Jay H. Twelve

VIRDULA Endlosgeschichten Band 2 - Die Mutter aller Dinge


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ein geräumiges Deckhaus, hohes Schanzkleid und kunstvolle Reling. Ein mit verzierten Ornamenten eingerahmter Heckspiegel, schrägen Fensterchen mit Bleiglas in der Mitte. Ähnlich wie das stolze Schiff des Kapitän Hornblowers.

      Obwohl schon jedes einzelne Detail in seinem Kopf herumschwirrte, gedachte er nie ein neues Schiff zu bauen. Nach einer plausiblen Erklärung dafür hatte er irgendwie nie gesucht, im Gegenteil, schon lange hegte er ein gutes Gefühl, eines Tages einen solchen Windjammer im Hafen zu entdecken, um dieses Schiff nach seinen Vorstellungen zurecht zu machen.

      In den zwei Tagen besuchte Don sämtliche Yachthäfen in und um Sydney. Er sah viele schöne Yachten, aber keine war dabei, die annähernd seinen Vorstellungen entsprach. Ein befreundeter Makler empfahl ihm zum Schluss nach Tasmanien oder Neuseeland zu fliegen. Wenn überhaupt ein solches Schiff gebaut würde, dann dort. Sichtlich enttäuscht auch diesmal nichts Passendes gefunden zu haben, ging er zur Rezeption seines Hotels. Dort erkundigte er sich bei Istvan, ob heute eine Maschine nach Wellington oder Auckland fliegen würde.

      „Was führt dich nach Neuseeland, Kapitän?“, fragte Istvan. „Vielleicht kann ich dir weiter helfen. Ich kenne mich dort bestens aus.“

      „Istvan, mein Freund, ich suche eine Holzyacht von besonderer Güte.“

      „Ich kenne eine Holzyacht von besonderer Güte, mein Freund, auf der ich sechs lange Monate als Koch angeheuert hatte. Die ist aber sehr groß, die kann ich dir nicht empfehlen.“

      „Wie groß ist die Yacht, Istvan?“

      „An Deck misst sie gute vierundzwanzig Meter, dazu der Klüverbaum von mindestens drei Meter. Das war das einzige Schiff mit einer von mir entworfenen Kombüse im Deckhaus.“

      „Was du nicht sagst, Istvan, ein Deckhaus hat sie auch. Und wie groß ist das Deckhaus?“

      „Drei Meter länger als ursprünglich geplant, fast neun Meter insgesamt und knapp fünf Meter breit. Die Kombüse ist vergrößert worden, weil ich unter Deck nur kotzen, aber nicht kochen kann, Kapitän. Eine sehr schöne Küche wie sie sich ein ungarischer Koch auf einem Schiff nur träumen kann.“

      „Ich bin ganz Ohr, erzähl weiter. Wer hat die Yacht gebaut?“

      „Die Mahuana wurde von dem Wilden Jerry und der Heißen Susi gebaut. Jerry ist ein waschechter Neuseeländer, aber die Susi stammt aus Essex. Jerry rodete ganze Wälder ab, um mit den Japanern Bombengeschäfte abzuwickeln. Susi war mehr sein Maskottchen mit Vorliebe zu Kasinos. Beide sind in jedem Kasino an der Ostküste wie bunte Hunde bekannt. Mich wundert’s das du sie nicht kennst?“

      „Istvan ich treibe mich nie in Kasinos herum das weißt du doch. Erzähl mir lieber was so Besonderes an dieser Yacht ist?“

      „Alles an diesem Schiff ist etwas Besonderes, mein Freund. Du kannst dir vorstellen, was dabei heraus kommt, wenn ein Holzgroßhändler in den besten Jahren, der eine junge heiße Susi ehelicht, nur das Beste an Material und Ausstattung verarbeitet, was man für teures Geld finden kann. Jerry heuerte direkt aus Lissabon einen Portugiesen als Baumeister an. Sämtliche Bronzebeschläge samt Glocke sind hier in Sydney gegossen worden. Es dauerte fast zwei Jahre, bis das Schiff fertig war, aber nur sechs Monate, um den restlichen Zaster in den Kasinos zu verzocken. Die Susi sicherte sich ihren Anteil aus dem Geschäft auf einem Sonderkonto bei der Bank und brannte mit dem Bankmanager nach England durch. Die Japaner wechselten nach Eden in Australien, wo sie jetzt nur noch gehacktes Holz auf Riesenschiffe verladen. Bei Jerry mussten sie ganze Baumstämme befördern, um sie in Japan zu Papier zu verarbeiten. Die Umweltschützer in Neuseeland machten Jerry zur Obersau. Die Yacht ist alles was ihm noch verblieben war.“

      „Wie lange ist das her, Istvan? Möglicherweise ist die Yacht schon verkauft.“

      „Die Geschichte ist drei Jahre her, aber die Yacht ist noch immer in Wellington. Ich habe mit Jerry vor ein paar Wochen gesprochen.“

      „Dann rufe ihn gleich an, ich möchte die Yacht besichtigen.“

      „Du bist ja nicht bei Trost! Was willst du mit so einer Riesenyacht?“

      „Ruf schon an, Istvan, du bekommst fünf Prozent Kommission, wenn ich die Yacht kaufe.“

      Istvan musterte Don, als wenn er einen Verrückten vor sich hatte. So viel Geld für eine Holzyacht! Für die Kommission alleine konnte man ein schmuckes Häuschen kaufen.

      „Na gut, wie du meinst, ich rufe ihn an.“

      --.--

      Don ließ nie etwas anbrennen, wenn ihn etwas sehr interessierte. Schon am nächsten Tag kurz vor Mittag landete er mit nur fünfzehn Minuten Verspätung auf dem Flughafen von Wellington. Mit einer kleinen Reisetasche in der Hand, gepackt mit dem Allernötigsten, marschierte er glatt durch den Zoll. Die Ankunftshalle war voll von wartenden Menschen, jedoch gab es niemanden der auf ihn wartete. Don durchquerte den Warteraum und suchte gleich am Ausgang nach einem Taxi. Er ließ sich von Istvan eine Suite im Hilton reservieren und war für drei Uhr Nachmittags in der Bar mit dem Wilden Jerry verabredet.

      Der Concierge an der Rezeption im Hilton, ein Mann so um die fünfzig, von Statur her eine recht kleine, kugelrunde Person mit breiten Schultern und muskulösen kurzen Armen, empfing Don mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Er legte gleich den Telefonhörer auf die Gabel, als er ihn sah.

      „Kapitän Don! Es freut mich Sie empfangen zu dürfen. Unser gemeinsamer Freund Istvan wollte sich gerade vergewissern, ob sie gut untergebracht sind.“

      „Sie sind also der berühmte Nacho, aus Portugal. Istvan erzählte mir, dass Sie beide an einem Restaurant beteiligt waren. Freut mich ebenfalls einen portugiesischen Kochmeister kennen zu lernen. Was machen Sie an der Rezeption?“, erkundigte sich Don, als ob er seine Geschichte von Istvan nicht schon längst kannte.

      „Als Koch muss ich am Herd schwitzen, mich ärgern und vom ungehobelten Fisch & Chips-Essern beschimpfen lassen. Als Concierge bekomme ich ein gutes Gehalt, Trinkgelder für besondere Dienstleistungen mancher geilen Gäste, schiebe den ganzen Tag eine ruhige Kugel und spare mir das Geld für ein Restaurant in Lissabon“, antwortete Nacho belustigt.

      „Sie wissen, weshalb ich hier bin, darüber hat Sie Istvan informiert, nehme ich an. Sie kennen auch das Schiff und Ihren Landsmann, der es gebaut hat. Gibt es irgendetwas, das ich wissen sollte?“

      „Der Schiffsbauer Ramon ist mein entferntester Cousin. Er ist einer der Besten im traditionellen Holzschiffsbau in Portugal. Ich habe Istvan überredet mit Jerry zu sprechen, und wir haben den Jerry nicht enttäuscht. Was Ramon gebaut hat, kann sich sehen lassen, zumal er mit keinen finanziellen Einschränkungen rechnen musste. Ramon lebte die ganze Zeit bei mir im Haus und arbeitete endlose Nächte an den Entwürfen und Berechnungen. Er hat an der Naval-Universität in Lissabon Altschiffsbau studiert. Von Hause aus ist er Schiffsbauer in der vierten Generation.

      Die Mahuana ist sein ganzer Stolz, weil in Neuseeland kein Schiff jemals so solide und prachtvoll gebaut wurde. Jerry verdiente damals Millionen und sparte bei dieser Yacht an keinem Detail. Ich mag Jerry sehr, obwohl er in gewisser Weise ein Dummkopf ist. Diese Susi hat ihn ruiniert und nach Strich und Faden betrogen. Jammerschade für Jerry und die Yacht. Er kann sie kaum noch halten.“

      „Haben Sie eine Ahnung, was er für die Yacht haben möchte?“

      „Nun, da ist dieser Makler Bobby, den Jerry angeheuert hat. Ein Phantast und Dummschwätzer, wenn Ihnen das weiter hilft. Ich weiß von Ramon, dass die Yacht über eine Million Dollar gekostet hat. Bobby meint, Jerry kann viel mehr verlangen. Dummes Geschwätz! Wer kauft heute noch eine Holzyacht, auch dann wenn sie so wunderschön ist?“ Nacho wischte sich den Schweiß von der Stirn und sprach weiter. „Dem Bobby geht es um die Kommission, aber die Kirche sollte man doch im Dorf lassen.“

      „Das meine ich auch, Nacho“, antwortete Don, stellte seine Reisetasche auf die Theke und kramte darin. Er fand, was er suchte und setzte es auf die Theke.

      „Nacho, das