Christian Sternenfeuer

Das Magische Universum


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ständig

      wechselndem Aussehen.

      Endlich umrundete das Boot eine winzige Insel, die kaum

      sechshundert Quadratfuß groß über und über von dichtem Grün

      bedeckt war. Als das Boot die stark bewaldete Spitze hinter sich

      ließ, bot sich dem Auge des Piratenkapitäns ein imposantes Bild.

      Eine mächtige Viermastfregatte lag mit gerefften Segeln vor Anker

      und dümpelte leicht im Takt der Wellen. Stolz ragten ihre Masten

      in die Höhe und ein goldfarbener Schriftzug am Bug des Rumpfes

      verkündete ihren ruhmvollen Namen: Sternenteufel.

      Der Mann im Ausguck hatte sie bereits erspäht. Heftig winkte

      er mit der Fahne das Signal: ›An Bord alles klar‹. Kurze Zeit später

      erreichte das Ruderboot das gut dreihundert Fuß lange Schiff und

      ging Backbord längsseits. Ein bärtiges Gesicht schaute über die

      Reling und rief:

      »Aye, Käpt’n . Der Erste wollte schon einen Trupp losschicken,

      um euch in der Stadt zu suchen. Hatte wohl Sorge, dass euch etwas

      zugestoßen sei, Sire.« »Lasst das Fallreep runter, Labida. Gebt

      Grimmbart Bescheid, dass ich wieder an Bord bin«, ordnete Stern

      an, wobei er geschickt die herabgelassene Strickleiter hochkletterte.

      Oben erwartete ihn bereits sein treuer Jirr Baa’thok, der als ständiger

      Schatten immer in seiner Nähe weilte.

      »Es tut gut, euch wieder zu sehen, Käpt’n, denn es beunruhigt

      mich, wenn ich nicht an eurer Seite bin. Diese Stadt riecht nach

      Unrat und nach Abschaum. Außerdem wimmelt sie von Halunken,

      Dieben und Mördern. Ihr solltet mich bei solchen Ausflügen

      besser mitnehmen.«

      »Mein treuer Jirr, das nächste Mal seid ihr dabei. Aber ein

      Ghurka fällt auf wie ein Rotrock unter Piraten. Ihr wisst doch –

      ich durfte kein Aufsehen erregen, daher musste ich euch auf dem

      Schiff lassen«, beruhigte Hieronymus Stern seinen Leibwächter.

      »Zudem bin ich durchaus in der Lage, auf mich aufzupassen. Außerdem

      waren doch Plattfuß und Blutige Hand bei mir, das reicht als

      Begleitung aus. Wie ihr seht, sind wir wohlbehalten zurück.«

      Jovial legte Stern dem Ghurka eine Hand auf die Schulter, wobei

      er sich ein wenig strecken musste. Er drückte sie leicht als Ausdruck

      der Anerkennung für seine geäußerte Sorge und Loyalität,

      dann schritt er mit ihm zusammen zur Kapitänsmesse.

      Der Ghurka überragte ihn um fast einen Kopf. Der raubtierähnliche

      Schädel mit seiner leicht hervorstehenden Schnauze, in der die

      dolchspitzen Zähne eher an ein Haifischgebiss erinnerten, wirkte

      furchterregend. Die große flache Nase fiel durch ihre weite Nüstern

      auf. Sie bebte beim Luft holen mit einem leichten Vibrieren,

      immer bestrebt, jeden Duftpartikel einzusaugen. Das Geruchsvermögen

      eines Ghurka war einfach phänomenal. Zwei stechend

      schwarze Augen blickten unter einer löwengleichen Mähne hervor

      und musterten Stern mit einem unverhohlen besorgten Blick.

      Die fahlgelbe Fellpracht ließ zwei handtellergroße Ohrmuscheln

      frei, die sich wie bei einer Katze, in ständiger Bewegung befanden.

      Ghurka besaßen ein sehr empfindliches Gehör, mit dem sie leiseste

      Geräusche wahrzunehmen vermochten. Sie waren von der Natur

      nahezu ideal ausgestattet worden und waren damit perfekte Jäger.

      Im Unterschied zu Menschen sowie anderen zweibeinigen Rassen

      verfügten die Ghurka über eine sechsfingerige Hand, die mehr an

      eine krallenbewehrte Pranke denken ließ als an ein feingliedriges

      Instrument zur Erschaffung handwerklicher Dinge. Dabei dienten

      die beiden äußeren Glieder als Daumen, was ihnen eine unerhörte

      Geschicklichkeit verschaffte.

      Stern wusste, dass er sich keinen besseren Leibwächter wünschen

      konnte als diesen gut ausgebildeten Ghurka. Nicht, dass er einen

      benötigte, doch er konnte die Dienste von Jirr Baa’thok nicht abweisen.

      Dieser hatte ihm Treue und Leibeigenschaft bis zu seinem

      Tod geschworen als er ihm vor einigen Jahren das Leben rettete.

      Eine Ablehnung hätte nach dem eigentümlichen Ehrenkodex der

      Ghurka Jirr’s Selbstmord zur Folge gehabt. Außerdem sah er es als

      Vorteil, einen guten Kontakt zu den Ghurka zu haben, denn dieses

      Volk war stark und mächtig. Es hatte Kenntnis von vielen Dingen,

      die für einen Piraten von Nutzen sein konnten

      Es war nicht einfach für einen Ghurka, getrennt von seiner Rasse

      zu leben, doch hin und wieder bekam Jirr Baa’thok Gesellschaft

      von einem Angehörigen seines Volkes. Immer dann, wenn Shak el

      Ko’hor, genannt ›Der Löwe<, sich die Ehre gab, als Gast des Kapitäns

      an Bord zu sein, um ihn auf einige Fahrten als inoffizieller

      Vertreter seines Volkes zu begleiten, unterhielt Jirr sich ausgiebig

      mit dem erfahrenen el Ko’hor in der Sprache seines Volkes.

      In der Kapitänsmesse wartete ein leichter Imbiss auf Stern,

      denn sein Smutje Stinkefisch hatte vorausschauend mit seinem

      Erscheinen gerechnet und einige Kleinigkeiten bereitgestellt. Schalen

      mit Obst, Gemüse sowie eine hölzerne Platte mit herzhaftem

      Brot und feinster Büffelmufftibutter luden zum Speisen ein. Während

      sich Stern im angrenzenden Raum frisch machte und seinen

      alten Weggefährten, den Papagei Balthasar begrüßte, betrat sein

      erste Offizier und Stellvertreter die Messe. Adamir Grimmbart

      war ein stattlicher Mann um die Fünfzig. Er stammte, wie sein

      Kapitän, von der alten Erde. Sein kurzes Haar färbte sich bereits

      mit leichtem Grau, doch die braunen Augen blickten streng, aber

      klar aus seinem pockennarbigen Gesicht. Die hohe Stirn verriet

      einen scharfen Verstand während das kantige Kinn auf einen willensstarken

      Charakter schließen ließ. Sein Körper machte einen

      etwas grobknochigen Eindruck und die Bewegungen wirkten nicht

      unbedingt