Christian Sternenfeuer

Das Magische Universum


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verschwand der Ghurka mitsamt dem

      Kleiderbündel im angrenzenden Raum, um sich zu trocknen und

      umzuziehen.

      De’Soto frohlockte innerlich. Sollte sich der Kapitän geirrt haben,

      musste sich diese Entscheidung nachteilig in ihrer Akte auswirken.

      Damit würden sich seine Chancen, das Kommando über

      die Heilige Kuh zu erhalten, deutlich erhöhen.

      Zehn Minuten später erschien Ja’hir in den geliehenen Kleidern,

      die ihm trotz aller Mühe des Quartiermeisters, viel zu klein waren.

      Doch sie waren trocken und würden für den Augenblick ihren

      Zweck erfüllen, bis seine eigene Uniform gereinigt und frei von

      Feuchtigkeit war.

      Unterdessen hatte Aurelia aus der Kombüse einige Schüsseln

      mit Früchten und Obst kommen lassen und dazu eine Flasche

      Wein sowie Quirr auf den Tisch gestellt. Dabei handelte es sich um

      ein beliebtes Mischgetränk, das aus gegorener Büffelmufftimilch

      und abgestandenem Bier hergestellt wurde.

      »Nehmt Platz, Master Ja’hir. Bedient euch – ihr müsst doch

      ziemlich ausgehungert sein, wenn ihr schon mehrere Tagen hilflos

      im Meer getrieben seid.«

      Mit einladender Handbewegung forderte sie den Ghurka auf,

      sich an den großen Tisch zu setzen und bei den Speisen zuzulangen.

      Behutsam nahm der Riese Platz, wobei er das Ächzen

      des Stuhlbeins ignorierte, dem mit einmal ein so großes Gewicht

      zugemutet wurde. Hungrig griff Ja’hir in die Schale und nahm

      sich gleich mehrere Früchte, in die er gierig hineinbiss. Hastig verschlang

      er einige der wohlschmeckenden Kiri und wischte den herablaufenden

      Saft mit dem Hemdsärmel ab.

      »Entschuldigt mein Benehmen, Kapitän. Für gewöhnlich speise

      ich mit Besteck und weiß mich sehr wohl gesittet zu benehmen.

      Ich entstamme einer hochgestellten Familie und wurde entsprechend

      erzogen. Allerdings verspüre ich einen solch unbändigen

      Heißhunger, dass er mich meine guten Manieren vergessen lässt.«

      »Macht euch darüber keine Gedanken, Master Ja’hir. Ich habe

      vollstes Verständnis für dieses Verhalten und kenne durchaus

      schlimmere Tischsitten. Doch berichtet, was ist euch zugestoßen

      und wie seid ihr in diese Lage gekommen?«

      Gespannt warteten Aurelia und de’Soto auf den Bericht des

      Ghurka und in den Augen des ersten Offiziers glomm ein gefährliches

      Licht auf.

      »Nun, ich bin oder war, zumindest bis vor ein paar Tagen, persönlicher

      Adjutant von Kapitän Jom’hur el Prado. Er ist, nein war,

      ein naher Verwandter von mir, wie ihr an der Namensgleichheit

      sicherlich bereits bemerkt habt. Ich stand bereits seit einigen Jahren

      in seinen Diensten und erfüllte meine Pflicht mit Eifer und

      Hingabe, wie es sich für einen el Prado geziemt. Er kommandierte

      die Zweimastfregatte ›Stolz von Prado’. Dies ist der Familienname

      unseres Clans, müsst ihr wissen. Wir befanden uns auf dem Weg

      nach Riva weil mein Vetter, der Kapitän, hier einen heimischen

      Agenten treffen wollte, um eine wertvolle Fracht zu übergeben. Da

      Kapitän Jom’hur die Hauptroute unbedingt zu vermeiden dachte,

      kamen wir über eine der selten befahrenen Nebenstrecken unserem

      Ziel näher. Anschließend war geplant, nach Joy zu segeln, wo der

      Kapitän an den JIXX-Spielen teilnehmen wollte.

      In der Nähe des Sternenhaufens Glas’him, euch bekannt unter

      dem Namen Das Auge des Drachen, entdeckten wir eine Scilla. Wie

      ihr wohl wisst, Kapitän, sind sie selten im Sternenmeer anzutreffen.

      Sie stellen in der Regel eine große Gefahr für jedes Schiff dar,

      doch diese Scilla nicht, denn sie lag unmissverständlich im Sterben.

      Dies ließ sich eindeutig daran erkennen, dass ihre Lebensblase

      kaum noch vorhanden war. Deshalb entschloss sich unser tapfere

      Kapitän, die Scilla anzugreifen. Es gelang uns, sie zu töten. Doch,

      obwohl sie fast schon tot war, fügte sie uns in ihrem Todeskampf

      noch schweren Schaden zu.«

      Ja’hir zitterte kurz bei dieser Schilderung und wandte für einen

      Augenblick seinen Kopf zur Seite, um einen Schluck Wein zu sich

      zu nehmen. Dann nahm er das Wort wieder auf, um mit seinem

      Bericht fortzufahren, dem die beiden Zuhörer gebannt lauschten.

      »Es ist unter Sternenfahrern allgemein bekannt, dass ältere Scillamännchen

      in ihrem Zweitmagen oft Gegenstände aus Schiffsüberfällen

      aufnehmen. Gelegentlich sind wertvolle Schätze darunter.

      Daher hat es sich unser Kapitän nicht nehmen lassen, danach

      zu suchen. Und – Mylady, Mylord, er wurde fündig. Dieses alte

      Scillamännchen war geradezu vollgestopft mit allen möglichen

      Dingen. Teilweise zerstört oder beschädigt gab es trotzdem genug,

      dass sich lohnte, mitzunehmen. Es war eine wirklich fette Beute

      und hätte den Schaden, den die Scilla angerichtet hatte, mehr als

      wettgemacht. Doch wir wurden bereits verfolgt, denn eine Dreimastfregatte

      der Roten Korsaren hatte uns gesichtet und sich an

      unseren Kurs gehängt.«

      De’Soto merkte auf. Er wusste natürlich, das die Roten Korsaren

      oftmals im Auftrag des Tempels unterwegs waren, denn sie

      stellten den geheimen militärischen Arm des Ordens dar. Über

      dessen Aufgaben allerdings nur die wenigsten Personen des engsten

      Zirkels informiert waren. Handelte dieser Rote Korsar womöglich

      mit Order des Tempels oder war er auf eigene Rechnung

      unterwegs? Dieser Sache würde er auf Thetis genauer nachgehen.

      De’Soto wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bericht des

      Ghurka zu. »Wir erreichten schließlich knapp vor den Korsaren

      Riva, wo wir in diesem Gebiet die Planetenwasserung vollzogen.

      Normalerweise sollten wir näher bei Ladimara herunterkommen,

      doch reichte der Sternenstaub nur noch bis hierher oder es gab