J.L. Stone

Sieben Schwestern - Seranas Rache


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dich bitte etwas zurück«, kam es mahnend von Nathalie. »Das hier ist alles andere als ein Spiel.«

      Innen erwartete mich ein kleiner, gänzlich herunter gekommener Raum, der von zwei Kerzen notdürftig erhellt wurde, die auf einem wackligen Tisch platziert waren. Vier ebenso wenig einladende Stühle standen um ihn herum gruppiert auf dem fest gestampften Boden. Ansonsten bot das Zimmer rein gar nichts fürs Auge.

      »Viktor?« rief Tarid leise.

      »Hier«, ertönte es aus einer dunklen Ecke.

      Gemächlichen Schrittes erschien der mir bis dahin unbekannte Bruder vom Viper-Clan in der dämmrigen Helligkeit der Baracke. Er strahlte eine sehr bedrohliche Aura aus, die mich fast körperlich erzittern ließ. Mit ihm war ganz und gar nicht gut Kirschen essen, das ahnte ich sofort. Er stellte sogar Tarid noch in den Schatten.

      »Hallo, Jürgen«, begrüßte er mich herablassend. »Es ist schön, dass du endlich den Weg zu uns gefunden hast.«

      »Ich hatte ja auch kaum eine Wahl«, spie ich hervor.

      »Aber nicht doch«, erwiderte er überfreundlich. »Wir wollen uns doch nur mit dir unterhalten und dich besser kennenlernen. Vielleicht können wir sogar Freunde werden. Das würde mich freuen.«

      »Pah!« kam es von Nathalie.

      »Das hättet ihr auch anders haben können«, gab ich nur noch mühsam beherrscht zurück.

      »Ach, wirklich?«

      »Schluss jetzt!« fuhr Tarid dazwischen, bevor wir uns an den Kragen gehen konnten. »Wir haben keine Zeit für solche sinnlosen Spielchen.«

      Energisch riss sie einen Stuhl herum.

      »Hinsetzen!« herrschte sie mich an.

      Im ersten Impuls wollte ich dagegen aufbegehren, doch dann überlegte ich es mich anders. Es wäre für meine Gesundheit wohl deutlich besser, wenn ich sie nicht weiter reizen würde. Sie würde ihren Willen so oder so bekommen – auf diese oder jene Weise.

      So ließ ich mich vorsichtig auf dem wenig Vertrauen erweckenden Stuhl nieder, worauf er ein bedrohliches Quietschen von sich gab. Sofort wickelten sich unsichtbare Bänder um meinen Oberkörper und meine Arme, fesselten mich so fest an ihn, dass ich mich kaum noch bewegen konnte. Sekunden später waren auch meine Beine unverrückbar an die Stuhlbeine gekettet. Anscheinend war er doch stabiler als gedacht und sein Aussehen nur Show.

      »Was sollen die Fesseln?« erkundigte ich mich, damit Nathalie um meine Situation wusste.

      »Die sind nur zu deiner Sicherheit«, erklärte Viktor mit einem boshaften Lächeln.

      »Schön«, meinte Tarid dann sarkastisch, zog sich einen weiteren Stuhl heran und setzte sich rittlings mir gegenüber hin. »Dann wollen wir mal unser letztes Gespräch in aller Ruhe fortsetzen. Leider wurden wir dabei ja unsanft unterbrochen, obwohl wir doch so höflich darum gebeten hatten.«

      »Wer's glaubt!« höhnte Nathalie zischelnd.

      »Ich kann euch auch jetzt noch nicht viel mehr sagen als gestern«, erklärte ich. »Ich weiß immer noch nicht, was das Ganze soll.«

      »Das lass mal unsere Sorge sein«, fuhr mich Viktor an.

      Tarid winkte ihn mit einer herrischen Bewegung zurück, während sie mir fest in die Augen sah.

      »Was?« platzte mir schließlich der Kragen, als ich ihren starren Blick nicht mehr länger ertragen konnte.

      »Och, wir sind nur neugierig«, erwiderte sie ruhig, während sich ihre Lippen zu einem kalten Lächeln verzogen, das mich schaudern ließ. »Darauf, was so besonders an dir ist.«

      »An mir ist schlichtweg nichts Besonderes!« brauste ich auf.

      »Jürgen!« mahnte Nathalie leise.

      »Das wird sich schon noch herausstellen«, erwiderte Tarid. »Irgendetwas muss schließlich an dir sein. Nicht umsonst sind alle vom Wolf-Clan so sehr darum bemüht, dich zu beschützen.«

      »Darum geht es also nur?« wunderte ich mich.

      »Ja«, erklärte sie schlicht.

      »Nun«, begann ich. »Dann will ich euch mal aufklären. Es war nichts weiter als purer Zufall, dass ich in diese Geschichte hineingezogen wurde. Ich war sozusagen zur falschen Zeit am falschen Ort. Nathalie musste sich nur überstürzt vor einem Angriff schützen, als wir dabei waren, uns zu unterhalten, nachdem sie mit mir zusammengestoßen war.«

      »Und das sollen wir dir glauben?«

      »Es ist die Wahrheit!« betonte ich. »Es ist mir total egal, ob ihr es glaubt oder nicht.«

      »Da muss aber noch was anderes dahinter stecken«, murmelte sie so leise, dass ich es fast nicht verstehen konnte.

      Unwillig schüttelte sie den Kopf.

      »Egal«, meinte sie dann. »Dennoch hast du nur durch deine Anwesenheit unsere Pläne schon erheblich gestört. Und das können und werden wir nicht zulassen, nicht in diesem entscheidenden Stadium.«

      »Ihr wollt also tatsächlich die Heimstatt des Wolf-Clans übernehmen, so wie sie es vermutet hatten?« hakte ich ungläubig nach.

      »Das ist Sinn und Zweck der ganzen Aktion«, gestand Viktor. »Nur so können wir verhindern, dass Tarid und Tanja für die nächsten zwei Jahre einen Großteil ihrer Kräfte einbüßen.«

      Tarid brachte ihn mit einem brennenden Blick zum Schweigen.

      »Die Gründe spielen hier doch gar keine Rolle«, stellte sie klar. »Das hat dich nicht zu interessieren. Jetzt kümmern wir uns zuerst einmal um dich.«

      Da wurde es mir erst wirklich und wahrhaftig so richtig mulmig zumute. Die unterschwellige Drohung, die in ihren Worten mitschwang, ließ mich nichts Gutes ahnen. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich begann am ganzen Körper unkontrolliert zu zittern.

      »Jürgen!« meldete sich da Nathalie unerwartet zu Wort. »Versuch dich zu beruhigen. Ich hab mir was überlegt. Du musst nur noch ein klein wenig durchhalten, dann erleben die beiden eine Überraschung.«

      Den Seufzer, der über meine Lippen kommen wollte, konnte ich gerade noch unterdrücken. Jetzt hatte ich wieder etwas Hoffnung, den Fängen dieser Furie und ihrem Helfer zu entkommen.

      Währenddessen begann Tarid mich mit ihren Fragen zu bombardieren, von denen ich allerdings nur die Hälfte verstand. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was sie mit all den Fragen bezweckte.

      Was sollte ich ihr auch anderes erzählen?

      Ich war nun mal kein Hexer oder Magier oder Zauberer – oder was auch immer. So murmelte ich nur immer wieder die gleichen Antworten, obwohl ich sehr wohl den steigenden Frust bei ihr bemerkte. Doch ich konnte ihr nun einmal nicht mehr erzählen.

      »Ach, das bringt doch überhaupt nichts«, mischte sich schließlich Viktor ein. »Er ist und bleibt ein ganz normaler Mensch ohne irgendwelche Fähigkeiten.«

      »So wie es aussieht, hast du recht«, stimmte Tarid ihm zu. »Andererseits muss etwas Besonderes an ihm sein, sonst würden sich Nathalie und ihre Eltern nicht so für ihn ins Zeug legen.«

      »Das kann schon sein«, versetzte Viktor. »Aber da er selbst nichts darüber zu wissen scheint, wie sollen wir es dann herausfinden?«

      »Ach, Scheiße!«

      Frustriert und erschöpft schlug Tarid zornig mit der Faust auf die Rückenlehne, stand auf und sah mit flammenden Augen drohend auf mich herab. Dabei umklammerte sie die Strebe des Stuhls so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.

      »Und was machen wir jetzt mit ihm?« erkundigte sie sich dann bei ihrem Partner. »Wir können ihn doch unmöglich laufen lassen.«

      »Da hast du absolut recht«, bestätigte Viktor mit einem gemeinen Grinsen. »Wie wäre es, wenn wir ihn auch in ein Stasisfeld hüllen und ihn hierbehalten würden?«

      »Klasse