Hazel McNellis

Gefangene der Welten


Скачать книгу

sie den Grund für ihre Entführung erfuhr. Verstehend nickte Richard. Dann grinste er und fragte: „Ist dir ihre Attraktivität aufgefallen?“

      „Rich, meinst du, ich bin blind?“

      „Wer weiß, mein Freund. Wer weiß.“ Eine Augenbraue hob sich. „Du schienst in letzter Zeit ziemlich beschäftigt zu sein mit der Suche.“ Plötzlich vertiefte sich Richards Grinsen. „Zu schade, dass sie die Auserwählte ist und dein Gefallen findet. Ich hätte nur allzu gern herausgefunden, ob sie auch anderweitig leidenschaftlich ist…“ Seine blauen Augen hefteten sich interessiert auf Sydneys Gestalt, als ihn ein Stein an der Schulter traf. Amüsiert blickte er seinen Freund an.

      „Ach, das ist in Ordnung, mein Freund. Du hast vor mir nichts zu befürchten. Ich weiß, dass dieser Schatz dir gehört.“ Er blinzelte verschwörerisch und Damian lachte leise, während er seinen Kopf schüttelte.

      „Das weiß ich durchaus, Rich. Ich wollte nur sichergehen, dass du das auch weißt.“ Das amüsierte Funkeln in seinen Augen verblieb noch etwas, als er seinen Blick wieder auf seine Braut richtete.

      Als Sydney sich am Nachmittag im See wusch, hatte er an einem der Bäume gelehnt und gab vor, Wache zu halten. Zuvor hatte sie sich vehement geweigert, ihre Kleidung abzulegen, und wusch daher nur das Nötigste.

      Richard war derweil zu ihrem Lager gegangen, um etwas zu essen, während Damian sich bei ihm damit entschuldigte, die Auserwählte bewachen zu müssen, damit sie keine Dummheiten machte. Dabei war es ihm einerlei, was sein Freund von ihm denken mochte. Fakt war, dass seine Zukünftige ihn körperlich anzog.

      Ihre grünen Augen, gepaart mit dem dichten Haar, das im Sonnenlicht kupfern schimmerte, ließen ihn an eine ungezähmte Wildkatze denken und der Anblick ihrer schlanken Waden ließ ihn schlucken. Er hatte einen Punkt erreicht, an dem er sich danach verzehrte, sie auf eine andere, tiefergehende, Weise als bisher berühren zu dürfen. Etwas in seinem Innersten verlangte danach, sie zu küssen und in seinen Armen zu halten. Dass die Auserwählte derart attraktiv war, machte es ihm nicht leichter.

      Er wusste, Lan’tash vertraute ihm.

      Er wusste, er sollte, durfte, sie nicht anrühren, ehe Lan’tash ihr alles erklärt hatte.

      Doch nie und nimmer hätte er damit gerechnet, dass sich dies als derart schwieriges Unterfangen herausstellen würde.

      Als der nächste Morgen anbrach, fühlte sich Sydney erschöpfter als am Abend zuvor. Das Nächtigen auf dem harten Waldboden gefiel ihrem Körper nicht besonders. Jeder Muskel schmerzte. Damian und Richard waren längst wieder auf den Beinen, hielten ihre Köpfe beisammen und flüsterten miteinander, als sie erwachte und die Augen aufschlug. Richards Augenbrauen waren konzentriert zusammengezogen, während Damian eindringlich zu ihm sprach. Kurz fragte sie sich, worüber es in ihrer Unterhaltung wohl gehen mochte, doch sie schwieg. Man würde ihr ja doch nichts anvertrauen. So setzte sie sich langsam auf und begann mit den Schultern zu kreisen. Sie bereute dies jedoch sofort, als ein stechender Schmerz durch ihre Schulter zog, der sie einen Schmerzenslaut ausstoßen und reflexartig nach dem Gelenk greifen ließ. Ihre Schulter war vollkommen steif und verkrampft. Sie hatte die Nacht seitlich liegend verbracht. Offenbar hatte dies ihrer Schulter gar nicht gefallen.

      Beim Klang ihres zischend entweichenden Atems wandten sich die Köpfe der beiden Männer ihr zu. Damians dunkle Augen blickten besorgt von ihrem Gesicht zu ihrer Schulter, die sie mit einer Hand umfasst hielt, als könne sie so den Schmerz lindern. Sie hielt ihre Augen vor Schmerz geschlossen und ihre Lippen fest zusammengepresst. Damian kam auf sie zu.

      „Was ist los?“

      Der herrische Tonfall seiner tiefen, volltönenden Stimme drang an ihr Ohr. Noch ehe sie ihm antworten konnte, war er bereits an ihrer Seite und griff nach ihr.

      „Es ist nur die Schulter. Vermutlich hab ich falsch gelegen letzte Nacht…“

      Damians Blick huschte besorgt über ihr Gesicht, nahm die Rötung ihrer Wangen wahr und die feucht schimmernden Augen. Rasch wandte er sich ihrer Schulter zu, ehe der Anblick ihrer Augen ihn zu einer Dummheit verleiten konnte. Vorsichtig begann er, ihre Schulter zu massieren und die verkrampften Muskeln zu lösen.

      Sydney konnte nicht anders. Als sie spürte, wie das Blut zu zirkulieren begann und sich ihre Muskeln entspannten, seufzte sie leise und schloss die Augen.

      Damian rang dagegen mit seiner Selbstbeherrschung und versuchte sich auf die bevorstehende Reise zu konzentrieren, scheiterte jedoch kläglich. Immer wieder wanderte sein Blick zu ihrem Gesicht und blieb an ihrer vollen Unterlippe haften. Wie gerne er sie küssen würde. Hier und jetzt. Sie einfach in seine Arme ziehen und…

      Richard räusperte sich verhalten und warf Damian einen Blick zu, der sowohl sein Verständnis für ihn ausdrückte, als auch eine Warnung beinhaltete. Er wusste um Damians Situation besser als jeder andere. Er sah es als seine Pflicht, seinen Freund an seine Verantwortung zu erinnern.

      Sofort ließ Damian von Sydneys Schulter ab und erhob sich.

      „Du musst gehen?“, fragte er Richard. Dieser blickte belustigt das Paar an.

      „Nun, so gerne ich auch eure Gesellschaft genießen möchte, so habe ich doch noch einige Besorgungen zu machen, wie du weißt.“

      Sein Blick fiel auf Sydney. Diese erhob sich und bedauerte ein wenig, dass Richard nicht länger blieb. Sie hatte keine Gelegenheit gefunden, sich näher mit ihm zu unterhalten, um herauszufinden, ob er bereit war, ihr zur Flucht zu verhelfen oder nicht.

      Richard trat auf sie zu und warf ihr sein entwaffnendes Lächeln zu. Als er vor ihr zum Stehen blieb und nach ihrer Hand griff, um einen zarten Abschiedskuss auf ihren Handrücken zu hauchen, huschte Sydneys Blick rasch zu Damian herüber, der sie bereits genau beobachtete.

      „Bitte helfen Sie mir!“, murmelte sie Richard zu.

      Irritiert hob er seinen Kopf. „Wie meint Ihr, Madame?“

      Ein zweiter hektischer Blick zu Damian. Sydney geriet ins Schwitzen. Was sollte sie tun? Ihr musste doch jemand helfen?

      Entschlossen schlang sie ihre Arme um Richards Hals und zog ihn zu sich heran. „Bitte helfen Sie mir! Er hält mich gegen meinen Willen fest!“

      Und schon war der Moment wieder vorüber. Sydney löste sich mit einem aufgesetzten Lächeln von ihm. Verwirrt starrte er sie an.

      „Es ist wirklich bedauerlich, dass Sie schon gehen müssen, Mr. Pattsworth! Ich hätte Sie gerne näher kennengelernt!“

      Unsicher starrte sie ihn an. Würde er ihr helfen?

      Richard, völlig überrumpelt von Sydneys stürmischer Umarmung, erwiderte automatisch: „Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite, Madame. Ich freue mich bereits darauf, Euch demnächst wiederzusehen.“

      Damian trat an sie beide heran. Wachsam und mit Misstrauen in den dunklen Augen blickte er von Richard zu Sydney.

      „Ist alles in Ordnung?“

      Sydney hörte den scharfen Unterton in seiner Stimme und senkte unsicher den Blick. Ob er etwas gemerkt hatte?

      „Ja, sicher, alles ist bestens…“ Richard fasste sich schnell wieder und lächelte seinen Freund an. „Vielleicht ist deine Begleitung es ja nur leid mit einem Griesgram wie dir unterwegs sein zu müssen.“

      Dabei schaffte er es, Damian vergnügt zuzublinzeln. Dieser warf Sydney einen weiteren wachsamen Blick zu. Dann grinste er und die Männer klopften sich zum Abschied auf die Schultern, ehe Richard zwischen den Bäumen verschwand.

      Stille breitete sich aus. Selbst die Vögel schwiegen für einen Augenblick.

      Sydney hob zögernd ihren Blick und begegnete Damians düsteren Augen. Misstrauisch taxierte er sie. Seine Brauen waren zusammengezogen und mit quälender Langsamkeit maß er ihre Gestalt vom Scheitel bis zur Sohle. Sydney wurde unruhig unter seinem Blick. Was hatte er vor? Was ging in seinem Kopf herum? Sie biss sich unsicher auf die Unterlippe, verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust und hatte das Gefühl, sein Blick würde sich