Toma Behlsum

Kuhland


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heißt, x gibt es im Bulgarischen schon, aber das bedeutet h. Klein g bedeutet d, h ist n, p ist r, c ist s, c + g ist der selbe Buchstabe und schaut aus wie ein komisches r. Aber keine Angst, a, o, s, und t schreibt man hier wie da a, o, s und t, alles halb so wild.

      *Feuerbeständig

      12

      Jan und Trisch wohnen jetzt also auf dem Land, falls man das so sagen kann, weil Jan immer noch oft ganz woanders ist, und auch wenn er hier ist, ist er geschäftlich woanders, in der Kleinstadt oder er fährt allein mit seinem Mountainbike durch die Gegend. Jan hat gleich zu Beginn zwei identische Mountainbikes gekauft, aber das für Trisch steht noch immer unbenutzt in der Garage. Anfangs hat Jan Trisch noch ein paar Mal gefragt, ob sie sich schon Mountainbikerkleidung gekauft habe, aber sie hat jedes Mal geantwortet, sie sei noch nicht dazugekommen, und irgendwann hat dann Jan aufgegeben zu fragen. Trisch findet, besser als in hässlicher Bekleidung Fahrrad zu fahren und die Tiere in deren Zuhause zu nerven ist es allemale, es kommen Leute zu einem zu Besuch nach Hause zu ihr. Sie lädt reihum alle ihre alten Freunde ein. Gerne dürfen sie dabei Kuchen mitbringen, woraufhin sie sofort das Goldrandgeschirr ihrer Mutter selig auspackt, das sie aus ihrer Stadtwohnung mitgebracht hat, obwohl sie dieses dann hinterher von Hand abspülen muss, damit die Spülmaschine nicht den Goldrand frisst und damit das Andenken ihrer Mutter gleich mit. Das Goldrandservice ist das einzige, was ihr von ihrer Mutter geblieben ist, und ein paar verschwommene Erinnerungen an eine Frau, die auch immer viel zu tun hatte und der es vollauf genügt hatte, das Zitat einer Mutter zu sein.

      Aber auch der Ruf der Gäste nach Schnaps ist Trisch willkommen, selbst wenn er noch vor der Begrüßung erfolgt. Seit sie vor 20 Jahren in einer Mogelpackung von einem Ort im Inneren von Madagaskar, die ‚Wo es viele Krokodile gibt’* heißt, wo es aber kein einziges Krokodil zu sehen gab, mal ein paar gestandene Entwicklungshelfer mit Rum unter den Tisch getrunken hat, gibt es bei Jan und Trisch zu Hause immer Schnaps, den sie ihren Gästen gerne anbieten, schon um nicht alleine trinken zu müssen.

      Jetzt endlich besucht auch Brigitte Trisch, etwas, das sie bereits während ihres Urlaubs vorgehabt hat, aber dann nicht mehr dazu gekommen ist, vor lauter auf dem Balkon sitzen. Für Brigitte kommt das Goldrandgeschirr zum Einsatz, Trisch hat Kuchen besorgt und Kaffee gekocht. Brigitte trinkt Kaffee. Trisch weiß, dass allein das Angebot für Schnaps bei ihr blankes Entsetzen ausgelöst hätte. Jan schreibt kleine Zettelchen und schiebt sie Brigitte hin.

       Kuchen kann töten

       Kekse während der

       Schwangerschaft können zu

       Missbildungen des Kindes führen

       Gebäck lässt die Haut altern

       Süße Backwaren verkürzen das Leben

       Teilchen führen zu ernsthaften Schäden

       an Leib und Leben

       kuchenessenaufhören

       verbessert das Leben

       Torten gefährden die Gesundheit

      Brigitte ignoriert die Zettelchen, nimmt sie schlicht nicht zur Kenntnis.

      Trisch kennt Brigitte aus dem Kindergarten, so lange sind sie befreundet. Als Brigitte dann etwa 15 war, hatte Trisch begonnen sie manchmal mitzunehmen, wenn sie abends ausging, damit Brigitte nicht immer nur zu Hause rumhing. Ob sie ihr damit einen Gefallen erwiesen hat, lässt sich nicht eindeutig sagen, da sie nicht viel sagte und meist noch vor 10 Uhr, wenn es nach Auffassung von Trisch gerade begann, lustig zu werden, brennende Augen bekam und heim wollte.

      Tatsächlich tat ihr Trisch keinen Gefallen, denn Brigitte hatte gar kein Bedürfnis, die Behaglichkeit ihres Zuhauses einzutauschen gegen die Gesellschaft von Leuten, die ihre Gedanken an Analysen gesellschaftspolitischer Vorgänge aufhängen, an denen sie sowieso nichts ändern können und, Brigitte war sich zudem sicher, auch nichts ändern wollen, denn mit was hätten sie sich danach noch beschäftigen können, außer mit der großen schwarzen Leere, die dann über sie kommen würde, wenn es keine globalen strategischen Interessen, keine Verbreitung von Drogen in Spannungsgebieten westlicher Großstädte und keine PR - Kampagnen der Pharmaindustrie mehr gäbe, sie wollte aber die Freundschaft mit Trisch nicht aufs Spiel setzen und ging mit. Es kam vor, dass sich die Freunde von Trisch wunderten, wen sie da immer mitschleppe, meist aber ist ihnen Brigitte gar nicht weiter aufgefallen. Mit der Zeit jedoch entwickelte sie sich ganz ordentlich und beteiligte sich sogar an Gesprächen, ohne deshalb nachhaltiger zu beeindrucken, eine unsichtbares Mädchen, nicht hübsch und nicht hässlich, neutral und fast durchsichtig.

      Als sie dann ein Jahr vor dem Abitur die Schule verließ, und, um gleich Geld zu verdienen, im Büro einer Druckerei arbeitete, wurde der Kontakt seltener, ist aber nie ganz abgebrochen, auch nicht nach dubiosen Vorgängen mit in der Regel sehr viel älteren Männern, die sie teilweise in finanzielle Bedrängnis brachten.* Trisch war daher richtig erleichtert gewesen, als Brigitte den nicht sehr erfolgreichen Architekten Karl Heinz heiratete.

      Nachdem Trisch und Brigitte sich gegenseitig erzählt haben, wie es gemeinsamen Bekannten nun geht, was sie gerne essen und wie das Wetter wohl werden wird, und dabei auch kurz die Umstände angesprochen haben, die sie hierher geführt haben, dreht sich die Unterhaltung nur noch um den Hund von Trisch. Dies ist ja ein Foxterrier, hat Brigitte bei ihrer Ankunft festgestellt und ist sofort grundlos begeistert.

      ‚Ein kleiner Hund kann dein allerbester Freund sein’ erklärt ihr Jan.

      ‚Quatsch. Mein Hund liebt mich überhaupt nicht, er brummt mich ständig an’, erwidert Trisch.

      Brigitte teilt Trisch mit, dass das normal sei, weil Foxterrier selbständige, wilde Gesellen seien, Tagediebe, an sich aber Gentlemen, weil sie früher üblicherweise in großen grauen englischen Herrenhäusern mit großen grünen englischen Gärten davor anzutreffen waren. Trisch entgegnet, dass sich aber recht häufig zeige, dass Foxe eher dem Gesinde zuzurechnen sind.

      Wie immer hat nach einer Weile Jan genug von Brigitte und setzt sich auf das Sofa, liest Zeitung und muss wenig später noch dringend etwas erledigen. Brigitte ist es recht, sie kennt das Ritual in immer derselben Reihenfolge, halbherzige Beteiligung am Geplauder, dumme Scherze, Zeitung auf dem Sofa, dann dringend noch wohin. Jan ist ihr unheimlich, Menschen wie er kann sie nicht einschätzen, machen ihr angst. Trisch macht er auch angst, aber nicht weil er ihr unheimlich ist, sondern weil er statt dem versprochenen Rückzug aufs Land so weitermacht wie vorher.

      Brigitte geht ein wenig später auch, und Trisch ist wieder allein zu Hause mit ihrem Fox. Der Fox schaut aus wie ein wandelnder Putzlumpen, denkt sie und spült das Geschirr von Hand, und schmeißt die Zettelchen von Jan weg.

      *Sie merkte dann aber bald, dass Schule verglichen mit dem wirklichen Leben noch ganz einfach war, sie hat sich dafür nur auf den Unterrichtsstoff konzentrieren müssen. Um gleich Geld zu verdienen, arbeitete sie im Büro einer Druckerei, wo ihr ein älterer Mann begegnete, Konrad, ein Kunde, der vor dem finanziellen Ruin stand. Brigitte besorgte sich bei ihrem Onkel, der Filialleiter einer Bank ist, einen Kredit über 10.000.-- DM und gab das Geld dem Mann. Er hatte ihr leid getan. Sie musste danach noch lange an Tilgung und Zinsen abbezahlen. Später lernte sie einen weiteren älteren Mann kennen. Sein Name war Paul. Paul war Generalvertriebsleiter eines amerikanischen Patentes, einer Art Lötkolben. Das Büro bestand aus ihm und der Sekretärin, die er entließ und dafür Brigitte einstellte. Dazu mietete er ihr ein Appartement, in dem er sie regelmäßig besuchte, wenn der Tagesablauf seiner Frau nicht dagegen sprach.

      *Marovoay

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