Grace Maddison

Doppelpack Inspector Lestrade 1+2


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sich mit zittrigen Händen das Gesicht mit einem Taschentuch.

      6. Kapitel

      Seit genau zwei Tagen hatte sich Bülow in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen, um nachzudenken. Inspector Lestrade hatte beginnen lassen, die Gräber weiblicher Opfer von Messerangriffen öffnen zu lassen, noch beschränkte er sich, auf die Friedhöfe in nähe des Mordreviers. Von Bülow hatte selbst vorgeschlagen, Inspector Lestrade mit der Sonderbefugnis auszurüsten. Man musste herausfinden, seit wann der Mörder wieder in London war. Die Arbeit war noch grässlicher als in Limerick. Die Leichen, die ins Polizeischauhaus 5 transportiert wurden, waren zum Teil so stark verwest, dass Doktor Helly die Toten nach Zustand sortierte. Ganz rechts auf den Seziertischen lagen die in Decken eingeschlagenen Knochenhaufen. Die Luft im Schauhaus, wo die Untersuchungen unter strengster Geheimhaltung stattfanden, war verpestet. Nur mit einem Tuch um den Mund gewickelt, nass von Rosenwasser und Kampferöl war die Luft zu atmen, der Doktor befürchtete die ungesunden Auswirkungen des Miasmas, es könnte zu Cholera kommen. »Siehst du«, sagte er hinter seiner Maske verborgen, zu Cray seinem Gehilfen, »mir sind die Skalpelle stumpf geworden, schärf sie mein Lieber.« Cray nickte, setzte sich auf einen Seziertisch neben eine Verweste und begann gedankenverloren ein langes Seziermesser über den Wetzstein zu ziehen. »Es gibt 13 Morde seit April, bei dem Tempo hast du deine Gesamtansicht, in zwei Tagen mein lieber Inspector Lestrade«, sagte der Doktor und begann einige Kniebeuge zu machen. »Das ist übel hier drin, mein Gott wie kann man sich solch einen Beruf auswählen?«, fragte Inspector Lestrade und setzte sich auf einen Stuhl, Helly setzte sich auf die Bank ihm gegenüber, trank einen Kräuterschnaps, den Cray selber irgendwo im Leichenschauhaus, brannte und plauderte, über dieses und jenes, lauschte den Geschichten, die er ihm erzählte. Nach der kurzen Pause im Institut musste Inspector Lestrade wieder zu den Gräbern des armen Friedhofes in der Georg Street. Bisher waren die Exhumierungen vergebens, von den sieben Messer Leichen, die Helly bisher untersucht hatte, war keine ein weiteres Opfer. Jetzt schnitt und schnetzelte er sich durch die Gräber des Herbstes. Hellys Assistent betrachtete das Skalpell im Sonnenlicht, er wischte die Klinge an seinen, mit schwarzen Flecken verkrusteten Hosenbeinen ab. Der Oberstaatsanwalt Prokop war gegen Mittag zum Institut gekommen, er hatte wohl befürchtet, dass die Presse Wind von Inspector Lestrades Ermittlungen bekommen hatte, wenn es eines gab, was er nicht brauchte waren es die Schlagzeilen in den verdammten Zeitungen. Alles in allem wirkte er beruhigt. Bisher sah es nicht so aus, als ob der Schlachter nach 1896 noch einmal in London zugeschlagen hatte. Bis auf eben die drei September Fälle, der Erste am 8. und der Zweite am 18. und der Letzte davon am 25. September in den Morgenstunden in einem Hinterhof im verrufenen Whitechapel. Ein Nachahmungstäter, dessen war sich Prokop sicher. Der ganze Aufstand war nicht nur unnötig, sondern auch gefährlich. Er hatte persönlich, die Iren Akten durchgesehen und die Protokolle und Vernehmungen, die in einem Bezug zu den Verbrechen des Irren standen schweren Herzens, zu Kriminalabteilung gebracht. »Vielleicht«, sagte er, »haben Sie sich doch geirrt, Sie und ihr Freund? Wollen Sie auch noch, beginnen die Friedhöfe in Spitalsfield und der City zu schänden?« Prokops schmaler Mund verzog sich zu einem Grinsen. Schlecht gelaunt fuhr Inspector Lestrade mit einer Droschke nach mayfair. Missmutig klopfte er an der Tür, eines Hauses von dem aus Bülow in 10 Minuten im Palast sein konnte, er musste nur durch den Park laufen. Von Bülow s Diener öffnete die Tür. Inspector Lestrade überflog im Geiste noch einmal alles, was er über von Bülow wusste, er hatte gedient, hatte, das 8 Infanterie Regiment befehligt, und war mit 43 Jahren in den Privatdienst ihrer Majestät gekommen auf einen Beraterposten. »Kommt Bülow bald?« Der Diener sagte, »er ist seit ein paar Tagen im Arbeitszimmer und denkt nach, seine Art der Meditation. Setzen Sie sich Inspektor ich, mache einen Tee.« Inspector Lestrade ließ sich auf einem Sofasessel nieder, »es ist ziemlich kalt draußen und ich stand bis zu den Knochen in Leichen, hat der Staatssekretär keinen Whisky?« der Butler lächelte und klappte einen dieser geschmacklosen Globen auf, »Irischen oder Schottischen? Ich persönlich würde den Schottischen vorziehen.« Inspector Lestrade war alles egal, Hauptsache er konnte seine Füße ausstrecken und ein paar Minuten sitzen. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten seit einer Woche hatte er allerhöchstens 10 Stunden geschlafen, immer wenn ihn die Müdigkeit übermannte nahm, er etwas Kokain zu sich, aber der Raubbau an seinem Körper forderte, jetzt seinen Preis. »Ich denke schottischer. Ist er schon lange in seinem Arbeitskabinett?« Der Butler brachte zwei Gläser Whisky und setzte sich zu Inspector Lestrade. »Er meditiert über den Fall dieses Schlitzers von dem man so viel spricht«, sagte Victor. Inspector Lestrade bemerkte, das Victors Arme kunstvoll tätowiert waren. In England waren Tätowierungen der Klasse der Berufsverbrecher vorbehalten. »Wenn er so ist, nimmt er etwas persönlich. Muss eine wichtige Sache sein, die Königin fragt ihn, wie weit er schon mit seinen Ermittlungen ist.« Den Bericht von Inspector Lestrade hörte sich Bülow barfuß in seinem Arbeitszimmer an, dessen Wände mit nepalesischen Götterbildern, Drachen und Dämonen und, Waffen und religiösen Amuletten bedeckt waren. Er trug nur einen Hausmantel. Von Bülow hörte sich die erfolglose Suche bisher auf den Londoner Friedhöfen ruhig und mit unbewegtem Gesicht an. Als der Inspektor verstummte, lief Bülow schlafwandlerisch im Zimmer auf und ab, »denken wir nach, mein lieber Inspector Lestrade, überlegen wir gemeinsam. Sinn und Zweck, was verrät er mit jeder Tat über sich selber.« Von Bülow nahm ein Amulett vom Schreibtisch und hängte es sich um und marschierte weiter. Inspector Lestrade musste unwillkürlich an einen Haushund denken, der am Gartenzaun manisch auf und ab lief. »Denken wir. Keine Leichen vor dem 8 September und die Letzte am 25. September« begann er, »das heißt, er arbeitet nicht mehr im selben Rhythmus, er wartet keine 4 Wochen mehr. Er ist gierig geworden, den Genuss oft zu wiederholen, die Suche auf dem Friedhof sagt uns, er ist eben erst aus Limerick zurückgekehrt.« Inspector Lestrade fand, er lege zu viel Bedeutung in das Wort »Genuss«, Genuss das war eine Flasche guter Rotwein am Kamin, ein gutes Buch auf den Knien, im Lieblingssessel sitzen und dazu ein Gramm schwarzer Afghane in der Pfeife. Vielleicht das Grammophon angestellt. Genuss war etwas, das der Mörder vielleicht suchte, aber nie finden würde, er würde immer den Gipfel Suchen und irgendwann einsehen, dass es das im Bösen nicht gab. Von Bülow öffnete ein kleines Kästchen auf seinem Schreibtisch und ein ungleich starkes Aroma zog in Inspector Lestrades Nase. »Ich vergaß, sie sind ein Kenner mein lieber Inspektor, probieren Sie den grünen Nepalesen, ich persönlich vermeide künstliche Rauschzustände, aber wenn es ihnen bei der Intuition hilft.« Inspector Lestrade stand auf und ging zwei Schritte zum Schreibtisch und nahm testend gepresstes Haschisch in die Hand. Er war fast grün und roch außerordentlich intensiv, in seiner Apotheke gab es nur die übliche 1 Shilling bis 5 Shilling Auswahl, nichts Besonderes. Inspector Lestrade vermischte das Haschisch mit etwas Tabak und zündete ein Streichholz an und zog an seiner Pfeife. Er setzte sich zufrieden und zog den Rauch tief in seine Lungen. »Wir mussten sichergehen, dass der Schlächter von Whitechapel noch irgendwo in London ist. Drei Fälle von post mortem Verstümmelungen der Opfer sind im September vorgekommen. Als ich gestern die Akten der Geheimpolizei durchsah«, von Bülow zeigte auf seinen Schreibtisch, wo Akten sich zu immenser Höhe stapelten, und fuhr fort, »kam ich zu dem Schluss, dass es den letzten Mord in London am Freitag dem 9 November 1896 an der armen Jane Kelly beging. Der hervorragende Doktor Phillips, aber Sie kennen ihn ja, hat die kluge Anweisung gegeben das Fotografische Aufzeichnungen angefertigt werden. Wollen Sie sie sehen?« Inspector Lestrade kannte die Fotos, dennoch nickte er und Bülow suchte einen Ordner aus dem Stapel heraus und reichte ihn. Die photographische Abbildung zeigte ein kleines bizarres Zimmer, ein Bett, darauf die Leiche der armen Frau, das Opfer war regelrecht ausgenommen worden, von den Bildern ging eine üble Welle aus. Inspector Lestrades Hände zitterten leicht. Drei Bilder waren ihm unbekannt, er betrachtete sie aufmerksam, »warum kenne ich diese Bilder nicht?« Von Bülow zuckte mit den Schultern, »hat etwas mit Geheimpolizei zu tun, ihr Lebensgefährte ist Ire und in seiner Familie gibt es einen Anführer der Feniar Bewegung. Einen Samuel Kelly, man hat ihren Lebensgefährten erpresst, dass er seine Ohren aufhalten soll, oder er ist schneller am Galgen als er einmal »Freiheit«, sagen kann. Die ganze unsaubere Politik wird vom Oberstaatsanwalt Prokof gedeckt, weshalb er sich sträubt, seine Akten herauszurücken.« Inspector Lestrade konzentrierte sich wieder auf die Fotos, die Oberfläche des Bauches war entfernt, der Oberschenkel bis auf den Knochen abgeschnitten. Die Bauchhöhle war komplett entleert. Die Brüste waren abgeschnitten, das Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit vom Fleisch getrennt.