Investitionen erforderlich ist."

      "Gegen eine leistungsorientierte Kostenstruktur ist nichts zu sagen, nur hab' ich den Eindruck, diese internen Abteilungen haben ein Monopol und nutzen es ganz unverschämt aus!"

      "Das sehen Sie völlig falsch. Ich habe mit Dr. Heumann darüber gesprochen und der hat mir versichert, unsere Kostenstruktur sei vom Vorstand geprüft und genehmigt worden."

      Hofmeister murmelte: "Da werden offenbar jede Menge versteckter Kosten einfach umgelegt." Zu mehr Protest konnte er sich nicht aufraffen. Schober war zufrieden Hofmeister so einfach losgeworden zu sein. Er war doch nicht verrückt und legte sich mit den Herren der Serviceabteilungen an! Die hatten alle beste Kontakte zum Vorstand und dort waren die Kosten abgesegnet worden. Da konnte man ja gleich dem Unterholzer öffentlich widersprechen!? Der hatte keine Ahnung, der Hofmeister, wie schnell dadurch eine Karriere versaut war. Schober schüttelte über so viel Naivität den Kopf. Das Gute war, mit dieser Einstellung würde der Hofmeister nie ein Konkurrent.

      Binnen einer weiteren Woche waren die drei Mitarbeiter versetzt oder auf dem Weg zur Versetzung. Schober bat um einen Termin bei Heumann, Prof. Krauth hatte seine Vorlesungswoche, den konnte er leicht übergehen. Er stellte seinen Erfolg vor, nicht ohne über den deutlichen Aderlass zu klagen, der es selbstverständlich sehr erschwere, die gewünschten Forschungsziele zu erreichen. Sein Wissen um die große Unwahrscheinlichkeit eines positiven Resultats erleichtere ihm das prophylaktische Lamentieren.

      "Ich gehe davon aus, der Verlust des erfahrenen Mitarbeiters Wurster und noch mehr der des jungen, dynamischen Trageser, wirft uns beim Vorantreiben der Forschung erheblich zurück. Ich versuche mich noch mehr in die tägliche Laborarbeit einzubringen, aber Sie werden verstehen, die Experimente und deren Auswertung kann ich nicht noch zusätzlich persönlich durchführen!"

      Dr. Heumann war von der Geschwindigkeit des Personalabbaus beeindruckt: "Ich werde ihre Erfolge bei meinem nächsten Gespräch mit Prof. Unterholzer lobend erwähnen. Es wäre schön, auch meine anderen Mitarbeiter würden ähnlich pro active mit diesem Problem umgehen. Von denen höre ich meist nur Klagen und dass es nicht möglich sei, verdiente Mitarbeiter wegzuschicken!"

      Elsbeth wird sich freuen, wenn ich ihr das erzähle, dachte Schober auf dem Weg nach Hause. Augen würde die machen. Seine Begrüßung war entsprechend: "Stell Dir vor, meine zügige Arbeit am Problem mit dem Personalabbau wird von Heuberger dem Vorstand vorgestellt!"

      Elsbeth freute sich doch nicht so, wie angenommen. "Zuerst mal guten Tag", war ihre Antwort.

      "Klar, guten Tag! Alles in Ordnung?" Schober war irritiert. "Ist was mit Jasmin? Das klappt doch in der Vorschule?" fragte er nach. "Nur das übliche", war die Antwort. Schober dachte, ach so, das ist nur der normale Anfall von gefühlter Missachtung. Gut, das geht vorbei. Er lenkte ein: "Also gut siehst Du aus. Dieser Kurs mit den Fünf Tibetern, der bekommt Dir sichtbar! Sagtest Du nicht, das entspannt?" Auch Elsbeth wollte keinen Streit, deshalb ging sie auf ihn ein. Er hat ja gemerkt, dass mich das verletzt, wenn er ständig nur von seiner Firma redet. Gerade so, als wenn es nicht Wichtigeres auf der Welt gäbe. So hörte sie zu, als Schober seinen Erfolg erklärte.

      Am Ende fasste er zusammen: "Bei dieser Geschichte hat sich wieder ganz deutlich gezeigt, wo meine Stärken liegen. Nicht in der Forschung, nein, im management. Ich kann sehr gut mit Menschen! Das ist es!" Elsbeth war etwas skeptisch, musste aber zugeben, beim Vorstand positiv erwähnt zu werden, das hatte was!

      Unterholzer war sehr erfreut über Schobers Aktivität: "Heumann, da haben Sie wirklich einen exzellenten Mitarbeiter. Wie rasch und zielgerichtet der das schwierige Thema Personalabbau in seinem Bereich gelöst hat, das findet meine Hochachtung! Den Namen Schober müssen wir uns merken, der hat ganz offensichtlich Führungsqualitäten. Nicht lang fackeln, sondern Resultate vorlegen, das ist es was wir brauchen, in diesen schwierigen Zeiten."

      Heumann