Grace Maddison

Doppelpack Inspector Lestrade 1+2


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Lächeln. In Sekunden wertete er die Qualität der Anwesenden, Politiker und ein Berufsmörder einträchtig beieinander. Kaviar und Champanger zähmt die gottlose Bagage, die sich seinem Auge darbot. Einer von zehn Leihdienern, mit weißen Handschuhen und der großen stolzen Haltung spanischer Stierkämpfer, drückte ihm eine Flasche Bier in die Hand und verschwand, um andere in der Menge aus Fracks und Ballkleidern, Stolas und Fächern zu bedienen. Eine kleine Dame völlig in Schwarz bahnte sich mit der Grazie einer von Robert Stephenson erbauten Dampfeisenbahn den Weg zu ihm. »Mosch, du böser Junge!« Er hob seine Stimme, um die Schlager Melodie zu übertönen. »Ich bin erfreut sie wohlauf zu sehen Tante.« Sie lachte geschmeichelt und hatte es geschafft, unter vielen, nach allen Seiten verteilten, verzeihen sie mein Bester, meine Liebe seit wann bist du wieder raus aus dem Kittchen, wenn du die Güte hättest und ließ sich von ihm die behandschuhte Hand küssen. »Mein lieber Mosch«, japste sie. Außer Atem, die verdammte Hure des Götzen Mammon. »Ich bin ja so froh das ich eine kleine ruhige Begegnung mit meinem Neffen arrangieren konnte«, sie drehte sich um und winkte in die Masse, »das sind die entzückenden Smiths, ein sehr angesehener Mann!« Erklärte sie ihm. Er lachte pflichtbewusst, »ich bin etwas verwirrt ist Arthur nicht hier. Ich habe gehofft, mit meinem Vater sprechen zu können?« Seine Tante lachte hell auf, röte zeigte sich auf ihren faltigen hängenden Wangen, sie war geschminkt wie ein Papagei und ihr Decolte war zurechtgeschnürt. Sie versetzte ihm einen Klaps, »ich Ungezogene, ich vergaß, dass Arthur gerade in Limerick ist, Geschäfte mein Junge.« Sein Gesicht musste wohl einen winzigen Augenblick seine Gedanken, T E U F E L, verraten haben, denn sie zuckte erstaunt zurück. »Du musst unbedingt die Leute kennenlernen, vor allem den Doktor, er war mit deinem Großvater einige Jahre im Zuchthaus wegen Mordes.« Tante blieb neben einer kleinen Gruppe von jungen Freiern stehen; sie drängten sich um einen, Zuhälter und dessen Mitarbeiterinnen. Ein niedliches Ding vom Land in einem hauchdünnen Nichts von Kleid. Die, dass eigentliches Ziel, der Annäherung und Artigkeiten war. Es wirkte so, als halte die blonde Schlampe hier Hof. Ein wenig von dem, was die Freier sagten, klang nach einer langweiligen Aufzählung aller ihrer Vorzüge. Ein hoch aufgeschossener Schnösel. In einen Frack gezwängt lachte bellend auf und rief, »wie ich immer zu Benjamin dem Staatssekretär sage. Wenn er zu Gast bei uns auf dem Rittergut ist.« Aus der uniformiert gelangweilten, von Sinnen überreizten, abgestumpften, Londoner Elite stach der Schnöselige Mann wie ein Leuchtturm in weiter Leere hervor. Schlaksig, als müsse man Angst haben, das bei seiner wilden Gestikulation seine Arme einfach abfielen, flachgesichtig, als sei er im zartesten Kindesalter gegen eine Mauer geknallt. Und zu allem Überfluss bestraft mit einem lichten Haarschopf und Geheimratsecken seine Zahnreihen besaßen abstoßende Eigenheiten, sie saßen in seinem Zahnfleisch kreuz und quer, wie ein schlecht gesetzter Lattenzaun. »Sie müssen uns unbedingt einmal in Howards end besuchen kommen Doktor. Sie und ihre entzückenden Damen!« Der Mann strahlte und seine auf den Rücken gefalteten Hände fummelten nervös an seinen Frackschößen herum. Tante klatschte in ihre Hände. »Meine Lieben darf ich euch vorstellen Mosch … « Sie unterbrach sich, als hätte sie Vergessen was sie sagen wollte. Dann nach peinlichen Sekunden huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, »Ein neugeborener Christ der hier ist um uns zu bekehren und dazu mein Neffe.« Mosch war sein alter Name, niemand kannte seinen neuen besseren Namen. Er verneigte sich und schüttelte Hände. Der Zuhälter, der sich aufgrund seiner Bildung Doktor nennen ließ nickte, ihm zu und in seiner Brust kämpfen der öffentliche Verhaltenskodex und seine Abscheu vor Priestern. Der Schnösel betrachtete Mosch einige Sekunden lang mit zusammengezogenen Augenbrauen, als wäge er seine innere Statur. »Mosch, Junge!«, sagte Tante mit dem Stolz eines Wildtierfängers der einen menschenfressenden Tiger gefangen hatte und nun ausgestopft enthüllt, »darf ich Ihnen Herr Algernon Swinne vorstellen!« Der Schnösel verneigte sich, »Algernon Swinne, bescheidener Dichter, begeisterter Poet, Weltreisender und Verwalter meiner gesegneten Glücksgüter. Es freut mich sie kennenzulernen«, sagte er hastig, und ließ bei der Erwähnung des Wortes Güter seinen Blick auf die junge Nutte liegen. Lachende Frauen, eine bedeckte die untere Gesichtshälfte hinter einem Fächer und kicherte dumm, GA N S. Wie er diese ganze Baggage verabscheue, allein sein Name verpflichtete ihn, ab und zu in diesem, stinkenden Pfuhl sich zu suhlen. Heftige Gefühlswallungen Algernons Gesicht. Wut zuerst, dann Selbstzweifel, Ärger, wieder versteckte Wut, Eifersucht dann beherrschte er sich und nässelte sich mit einem Tuch an der Stirn herum.

      »Herr Swinne angenehm Patricia, aber eigentlich Hanne«, sagte Patricia das junge fast nackte Flittchen. Das Mädchen sah Herr Swinne an und wägte seine Qualitäten als eventueller Bewerber. Sie war in dem Alter, wo Sie noch die Flausen im Kopf hatte, in einem Bordell den Mann ihres Lebens treffen zu können. Geld und Grundbesitz ließ sie ein romantisches Flattern bekommen. Der Zuhälter, drei Bordelle in Whitechapel und zwei Opiumhöllen in Tigers Bay betrieb, nickte und forderte Algernon auf weiter von seiner abenteuerlichen Reise nach Amerika zu erzählen. »Nordamerika wird zu einer Macht werden, New York ist nicht wieder zu erkennen 600.000 Menschen, es gibt jetzt sogar etwas Kultur dort«, sagte Algernon und erntete Applaus. »Zu einer mächtigen Nation mit ein wenig Kultur« wiederholte er, damit es auch jedem in der Runde klar wurde, als hätte er es mit Schwachköpfen zu tun. Mit Ausnahme von Mosch lachten alle. Eine Hure fächerte mit ihrem Spitzenfächer, als wolle sie sich in die Luft erheben vor lauter Entzücken. »O Algenon« keuchte sie. »Sie sind ein ganz, ganz Schlimmer!« Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten aber wie liebend gerne hätte er sie alle aufgeschlitzt und ihre Eingeweide auf dem Parkettboden arrangiert und darauf getanzt.

      4. Kapitel

      Inspector Lestrade stand auf einem kleinen Hügel, es war nachts und beim Schein der Laternen gruben die Männer. Kalter kraftloser Regen fiel vom Nachthimmel und das bereits seit seiner Ankunft am Morgen, Doktor Helly sah munter auf die ausgehobenen Gruben. Die Friedhofslandschaft, am Tag schon trist, wie das eigene Siechtum, wurde bei Nacht so unheimlich, dass der Inspector sich wünschte, endlich fertig zu werden. Die Gräber mussten mit Erde zugeschüttet werden, nur um nicht wieder Pressewirbel zu haben und diese Tonnen von nutzlosen Briefen zu bekommen. Schmutzigen Pfützen sammelten sich in den Gruben, die Männer waren aufgeweicht und froren. Helly traf die Anordnungen und vier Mann, der Kriminalabteilung von Scotland Yard in karierten Knickerbocker und Bowlerhüten auf den Köpfen gruben. Der Totengräber des riesigen Armenfriedhofs, ohne den man sich nicht zurechtfand, trank aus einer Flasche selbstgebrannten Schnaps. Wo gegraben werden musste, zeigte der Friedhofswärter anhand der Belegungsliste in seiner Hand. Laut Liste waren seit Dezember des Jahres 1896 bis September 1897 von der Polizei 12 Frauen gebracht worden, deren Tod durch Mord von unbekannt durch Stichwaffe herbeigeführt worden war. Die billigen durchfaulten Kiefernholz Särge wurden aus den Gräbern gehoben und in den Leichenkeller der Friedhofskapelle getragen, wo Dr. Helly und sein stummer Assistent Cray, die Obduktionen vornahmen. Constable Peters, seit drei Tagen zum Criminal Investigation Department von Scotland Yard kommandiert, hatte einen kurzen Blick in den Sezierraum geworfen um sich abzuhärten und es sofort bereut der Anblick und der faulige Gestank war überwältigend. Lieber draußen im Regen, im Matsch in den Gruben stehen und so lange Erde zu schaufeln das man Schwielen an den Fingern hatte, als da noch einmal hinein. Nach, zwei Stunden, durchfroren und nass bis auf die Zehenknochen, ging er in die Kapelle auf Suche nach etwas Wärme. Er setzte sich auf eine Chorbank und schloss die Augen. »Wer nachts mit den Toten arbeitet, muss was im Magen haben«, sagte der erste Friedhofsgräber leise und setzte sich neben Peters und reichte ihm die Flasche. Der alte Mann mit dem grauen Stoppelbart blickte mitfühlend auf den jungen Polizisten. Peters trank und spürte das Brennen des schweren Alkohols in seiner Speiseröhre. »Schwer ist die Bürde des Weisen und legt sich wie eine Kette auf die Seele, was du heute gesehen hast und noch wirst, ist das Los des Menschen. Glaube an die ewige Seele. Wenn du alle Tage dein Ende als faulender Knochenhaufen vor Augen hast, befreit das deine Seele das einzige Wertvolle an uns Kreaturen. Nicht der Körper ist sein Abbild, nur was er verbirgt. Du bist ja ganz blass mein Junge.«

      Neue Leichen wurden in den Keller geschleppt, Doktor Helly kam von draußen, mit Schwung die Treppe hoch in die Kapelle gestürmt und nickte zu Peters, das er ihm folgen solle. Er trug einen Jagdanzug und Knickerbocker, er wirkte als würde er jeden Moment sein Skalpell aus der Hand legen und auf Hasenjagd gehen. Peters biss die Zähne zusammen, und versuchte sein ekel im griff zu bekommen. Auf drei Tischen, lagen die Leichen grau, schwarz und