sehr präsente, aber dennoch lebendige Stimme erhältst du durch Parallelkompression. Hierdurch schaffst du ein dichtes Fundament der Stimme, wodurch sich eine angenehme Sattheit einstellt. Das parallele, nicht komprimierte Signal liefert dabei weiterhin die Transienten, die für die Sprachverständlichkeit wichtig sind.
Mehr über diese Technik kannst du im Kapitel zu den Kompressionstechniken lesen.
3.6.4Vokoder-Stimme
Mit einem Vokodereffekt kannst du ein Instrument oder eine Klangfarbe „sprechen“ lassen. Um den Vokoder mit einem idealen Signal zu speisen, solltest du die Urstimme etwas vorbereiten:
Low-Cut hoch bis ca. 200 Hz
Starke Kompression mit mittellanger Attack, um die Konsonanten nicht zu unterdrücken
Noisegate, damit der Vokoder nicht durch Rauschen und Nebengeräusche getriggert wird
Mit dem so vorbereiteten Signal gehst du nun in deinen Hardwarevokoder oder in die entsprechende Software.
3.6.5Atmo-Stimmen
Um einen Song abwechslungsreich zu halten, ist das zeitweise Einwerfen von Atmo-Stimmen ein sehr gutes Mittel. Besonders interessant sind dabei Stimmen, die stark verfremdet bzw. aus dem Hintergrund kommen, etwa Shouts oder Flüsterstimmen.
Hier sind deiner Phantasie wie immer keine Grenzen gesetzt. Allen Atmos gemein ist aber die Notwendigkeit des starken Komprimierens, da sie sonst im Klangkontext verschwinden und nicht wahrgenommen werden könnten.
Als zusätzliche Klangvariante kannst du die Atmo-Stimmen auch mit einem Stereo-Expander verbreitern. Hier können auch irrwitzige Maximalparameter eingesetzt werden, da eine starke Verfremdung für besondere Spannung sorgen kann und das Resultat nicht monokompatibel sein muss.
3.6.6Intime Vocals
Willst du eine sehr intime Stimme erzeugen, nimmst du eine Dopplung der Spur nur mit Flüstern des Gesangs auf und mischst diese Dopplung leise bei. Auch hier ist es sinnvoll, das Flüstern stark zu komprimieren.
3.6.7Geisterstimmen
Effekte dieser Art kennt man aus vielen Filmen. Sie können durch ein verhalltes Rückwärtsecho realisiert werden, durch welches Teile einer Phrase schon vorher zu hören sind. Die Phrase klingt dann so als käme sie aus der Ferne auf den Hörer zu.
Besonders im Digitalstudio ist dies sehr einfach zu gestalten. Du drehst den betreffenden Gesangspart zunächst um, sodass er rückwärts läuft. Auf das umgekehrte Signal legst du nun ein einfaches Delay, das du zusätzlich verhallst.
Das entstehende Effektsignal nimmst du nun auf. Wichtig hierbei ist, dass du im Prefader-Modus bei vollständig geschlossenem Kanalfader arbeitest, damit das Ursignal nicht auf dem Effekt zu hören ist!
Das Effektsignal wird abschließend wiederum umgedreht und synchron zum Ursignal eingefügt.
Natürlich kannst du auch mit der Technik spielen:
Delay vor Hall
Hall vor Delay
Hall und Delay parallel
Hall mit dickem Chorus verwaschen
Achtung: Willst du das Einsetzen des Effekts automatisieren, solltest du dies schon bei der Arbeit mit der Rückwärtsspur tun! Den entstehenden Rückwärtshall einfach an und aus zu machen, sorgt nur für vermehrte Editierarbeit durch das Setzen vieler Fades. Zudem sind in der Hallspur vielleicht auch Phrasen enthalten, die du nicht verhallt haben willst, die aber in das erwünschte Nutzsignal anderer Phrasen übersprechen.
3.7Gesangstechnik
Es wäre vermessen, zu behaupten, man könne in nur einem Kapitel die Grundlagen der Gesangstechnik umfassend beschreiben und vermitteln. Dennoch möchte ich dir ein paar Tipps geben, die dir für den eigenen Gesang und bei der Betreuung von Sängern in deinem Studio hilfreich sein können.
Um weiter in das Thema Gesang einzusteigen, empfehle ich dir auf jeden Fall die Buchung einiger Gesangsstunden bei einem guten Lehrer.
3.7.1Körperhaltung und Bewegung
Genau so, wie bei einer Gitarre der Klang nicht nur in den Saiten entsteht, wird der Gesangston auch nicht nur an den Stimmbändern erzeugt. Er entsteht im ganzen Körper: Bauch, Hals und Kopf!
Um dieses Potential auszuschöpfen, muss dem Ton die Möglichkeit gegeben werden, sich im ganzen Körper zu entfalten. Dies schaffst du durch eine leicht nach vorne gebeugte Körperhaltung. So bilden Lungen, Luftröhre, Hals und Mund eine Art Röhre, in welcher der Ton optimal schwingen kann.
Singen ist anstrengend und bedarf großer Muskelkraft sowohl beim Atmen als auch beim Formen des Klangs an sich. Die Bauch-, Hals- und Gesichtsmuskulatur ist hierbei stark gefordert. Um sich immer wieder zu entspannen, läuft man am besten etwas hin und her. Nichts anderes machen die Profis auf der Bühne, sie binden dies nur unauffällig in die Show ein!
Um den Gesangsapparat an sich zu entspannen, gibt es zwei einfache Tricks: Schlucken und tief Einatmen. Beim Schlucken werden zum einen die Stimmbänder benetzt, zum anderen dehnt und entspannt die Schluckbewegung die Muskeln. Dabei sind mehrere kleine Schlucke effektiver als wenige große!
Auch das tiefe Einatmen führt zu einer entspannenden Dehnung des Gesangsapparats, da der Kehlkopf dabei mit der Luftröhre nach unten Richtung Zwerchfell gezogen wird.
Um frei singen zu können, sollte man zuvor nicht zu viel essen. Ein voller Bauch behindert die Atmung und davon abgesehen verbraucht die Verdauung sehr viel Energie, die dann in der Performance fehlt!
3.7.2Luft - der Treibstoff des Sängers
Was für den Tourbus der Sprit, ist für den Sänger die Luft, die er zur Verfügung hat. Die Atmung entscheidet schon vor der Artikulation über die Qualität des Tons und des Ausdrucks.
Damit ein Sänger entspannt, aber dennoch laut und kraftvoll singen kann, benötigt er Kontrolle über seine Atmung. Insbesondere lange und hohe Töne sind nur mittels richtiger Atemtechnik sauber und reproduzierbar zu erzeugen.
Beim Singen benutzt man in erster Linie die sogenannte Bauchatmung: man zieht das Zwerchfell weit nach unten und atmet bis tief in den Bauch. Ein Hinweis für die selbstverliebten Sänger: Ja, der Bauch wird dabei sichtbar größer!
Auf diese Weise kommt sehr viel Luft in die Lunge, in welcher dadurch ein leichter Überdruck entsteht. Dies erspart dem Sänger viel Kraftaufwand bei der Performance. Anstatt die Luft aktiv mit Kraft aus der Lunge pressen zu müssen, lässt er sie nun kontrolliert ausströmen. Die Menge und Geschwindigkeit an ausströmender Luft wird dabei mit der Geschwindigkeit, in welcher das Zwerchfell angehoben wird, gesteuert.
Diese Atemtechnik führt zu einer allgemeinen Entlastung des Gesangsapparats. Der Sänger muss sich weniger anstrengen und wird nicht so schnell heiser. Zudem klingen die Töne satt und rund, anstatt gepresst.
3.7.3Einsingen
Genauso wie sich ein Instrumentalist vor einer Aufnahme oder einem Konzert warm spielen wird, sollte es auch ein Sänger tun. Sauber eingesungen kann der Sänger länger gute Leistungen erzielen und es klingt einfach besser. Manche Melodien und insbesondere hohe Töne sind zudem ausschließlich warmgesungen reproduzierbar zu schaffen. Vor allem bei einer Aufnahmesituation, in welcher derselbe Teil öfter hintereinander gesungen werden muss, ist diese Vorbereitung also unerlässlich.
Wird ein Sänger schnell heiser oder klagt über Schmerzen beim Singen, macht er etwas falsch oder ist schlichtweg krank. Im Falle einer Erkältung solltest du den Mut haben, die