für mich bei Clackmannan Pool bereitstehen. Danach legten wir uns, bedeckt von dem Segel, schlafen, während das Boot an seinem Anker ruhte. Den nächsten Tag waren wir lange vor zwei Uhr an Ort und Stelle, und es blieb uns nichts übrig, als ruhig zu warten. Ich spürte keine große Lust zu meinem Vorhaben. Jeden einleuchtenden Vorwand, es fallen zu lassen, hätte ich mit Freuden begrüßt; da sich aber keiner fand, war meine Ungeduld so groß, als ginge es zu einem ersehnten Vergnügen. Kurz nach eins wurde das Pferd an das Ufer gebracht, und ich konnte sehen, wie ein Mann es bis zu meiner Landung auf und ab führte, was meine Ungeduld noch gehörig steigerte. Andie berechnete den Augenblick meiner Freilassung mit Finesse; er zeigte sich als Mann von Wort, ohne jedoch seiner Kundschaft Maß zu häufen, und rund fünfzig Sekunden nach zwei saß ich im Sattel und jagte mit verhängten Zügeln auf Stirling zu. In weniger als einer Stunde hatte ich jene Stadt hinter mir und arbeitete mich bereits den Hang von Alan Water hinan, als das Wetter sich zu einem kleinen Orkan verdichtete. Der Regen blendete mich, und die hereinbrechende Nacht überraschte mich in einer Wildnis, immer noch einige Meilen östlich von Balwhidder, ohne daß ich die genaue Richtung wußte, während mein Gaul bereits zu ermatten begann. Um rascher vorwärts zu kommen und nicht durch einen Führer aufgehalten und belästigt zu werden, hatte ich (soweit das für einen Reiter möglich war) den Weg eingeschlagen, den ich früher mit Alan zurückgelegt hatte. Das tat ich, obwohl ich die große Gefahr, die damit verbunden war, klar voraussah; jetzt hatte das Unwetter sie herangerückt. Das Letzte, was ich von meiner Lage wußte, war, daß ich mich irgendwo in der Nähe von Uam Var befand; die Zeit muß etwa sechs Uhr abends gewesen sein. Trotzdem erachte ich es als ein großes Glück, daß ich ungefähr um elf Uhr nachts mein Ziel, das Haus von Duncan Dhu, erreichte. Wo ich inzwischen herumgeirrt bin, weiß wohl nur das Pferd. Wie ich mich erinnere, stürzten wir zweimal, wobei ich einmal kopfüber aus dem Sattel flog; und eine Sekunde lang wurden wir von einem brüllenden Gießbach mitgerissen. Roß und Reiter waren beide beschmutzt bis über die Ohren. Von Duncan erfuhr ich einiges über den Prozeß. Dieser wurde in jenem Teile des Hochlandes mit atemloser Spannung verfolgt; Nachrichten darüber verbreiteten sich von Inverary aus, so rasch Menschen nur reisen konnten, und zu meiner Freude hörte ich, er wäre heute, Samstag, zu vorgerückter Stunde noch nicht abgeschlossen gewesen; jeder glaubte, er würde sich bis Montag hinziehen. Diese Neuigkeit spornte mich so an, daß ich weder rasten noch essen wollte; da aber Duncan sich bereit erklärte, mein Führer zu sein, legte ich den Rest des Weges zu Fuß zurück, den Bissen Nahrung in der Hand, und kaute im Gehen weiter. Duncan hatte für unterwegs eine Flasche Usquebaugh sowie eine Handlaterne mitgenommen, die uns leuchtete, solange wir Häuser fanden, wo wir sie füllen konnten, denn das Ding leckte ganz ungebührlich und erlosch bei jedem Windstoß. Den größeren Teil der Nacht jedoch wanderten wir blind zwischen tönenden Mauern von Regen, und der Tag fand uns immer noch in den Bergen ohne Weg noch Ziel. Aber ganz in der Nähe stießen wir neben einem Quellenhang auf eine Hütte, wo wir ein wenig Nahrung und eine Beschreibung des Weges erhielten, und kurz vor Beendigung der Predigt standen wir vor der Tür der Kirche von Inverary. Der Regen hatte zwar die obere Hälfte meines Habits so ziemlich gewaschen, aber bis zu den Knien war ich eine einzige Kotmasse; ich triefte vor Nässe und war so müde, daß ich mich kaum schleppen konnte, und mein Gesicht glich dem eines Gespenstes. Zweifellos waren ein Kleiderwechsel und ein Bett mir nötiger als alle Wohltaten der Christenheit. Trotzdem stieß ich (in der Überzeugung, nichts sei so wichtig wie sofortige Publizität) die Tür auf und betrat, den nicht minder schmutzigen Duncan auf den Fersen, die Kirche, wo ich mich auf einen leeren Platz in der Nähe niederließ. »Dreizehntens und in Parenthese, meine Brüder, ist aber auch das Gesetz selbst als ein Mittel der Gnade anzusehen«, verkündete der Pastor mit der Stimme eines Menschen, der voller Genuß ein Argument verfolgt. Die Predigt wurde dank den Assisen englisch gehalten. Die Richter nahmen samt ihrem bewaffneten Gefolge daran teil; in der Ecke neben der Tür funkelten die Hellebarden, und auf den Bänken drängte sich eine ungewohnte Schar von Juristen. Der Text war den Römerbriefen entnommen, der Prediger ein geschickter Redner, und die gesamte, illustre Zuhörerschaft in jener Kirche – angefangen bei Argyle selbst und den Lords Elchies und Kilkerran bis zu den Hellebardisten ihres Gefolges – saß mit gerunzelter Stirn, in gespannte kritische Aufmerksamkeit versunken. Der Prediger selbst sowie ein kleiner Teil der Leute in der Nähe des Einganges hatten unseren Eintritt bemerkt und dann gleich wieder vergessen; die anderen konnten oder wollten ihn nicht hören, und so saß ich unbeachtet zwischen Freund und Feind. Den ersten, den ich erkannte, war Prestongrange. Er saß vornüber gebeugt, wie ein hitziger Reiter im Sattel; seine Lippen bewegten sich mit Behagen, seine Augen waren fest auf den Prediger geheftet; was dort gelehrt wurde, war sichtlich nach seinem Herzen. Charles Stuart dagegen war halb eingeschlafen und sah bleich und sorgenvoll aus. Und was Simon Fraser betrifft, so erschien er inmitten dieser aufmerksamen Gemeinde fast als ein Schandfleck oder Skandal; er vergrub die Hände in den Taschen, rutschte auf seinem Sitz umher, räusperte sich, zog die kahlen Brauen hoch und blickte, jetzt gähnend, dann wieder verstohlen lächelnd, nach rechts und nach links. Mitunter nahm er auch die Bibel, die vor ihm lag, blätterte darin, schien ein Stückchen zu lesen, blätterte weiter und hielt inne, um unverhohlen zu gähnen: das Ganze, wie um sich wach zu halten. Dank dieser Ruhelosigkeit fiel sein Blick auf mich. Eine Sekunde lang saß er da, wie erstarrt, dann riß er eine halbe Seite aus der Bibel, kritzelte etwas mit Bleistift darauf und reichte sie flüsternd seinem nächsten Nachbarn. Der Zettel gelangte schließlich in Prestongranges Hände, der einen einzigen Blick darauf warf; von dort wanderte er zu Mr. Erskine weiter,von ihm zu Argyle, der zwischen zwei Richtern saß, und Seine Gnaden drehten sich um und starrten mich hochmütig an. Der Letzte der Parteien, meine Gegenwart zu bemerken, war Charlie Stuart, und auch er begann Notizen zu schreiben und zirkulieren zu lassen, deren Weg durch die Menge ich jedoch nicht zu verfolgen vermochte. Doch das Kreisen dieser Zettel hatte Aufsehen erregt; alle Eingeweihten (und solche, die sich dafür hielten) gaben flüsternd Informationen weiter – die anderen Fragen – und der Pastor selbst schien durch die Bewegung in der Kirche, die plötzliche Unruhe und das Flüstern völlig aus dem Konzept gebracht. Seine Stimme änderte sich, er stockte offenbar und gewann auch nicht einen Augenblick seine Beweiskraft und seinen sonoren Vortrag wieder. Bis an sein Lebensende wird es ihm wohl ein Rätsel geblieben sein, weshalb eine Predigt, deren erste vier Teile er mit Triumph abwickelte, im fünften Abschnitt elend scheiterte. Was mich anbelangt, so blieb ich auch fernerhin auf meinem Platze sitzen, sehr naß und müde und ziemlich besorgt, was sich wohl als nächstes ereignen würde, aber immerhin über meinen Erfolg frohlockend.
Siebzehntes Kapitel Die Denkschrift
Die letzten Worte des Segens waren noch kaum gesprochen, da hatte mich Stuart schon am Arme gepackt. Wir waren die ersten, die Kirche zu verlassen, und er trieb mich so eilig vorwärts, daß wir wohlbehalten die vier Wände eines Hauses erreichten, bevor die Straße sich mit auf dem Heimwege befindlichen Kirchgängern anfüllte. »Komme ich noch zur Zeit?« fragte ich. »Ja und nein«, sagte er. »Der Prozeß ist beendet; die Jury hat sich zurückgezogen und wird die Güte haben, uns morgen früh ihr Urteil wissen zu lassen, das ich Euch schon vor drei Tagen, ehe die Komödie begann, hätte sagen können. Es war von Anfang an bekannt. Der Angeklagte kannte es. »Ihr könnt für mich tun, was Ihr wollt,« flüsterte er mir vor zwei Tagen zu, »ich weiß, was mir bevorsteht; ich habe gehört, was der Herzog von Argyle eben jetzt zu Mr. Macintosh sagte.« O, es war ein Skandal! Ja, selbst der Pedell schrie, ›Cruachan!‹«
»Der große Argyle schritt munter voran.
Da huben Kanonen zu brüllen an!«
»Aber nun ich Euch wiederhabe, geb ich die Sache nicht verloren. Die Eiche soll noch über die Myrthe triumphieren; wir werden die Campbells in ihrer eigenen Stadt besiegen. Mit Gottes Hilfe werde ich den Tag noch erleben!« Er zitterte vor Aufregung, schüttete seine Koffer auf dem Boden aus, damit ich die Kleider wechseln könnte, und belästigte mich dabei durch seine Hilfe. Was es aber noch zu tun gab, und wie ich es tun mußte, brachte ich nicht aus ihm heraus, ja, ich glaube, er widmete dem auch nicht einen Gedanken. »Wir werden die Campbells schon unterkriegen!« war sein ständiger Refrain. Und mir wurde plötzlich klar, daß diese Angelegenheit, die nach außen hin einem nüchternen Rechtsverfahren glich, im Kern nichts als ein barbarisch wilder Clanstreit war. Und mein Freund, der Anwalt, erschien mir als einer der wildesten Parteigänger. Wer von jenen, die ihn gesehen hatten, wenn er in einer gewöhnlichen Verhandlung hinter dem Gerichtsadvokaten