Gernot Gottwals

Im Eifer deines Dieners


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seien, die mit den Tatumständen nichts Näheres zu tun haben. Dann erkundigte sie sich, der Anweisung ihres Chefs folgend, nach dem Porträtmaler Klaus Teschke.

      „Frau Miersch, Sie haben doch sicher eine Adresse von Herrn Teschke, mit der Sie mir weiterhelfen könnten“, bat sie die Sekretärin.

      Klara Miersch suchte die Adresse heraus. „Sie können Herrn Teschke aber auch hier im Museum befragen“, schlug sie vor. „Er ist nämlich gerade gekommen, um seine Sachen abzuholen, die er hier untergestellt hat. Aber nicht so lange, denn es geht ihm wirklich nicht gut.“

      Die Kommissarin fand den Maler im Abstellraum, wo er gerade mit einer Staffelei hantierte. „Guten Tag, Herr Teschke, mein Name ist Christiane Bechstein von der K 11. Ich müsste Sie noch mal fragen, wo Sie gestern Abend waren, etwa zwischen 20 Uhr und 21 Uhr.“ Erschrocken fuhr der Maler herum, griff nach einem Taschentuch.

      „Entschuldijung, es jeht mir nich so jut. Aber warum fragen sie denn?“

      „Das ist reine Routine. Wir fragen jeden, der sich in den letzten Tagen regelmäßig in oder vor dem Museum aufgehalten hat. Und Sie haben ja vor dem Museum gemalt und Bilder verkauft.“

      „Verstehe schon. Gestern um diese Zeit war ick nich hier. Dat können Sie jederzeit überprüfen. Ick bin leider krank jeworden. Vielleicht ‘ne Wintergrippe oder wat mit dem Kreislauf. Meine Frau musste mich hier vertreten.“

      Fast unbemerkt war Friedrich hinzugekommen und klopfte dem Porträtmaler auf die Schulter. „Keine Sorge, Herr Teschke, das wird schon wieder. Kurieren Sie sich erst mal richtig aus.“ Friedrich blickte zur Kommissarin: „Ich kann übrigens auch bezeugen, dass Herr Teschke gestern zuhause war. Ich hab nämlich noch dort vorbeigeschaut und nach ihm gefragt. “Dann wandte er sich wieder dem Porträtmaler zu: „Doch Sie haben im Nebenraum auf der Couch gelegen und waren bereits fest eingeschlafen. Übrigens, steht Ihnen gut, dass Sie sich heute mal rasiert haben.“

      „Ja, stimmt, meine Frau hat mir det von Ihrem Besuch heute früh noch kurz erzählt, eh sie wegmusste“, versicherte Teschke. „Übrigens, danke für det Kompliment. Ick wollt meiner Berta mal ‘ne Freude mit glatten un weichen Bäckchen machen.“ Teschke schmunzelte kurz, dann widmete er sich wieder seinen Räumereien.

      „In Ordnung. Sagen Sie bitte, Herr Friedrich, wie gut kennen Sie eigentlich Gregoriew?“

      „Hm, eigentlich kenne ich ihn nicht wirklich näher. Sie haben ja sicher schon gemerkt, dass er sehr verschlossen ist. Aber wir konnten ganz gut miteinander, bis dieser unsägliche Streit mit Klotzhofer um unsere Barbara-Ikone begonnen hat.“

      „Erwähnte er mal ein Mädchen oder genauer gesagt eine russische Studentin, um die er sich kümmern muss, weil sie in Gefahr ist?“

      „Nee, aber über so was haben wir auch nicht gesprochen. Aber was hat das mit dem Mord von gestern Abend zu tun?“

      „Gregoriew behauptet, er habe zur Tatzeit das besagte Mädchen in einer Bar getroffen und könne deshalb gar nicht beim Museum gewesen sein. Aber aus ihm ist kein Ton rauszukriegen, weil er die Identität des Mädchens schützen will. Das kann natürlich alles nur vorgeschoben sein. Aber, mein Gott, irgendein Gefühl sagt mir, dass da jemand ist, der ganz dringend unsere Hilfe braucht.“

      „Nun, irgend so ein seltsames Helfersyndrom mag dieser Priester wohl haben. Aber, wie gesagt, er ist einfach zu verbohrt. Und wenn er nichts sagen will, dann ist kaum etwas zu machen.“

      „Na, vielen Dank jedenfalls.“

      Christiane Bechstein setzte ihre Untersuchungen in den Ausstellungsräumen fort. Dort musste sich auch die Heilige Barbara einer ersten genaueren Begutachtung stellen. Dann ließ sich die Kommissarin einige Vitrinen aufschließen und erklären, wie die Ausstellung aus Russland nach Frankfurt gekommen war und warum sich Gregoriew so gegen die Ikonen aus russischen Kirchen und Klöstern ereiferte. Friedrich hielt sich erwartungsgemäß mit seinen Erklärungen zurück, verwies auf seinen getöteten Chef, der die nötigen Kontakte selbst geknüpft hatte. Schließlich rang sich der Stellvertreter, der nun die Entscheidungen zu treffen hatte, im Einvernehmen mit den Beamten zu dem schweren Schritt durch, das Museum für zwei Tage für den Besucherverkehr zu schließen. Anders würden weitere Untersuchungen und Befragungen im Museum nicht möglich sein.

      Dann ließ die Kommissarin noch einmal nach der Sekretärin rufen.

      „Frau Miersch, ich muss Sie noch mal um Hilfe bitten. Morgen werden die Kollegen der Computerforensik sämtliche Rechner des Museums genau überprüfen. Aber mit etwas Glück könnte ich auch jetzt schon etwas herausfinden. Wie komme ich an den Computer von Herrn Klotzhofer? Gibt es irgendein bestimmtes Passwort?“

      „Hier hat jeder seine firmeninternen Daten, um sich anzumelden.

      Aber die sind im Grundprinzip bei jedem gleich aufgebaut“, erklärte die Sekretärin. „Über private Zugangsdaten weiß ich freilich nichts.“ Die Kommissarin forderte die Sekretärin auf, den Rechner zu starten und hochzufahren. Das Nutzerprofil gab Frau Miersch mit der üblichen umgedrehten Kombination aus den ersten vier Buchstaben des Nachnamens und den ersten zwei Buchstaben des Vornamens ein. Also „BrockWe.“ In den folgenden zwei Sekunden galt es, die erste Hürde zu nehmen, um in die Computerwelt des Herrn Direktors einzudringen.

      „Das hätten wir schon mal geschafft“, atmete die Sekretärin auf, als der Cursor in das nächste Feld vorsprang. Doch nun wurde es erst richtig spannend. Konnte die Sekretärin eines der museumsüblichen Passwörter eingeben? Nach zwei gescheiterten Anläufen, die beide mit „Sakral“ oder „Kurator“ begannen und von einer Zahlenkombination gefolgt wurden, blickte sie nachdenklich zur Kommissarin auf.

      „Nun haben wir nur noch einen Versuch offen. Sonst werden wir erst einmal aus dem System rausgeschmissen“, gab Frau Miersch zu bedenken. „Vermutlich hat sich der Direktor ein eigenes Phantasiepasswort ausgedacht.“

      „Und jetzt? Vielleicht hatte der Direktor eine besondere Vorliebe für bestimmte Exponate, die Sie als Passwort versuchen könnten“, schlug Christiane Bechstein vor.

      „Versuchen wir es doch einfach mit dem Liebling des Direktors. Ich meine natürlich mit unserem Eyecatcher aus Sibirien. Und dann nehmen wir noch die 1953 dazu, das ist Klotzhofers Geburtsjahr. Sonst konnte der sich nämlich keine Zahlen merken.“

      Flink tippte die Sekretärin den Namen ein, ihre Finger schienen gerade so über die Tastatur zu fliegen. Hastig folgte die Kommissarin ihren Blicken: Einmal ein großes „P“, zwei- oder dreimal ein „a“ und ein- oder zweimal ein „r“, das glaubte sie genau erkennen zu können. Die restlichen Buchstaben gingen etwas zu schnell. Aber warum „Barbara“? Die Kommissarin besann sich: Vergangene Nacht hatte sie wenig geschlafen und konnte den routinierten Tastenfolgen einer erfahrenen Sekretärin nicht wirklich mit Erfolg hinterherblicken. Außerdem war nichts in diesem Moment wichtiger, als schnell in den Computer von Klotzhofer vorzudringen und die letzten Programme und Mails zu checken.

      „Bingo!“ Die Sekretärin konnte sich einen kleinen Triumph nicht verkneifen. „Wir sind drin.“

      Langsam baute sich der Bildschirm von Klotzhofers Computer auf.

      Zu dumm aber auch, dass sich die Balken all der Updates immer gerade dann auf dem Monitor breitmachten, wenn es schnell gehen musste. Gemeinsam starteten Miersch und Bechstein das E-Mail-Programm, überprüften Ein- und Ausgang. Doch da war nichts Auffälliges zu entdecken.

      „Sollten wir nicht noch wenigstens den Papierkorb überprüfen?“, drängte die Kommissarin.

      „Das bringt eigentlich nichts, weil Klotzhofer den immer regelmäßig ausleert. Obwohl ...“ Die Sekretärin zögerte einen Moment. „Der wurde gestern so oft von Anrufern bedrängt und musste dann so plötzlich zur Vernissage, da könnten wir ausnahmsweise Glück haben.“

      Klara Miersch klickte den Papierkorb an. Und siehe da – erneut ein Volltreffer! Mindestens 20, wenn nicht 30 ungelesene Mails prangten in der Liste. Die meisten davon waren natürlich Spams. „Die müsste man später noch mal in Ruhe aussortieren: Die Guten bleiben im Töpfchen, die Schlechten kommen