Christian Sternenfeuer

Das Magische Universum


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junge Frau der Kommandantin der

      Heiligen Kuh den Weg zum Büro des Agenten. Aurelia bedankte

      sich für die genaue Auskunft und wunderte sich, dass die Empfangsdame

      schon von ihrem Kommen unterrichtet schien.

      ›Nachrichten verbreiten sich hier rascher als ein Fiesling rammeln

      kann‹, dachte sie in spöttischer Anspielung auf deren kurzen

      Liebesakt. ›Dabei sind wir doch gerade erst im Hafen angekommen.

      Katzenhaft schritt sie in Richtung der angegebenen Tür, wobei

      die weichen Lederstiefel, versehen mit einer Sohle aus rutschfester

      Darqhaut, nicht das leiseste Geräusch verursachten. Lautlos

      öffnete sie die Tür und Aurelia fand sich in einem ungefähr dreißig

      Fuß langen Gang wieder, in dem zu beiden Seiten mehrere Türen zu

      sehen waren, aus denen teilweise die Geräusche einer Unterhaltung

      an ihr Ohr drangen. Eilig schritt sie daran vorbei, bis sie das Ende

      des Flurs erreichte, wo sich der mit einem feinen Stoff ausgelegte

      Aufgang zur ersten Etage befand. Wieder fiel ihr der protzig zur

      Schau gestellte Wohlstand auf, denn der Handlauf der Treppe bestand

      mit Sicherheit aus Messing und war mit hübschen und aufwendigen

      Verzierungen versehen. Für ein Hafenkontor eindeutig

      zu kostspielig, befand Aurelia und ging die Treppe hinauf. Oben

      verzweigte sich der Aufgang nach beiden Seiten und sie wählte den

      rechten, wie es ihr die junge Frau vom Empfang gesagt hatte. Und

      richtig, an der zweiten Tür zu ihrer Linken prangte ein großes silbernes

      Schild, das im kleinen Maßstab ebenfalls das Emblem des

      Tempels trug. Darauf stand in großen Goldbuchstaben ein Name

      geschrieben. Gehalten in den schwungvollen feinen Lettern der

      Universalsprache stand dort: Joliko Gnorx – Handelsagent.

      Einen Augenblick zögerte Aurelia, dann hob sie entschlossen

      die Hand und klopfte vernehmlich an.

      »Nur herein«, ließ sich eine hohe Fistelstimme vernehmen und

      wie von Geisterhand öffnete sich ohne ihr Zutun die schwere Holztür.

      Unbeeindruckt von dieser kleinen Demonstration magischer

      Kunst betrat Aurelia das Büro und erblickte einen grauhaarigen

      Mann, dessen Stimme so gar nicht zu seiner Erscheinung passte.

      Fast zwergenhaft klein, doch dafür mit einem riesigen Schädel ausgestattet,

      erhob er sich von seinem bequemen mit weichem Leder

      überzogenen Stuhl. Dabei stellte Aurelia fest, dass er ihr mit seiner

      Körperlänge gerade bis zum Brustansatz reichte. Lässig streckte er

      einen langen Arm aus und reichte ihr eine überraschend zartgliedrige

      Hand, mit der er kraftvoll ihre eigene umschloss.

      »Ihr seid also Kapitän Aurelia von Lethos? Ich hab schon viel

      von euch gehört, Mylady. Ihr genießt das Vertrauen der Tempelleitung,

      sonst ständet ihr jetzt nicht hier«, sagte er und ein angedeutetes

      Lächeln umspielte für einen kurzen Moment seinen

      Mund. Unverschämt offen musterte er die vor ihm stehende Frau

      mit einem scharfen prüfenden Blick aus seinen rauchgrauen Augen.

      Dabei vermied er jede Anspielung auf ihre Stellung als Ex-

      Gemahlin des Tempelobersten Fürst Ramoris.

      »Wir sehen uns heute zum ersten Mal, Kapitän Lethos. Daher

      möchte ich euch bitten, auch wenn ich an eurer Identität nicht den

      geringsten Zweifel hege, sich mit denn dafür vorgesehenen Papieren

      zu legitimieren. Die Angelegenheit ist zu bedeutsam als dass

      ich mir ein Versäumnis bei den Formalitäten erlauben kann. Ihr

      werdet sicher Verständnis für diese Maßnahme haben, Mylady!«

      Er entschärfte seine Aufforderung erneut mit dem Versuch eines

      freundlichen Lächelns, das jedoch nicht ganz gelang, denn seine

      Augen blieben trotz aller Höflichkeit kalt und misstrauisch. Aurelia

      verspürte einen Anflug von Eiseskälte und ihre Nackenhaare

      richteten sich auf. Dieser Mann, obwohl körperlich deformiert,

      war gefährlich. Er musste gefährlich sein, denn die Tempelsekte

      hätte niemals einen solch wichtigen Posten mit einem ungeeigneten

      Agenten besetzt. Daher würde er über Fähigkeiten und Qualitäten

      verfügen, die ihn für diese Aufgabe qualifizierten. Ihr schauderte,

      wenn sie daran dachte, um was für Eigenschaften es sich dabei

      handeln mochte, zu denen Verschlagenheit und Hinterlistigkeit

      ebenso gehörten wie absolute Loyalität zum Tempel.

      Sie hatte in den langen Jahren, in denen sie mit der Sekte zu

      tun hatte, feststellen müssen, dass ein Menschenleben wenig für

      sie zählte und dass Intrige, Verrat als auch Folter zu ihren üblichen

      Verhaltensweisen zählten. Dieses ständige auf der Hut sein

      müssen, das Gefühl zu haben, überall von Spionen und Verrätern

      umgeben zu sein, zehrte an den Nerven Aurelias.

      »Natürlich, Agent Gnorx, ich habe die erforderlichen Papiere

      bei mir.« Mit diesen Worten überreichte sie dem Agenten ihr Beglaubigungsschreiben,

      das von Fürst Ramoris selbst unterzeichnet

      war. Dazu noch ihr persönliches ID-Siegel, wodurch ihre Identität

      zweifelsfrei festgestellt werden konnte. Es war absolut sicher, weil

      ein starker Zauber im Siegel ihre Geiststruktur bewahrte, die in

      der Zentrale des Tempels auf magische Weise aufgezeichnet und

      im Siegel festgehalten wurde. Der dafür erforderliche Zauber war

      sehr aufwändig und teuer. Daher verwendete ihn die Sicherheitsabteilung

      des Tempels nur für absolut wichtige Personen und

      Geheimnisträger. Denn bei aller Vorsicht waren sie auch geizige

      Krämerseelen, die unnötige Ausgaben scheuten wie der Teufel das

      Weihwasser.

      Agent Gnorx überflog das Schreiben nur kurz und konzentrierte

      sich dabei auf vornehmlich auf Unterschrift und Siegel von Fürst

      Ramoris. Dann trat er hinter seinen voluminösen Schreibtisch, wo

      er das ID-Siegel über ein rubinrotes Juwel hielt, das er zuvor aus

      einer Lade des massiven Tisches geholt hatte.

      »Selten