Hans-Joachim Koehl

Sehnsucht nach Zärtlichkeit


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in Freiheit, schlug mit dem Schwanz auf den Boden fuhr seine scharfen Krallen aus und war zum Sprung bereit.

      Waali war außergewöhnlich. Der Arbeit mit den anderen Frauen ging sie möglichst aus dem Weg. Sie wusch meine Kleider, kämmte mir die Haare, hielt mein Zelt in Ordnung und saugte oder ritt mir das Mark aus den Knochen.

      „Damit du nicht nach anderen Frauen schaust.“, meinte sie.

      In so einem Lager bleibt nichts lange verborgen. Es sprach sich herum, dass Waali besondere Qualitäten hatte.

      Ein paar Tage nach dem Fest ging ich mit Haleb auf die Jagd.

      Wir brauchten frisches Fleisch. Ich wusste Waali in sicheren vier Pfoten. Doch da hatte ich mich getäuscht.

      Bei unserer Wiederkehr vermisste ich sie. Sonst kam sie mir immer lachend entgegen. Ich fragte nach ihr: „Wo ist Waali, ist sie krank?“

      „Sie ist seit einigen Tagen verschwunden. Bitte Herr, fragt Betschep deinen Sohn!“ Als ich gewaschen war kamen die Männer zusammen und die vergangenen Ereignisse während meiner Abwesenheit wurden besprochen.

      Betschep fragte ich ganz leise: „Weißt du wo Waali ist?“

      „Dieses Biest, wenn ich sie erwische schneid ich sie in Stücke, werfe sie den Hunden vor und kaufe dir zwei neue Sklavinnen.“

      „War sie schlecht gegen dich?“ fragte ich ihn.

      Er schaute mich grinsend an:

      „Schlecht? Ich fand sie auf deinem Lager. Ja ich weiß, sie ist deine Slavin. Aber nur Sklavin, du bist nicht mit ihr verheiratet. Als ich in dein Zelt kam wurde sie wach und wollte fliehen.

      Doch ich war schneller, packte sie, warf sie aufs Lager zurück. Sie spürte mein Begehr und erkannte, dass Flucht zwecklos war. Dann wurde sie ganz zahm. Ihr Kopf beugte sich in meinen Schoß: Ein Schmerz ohne Ende! Mit beiden Händen zerdrückte sie mir meine Eier und biss mir den halben Schwanz ab. Ich packte sie bei den Haaren. Laut schreiend zog ich mein Messer. Da sprang auch noch der Gebhard fauchend auf mich los. Ich musste die Furie loslassen und seit der Zeit hat sie keiner mehr gesehen.“

      Ich schwieg, ließ es damit bewenden. Sollte ich mich wegen einer geschenkten Sklavin gegen meinen Sohn stellen? Das würde nur meine Schwäche zeigen und offenbaren wie ich an Waali hing.

      Ich fragte Betschep nach der Herde und wie der Ausbau des Hafens voran ging.

      Gegen Abend, als die Feuer brannten, lagen wir beim Essen.

      Plötzlich roch es intensiv nach Palmöl und Waali stand hinter mir. Lautlos hatte sie sich angeschlichen. Als ich den Kopf drehte, lächelte sie mich an. Ich nahm ein Stück Fleisch und gab es ihr zwischen die Lippen, um ihr meine Gunst zu zeigen.

      „Wo warst du? Alle haben dich gesucht!“ fragte ich sie.

      Sie kam nah an mein Ohr, küsste es und sagte ganz leise: “Auf einem der Dattelbäume, Herr.“

      Als ich sie anschaute, legte sich der Feuerschein auf ihr Gesicht.

      Sie blickte zu Betschep und steckte ihm die Zunge raus.

      Ich musste lachen. Betschep tat so als hätte er es nicht gesehen. Seit diesem Ereignis war Waali angesehen im Lager und nicht mehr nur die kleine Sklavin ihres Herren.

      Die Reise

      „Haleb, hör zu, wir werden unsere vorgezogene Abreise als eine große Jagd tarnen. Am besten wäre es, dass neue schnellere Schiff auf eine lange Fahrt vorzubereiten.“

      „Gut, dann lasse ich die großen Tonkrüge mit Erdpech füllen und die Feuer anzünden. Das Schiff muss erst an Land.“

      Wir hatten am unteren Ufer eine seichte Stelle mit glatten runden Hölzern ausgestattet und diese mit Talk und Fett beschmiert; dort war es kein Problem, das flache Schiff an Land zu ziehen.

      „Oder wollen wir die Boote aus Binsengras nehmen?“

      „Nein, die können doch nicht so viele von uns tragen, meinte Haleb.

      „Gut, dann mach dich ans Werk!“

      Es gab ein paar geschickte Bauleute, die mit ihren Bronze- und Steinbeilen umzugehen wussten.

      Als ich mich umdrehte, stand Nehu hinter mir. Ich musste lachen: „Na, raus aus deinem Nest?“

      „Ja, Herr!“ Er sah zu Boden. „Herr, ich habe eine Bitte!“

      „Sprich!“ Sicherlich will er mich verlassen, dachte ich.

      „Nimm mich mit in das neue Land. Auch Akida will mitkommen.“

      „Nehu, es wird ein großes Abenteuer. Du bist mir willkommen. Mit Akida muss ich erst sprechen. Wenn die Sonne über diesen Palmen steht, schick´ sie zu mir!“Ich zeigte in Richtung Westen.

      „Ja, Herr!“

      Die Sonne war nicht mehr heiß und die Schatten wurden länger, als Akida mit wiegendem Gang vor mein Haus kam. Unter einem mit Schilf abgedeckten Vorbau erwartete ich sie.

      „Du hast mich rufen lassen?“, fragte sie.

      „Du willst mitkommen?“

      Durch unsere telepathischen Fähigkeiten konnten wir Lichtgestalten uns auch ohne Lautsprache unterhalten. So konzentrierte ich mich: „Also, Tara, was hast du vor?“

      „Ich komme auf jeden Fall mit dir, das kannst du nicht verhindern! Ich will dich unterstützen und in Akida kann ich dir bestimmt von Nutzen sein.“

      Ich sagte laut: „Gut, so soll es sein. Willst du bei Nehu bleiben?“

      „Nehu ist ein starker Mann, er gibt mir Schutz. Ich werde mit ihm gehen. In den letzten Tagen habe ich mich schon vorbereitet und viele Kräuter gesammelt, falls wir Verletzte oder Kranke haben.“

      Im Moment machte sie auf naive Kräuterfrau. Aber das störte mich nicht, mit ihr würde es bestimmt nicht langweilig. Auch Waali würde ich mitnehmen.

      Meine Söhne Sinks und Betschep mit ihren Sippen waren die neuen Führer, sie wollten hier die Macht übernehmen und freuten sich schon darauf, nicht mehr hinter mir zu stehen. Ach, sollten sie doch. Vielleicht würde es sich Adonai ja noch einmal überlegen …

      Beim ersten Tageslicht brachen wir auf. Kein Abschied, keine Tränen. Dass Schiff trieb auf dem Fluss, mit leichtem Ruderschlag machten wir gute Fahrt. Tagsüber wurde gerudert oder der Wind trieb uns vornan. Gegen Sonnenuntergang in der Dämmerung ankerten wir nahe am Ufer. Oft kamen Tiere um zu trinken. So hatten wir immer frisches Fleisch und Fische gab es mehr als genug. Wenn es zu heiß wurde, ließen wir uns an einem Tau im Wasser hinterher ziehen. Es waren Halebs Schiff und seine Leute, er hatte die Führung übernommen. Ich erfreute mich an Waali.

      So gingen die Tage dahin, bis wir nach Babel kamen. Haleb hatte schon des Öfteren hier gehandelt. Wir tauschten drei Sklavinnen, die ich extra zu diesem Zweck mitgenommen hatte, gegen Goldschmuck und bronzene Pfeilspitzen.

      Alle Lichtgestalten veranlassten die Menschen Monumentalbauten zu errichten. Meistens waren es Stufentürme und Tempel. Zweimal im Jahr, zur Sonnenwende, wurden hier ausgelassene Orgien gefeiert, deren Höhepunkt die Schrecken einflößenden Menschenopfer waren.

      Priester brachten die Kinder der Wollust lebend im Feuer Baals als Oper dar. Es waren Säuglinge, die im Fruchtbarkeitstempel bei wilden Orgien gezeugt wurden.

      So wurden die Menschen an einen Ort zusammengeführt, damit sie uns verehren und wir sie beherrschen konnten.

      Je größer die Stadt, desto mehr Macht, Luxus, Reichtum.

      Amurru war der Stadtfürst, er hatte in Babel eine große Zikkurat errichten lassen.

      Wir gaben uns nicht zu erkennen; ich hatte es auch Tara verboten. Der Stadtkönig Amurru war für seine Habgier, Feindseligkeit und