Christian Sternenfeuer

Das Magische Universum


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gewaltig, denn der alte Haudegen konnte flink wie eine

      Pitakatze sein.

      Der Mann machte einen erfahrenen Eindruck, dabei strahlte er

      eine gewisse Ruhe und Gelassenheit aus, ideale Eigenschaften für

      einen Offizier des Sternenteufel. Auf dem, im Gegensatz zu fast

      allen anderen Piratenschiffen, eine Art lockere militärische Ordnung

      und Disziplin herrschte. Er trug keine Uniform, sondern

      die übliche Bekleidung der normalen Matrosen. Sein grobes blaues

      Leinenhemd steckte in einer derben grauen Stoffhose, die allerdings

      von einem reich verzierten, breiten schwarzen Gürtel gehalten

      wurde. Die Schwertscheide an der Seite war leer, nur ein langer

      Dolch steckte in einem ledernen Futteral, wie auch die halbhohen

      Stiefel aus dem gleichen Material waren, das er am liebsten trug.

      Eine breite grüne Schärpe aus feinem Stoff, verziert mit einem

      weißen Totenkopf, dessen rechte Augenhöhle durch eine Augenkappe

      verdeckt war, lief schräg von der rechten Schulter bis zur

      linken Hüfte. Sie verhalf dem erfahrenen Sternenfahrer zu jenem

      Hauch verruchter Piratenromantik, der bei Frauen gut ankam.

      »Wie ist es gelaufen, Jirr?«, erkundigte sich Grimmbart bei

      dem großen Ghurka und setzte sich lässig auf einen der stabilen

      Stuhlsessel, die um den großen Kapitänstisch standen. »Hat der

      Kapitän die Informationen erhalten, deretwegen er in die Stadt

      gegangen ist?«

      Jirr Baa’thok fletschte abweisend mit den Zähnen, denn er redete

      ungern und hielt sich lieber schweigsam im Hintergrund.

      »Was fragt ihr, Grimmbart. Der Käpt’n ist gerade an Bord gekommen

      und hat nichts erzählt. Bewahrt noch einen Augenblick

      Geduld, dann werdet ihr es von ihm selbst hören«, bemerkte er

      kurz und trocken mit seiner tiefen Stimme, die immer nach dem

      grollenden Knurren eines irdischen Löwen klang.

      Grimmbart langte zur Obstschale und nahm eine saftige Kirifrucht,

      die er genüsslich in den Mund schob. Bevor er dem mundfaulen

      Ghurka eine weitere Frage stellen konnte, öffnete sich die

      hintere Tür der Messe und der Kapitän erschien in der Öffnung.

      »Lasst es euch ruhig schmecken, Adamir. Ihr bekommt ja selten

      etwas Gesundes zwischen die Zähne. Da ist es nur recht, wenn ihr

      jede Gelegenheit nutzt, um etwas Vernünftiges zu euch zu nehmen.

      Vielleicht solltet ihr weniger von diesen verdammten Räucherstäbchen

      qualmen. Sie verpesten nicht nur die Luft, sondern

      machen auch die Lenden lahm.«

      Grimmbart musste lachen. Dabei gab er Zähne frei, die bereits

      ziemlich verfärbt waren. Eine Folge übermäßigen Genusses

      dieses Lasters, das immer weiter um sich griff. Stern setzte sich

      neben seinen Stellvertreter während der Ghurka es vorzog, stehen

      zu bleiben, wobei er mit wachen Augen Tür und Raum im Blick

      behielt.

      »Es hat geklappt, Grimmbart. Der Informant in dieser schmierigen

      Hafentaverne hatte nicht gelogen. Wie ihr wisst, erhielt ich

      die Nachricht von einem Agenten der Rotröcke aus Shan’hor, dem

      Sitz des hiesigen Statthalters des Tempels. Er bot mir für eine

      nicht unbeträchtliche Summe Informationen an, die uns Kurs und

      Ladung einer Galeone des Tempels verrät. Und – Grimmbart, sie

      hat wertvolle Fracht geladen, unter anderem auch mehrere Tonnen

      Bastillafelle.«

      Der Erste hob die Augenbrauen, wobei er anerkennend mit der

      Zunge schnalzte. »Bastillafelle, wie schön. Die sind einen Haufen

      Silberlinge wert, das wird der Mannschaft gefallen. Sie will mal

      wieder richtige Beute machen, nicht nur Fässer mit Bier und Wein

      schleppen, die sie nicht mal selber leeren dürfen. Oder, wie beim

      vorletzten Beutezug, nur Kisten mit Spektrakel als Ladung.«

      »Die Felle und der Rest der Ladung sind nur Tarnung, Grimmbart.

      Nein, diese Galeone ist ein besonderes Schiff. Wie ich hörte,

      segelt dieser Kapitän des Öfteren im Auftrag der Tempeloberen.

      Er bringt außerordentlich wertvolle Fracht in ein geheimes Depot

      dieses scheinheiligen Ordens. Ich glaube, wir sind auf eine heiße

      Spur gestoßen. Wenn wir sie zu deuten verstehen, führt sie uns zu

      den Reichtümern des Tempels.«

      Grimmbart bekam große Augen.

      »Meint ihr wirklich, Käpt’n? Ihr sucht bereits lange nach den

      Schatzkammern des Tempels. Doch bisher gab es nur Gerüchte

      und wir sind stets irgendwelchen Phantomen nachgejagt. Sollte es

      diesmal anders sein?«

      Leiser Zweifel mischte sich in seine Stimme.

      »Mit Sicherheit, Adamir, mit Sicherheit. Denn bei dieser Fracht

      gibt es noch etwas Besonderes, auf den Rest der Ladung könnten

      wir getrost verzichten. Das Schiff soll mehrere magische Artefakte

      nach Thetis bringen, so ist mir glaubhaft versichert worden. Und

      eines dieser Artefakte ist ein echtes Sehendes Auge. So etwas vertraut

      man keinem normalen Kapitän an, niemals.« Grimmbart holte

      tief Luft.

      »Kaum zu glauben, Käpt’n. Ich habe noch nie eines zu Gesicht

      bekommen und halte seine Existenz fast für ein Märchen. Vermutlich

      handelt es sich auch nur um eine gewöhnliche Kristallkugel,

      wie sie Wahrsager und Seher auf den Jahrmärkten benutzen.«

      Hieronymus Stern schüttelte den Kopf. »Nein, nein, Adamir, es

      gibt sie wirklich. Vor langer Zeit ist mir eins in die Hände gefallen.

      Doch leider kam es mir abhanden und ich weiß bis heute nicht,

      wer es mir gestohlen hat. Allein wegen dieser Artefakte lohnt es,

      die Galeone zu kapern. Sie segelt ohne jeden Geleitschutz und

      dabei verlässt sie sich nur auf ihre Tarnung und gute Bewaffnung.

      Wir sollten uns einen gerissenen Plan ausdenken, wie wir sie ohne

      große Verluste entern können. Vor allem müssen wir verhindern,

      dass sie