John W. Dorsch

JENSEITSGEDANKEN


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und Missgunst sorgte für Zoff im Himmel.

      Alle Menschen, die gegenüber den übrigen Zeitgenossen irgendwelche hervorstechenden Eigenschaften besaßen, wurden posthum zu Halbgöttern – also Kinder von Göttern und Menschen erklärt.

      Ihre Götter trieben es so arg, dass die Germanen sie mit der Götterdämmerung abstrafen mussten.

      Als dann aus dem biblischen Morgenland ein Gott kam, der den Menschen mit den zehn Geboten eindeutige Gesetze gegeben und extra seinen Sohn auf die Erde geschickt hatte, um die Menschen mit ihm zu versöhnen, konnte man endlich die vermenschlichten Götterfamilien in Rente schicken.

      Man hatte jetzt einen einzelnen Gott, den man sich vorstellen konnte, der für alle menschlichen Belange ansprechbar, der gütig und hilfreich war und die Menschen liebte.

      Ja er hatte sogar versprochen, die Menschen nach dem Tode zu sich in den Himmel zu holen und sie für alles Ungemach, was ihnen auf Erden widerfahren war, zu entschädigen.

      Mit dieser Botschaft trat das Christentum seinen Siegeszug um den Erdball an, oftmals leider auch unter Zuhilfenahme von Feuer und Schwert, wenn die störrischen „Heiden“ - also die Nichtgläubigen - nicht gleich von selbst „zu Kreuze krochen“.

      Durch den Erfolg animiert, erschuf Mohammed aus dem zweiten orientalischen Lebenskreis eine neue Religion mit einem ähnlichen Konzept: ein Gott, der auf der Erde eine Persönlichkeit installiert, der den Menschen seinen Willen übermitteln sollte.

      Bei beiden Religionen stand das Miteinander im Vordergrund.

      Das Credo von Jesus war: Liebe deinen Nächsten, dann liebst du Gott und er dich.

      Mohammed kümmerte sich mehr um das weltliche Wohl: Hilfe für die Armen, für die Verwandten, die ihren Ernährer verloren hatten, Verbot von Speisen, die Krankheiten bringen konnten, sowie die tägliche Hygiene.

      Normalerweise hätten sich die beiden Religionen sehr gut ergänzen können.

      Während Jesus sich um das Seelenheil seiner Anhänger gekümmert hat, sorgte sich Mohammed mehr für das körperliche Wohl und Wehe seiner Anhängerschaft.

      Erstaunlicherweise mündeten beide Religionen - die ja auf das friedliche Miteinander ausgelegt waren - letztendlich in der Unterdrückung Andersgläubiger: mit Feuer und Schwert.

      Die Verbreitung ihrer Heilsbotschaft war den Anhängern bald wichtiger als deren Inhalt.

      Die Religionen, eigentlich für das Wohl der Menschen geschaffen, verkamen zu Macht-Institutionen, die Grenzen verschoben und sich damit auch die weltliche Macht einverleibten.

      Wie schon bei der weltlichen Herrschaft, verkamen auch die Religionen zu Hilfsmitteln machtgieriger Zeitgenossen.

      Gott war nur noch ein - wie man heute sagen würde -Label, unter dem die eigenen Machtansprüche verborgen wurden.

      Er war damit nur noch Mittel zum Zweck; wie und wer er war, spielte nur noch eine untergeordnete Rolle.

      In seinem Namen hatte man in der Kirche die Möglichkeit, die Erfolgsleiter immer höher zu steigen, und damit von Stufe zu Stufe für sich mehr Macht, Ansehen und weltliche Güter zu erlangen.

      Fürst-Bischöfe vereinigten weltliche und kirchliche Macht auf ihre Person und verschafften sich damit die Verfügungsgewalt über Körper und Seele ihrer Untertanen

      Aber wenden wir uns wieder dem eigentlichen Thema zu: wer, wie, wo, was oder wann ist Gott.

      Wir Menschen haben die Möglichkeit, uns nach Belieben in den drei Dimensionen zu bewegen, in denen wir gefangen sind: Höhe, Breite, Tiefe.

      In der vierten Dimension - der Zeit - ist uns nur eine Richtung erlaubt - und das in genau vorgegebener Geschwindigkeit.

      Gott haben wir die Herrschaft über Zeit und Raum zugebilligt.

      Dadurch ergibt sich eine äußerst interessante Perspektive.

      Zuvor müssen wir natürlich erst einmal versuchen, Gott eine Gestalt zu geben.

      Wer, wie oder was ist Gott?

      Wie sieht er aus?

      Lange Zeit hat es der Klerus verstanden, der Menschheit ein Bild von Gott zu vermitteln, welches man nur als Minimalbild verstehen kann: Der liebe Gott - ein alter Patriarch mit weißem Haar und Rauschebart, wallendem Gewand, auf einer Wolke am Himmel thronend – also in menschlichere Gestalt, weil er uns Menschen ja „nach seinem Bilde“ geschaffen hatte.

      Um ihn herum zu seinen Füßen die Schar der Engelchen.

      Für die unaufgeklärten Menschen damals mag es wohl richtig gewesen sein, Gott überschau- und begreifbar darzustellen, aber die Kirche hatte sich damit in ihrem eigenen Dogma gefangen, aus dem sie bis in die Jetztzeit nicht ohne Verlust ihrer Glaubwürdigkeit heraus kommen konnte.

      Noch heute werden Votiv-Bildchen verteilt, auf dem diese „Ordnung“ zu sehen ist.

      Ich gehe sicher nicht falsch in der Annahme, dass noch viele ältere Priester in dieser - eher kindlichen Anschauung - verhaftet sind.

      Gott hatte sich - bitteschön - nur um die Menschheit zu kümmern, da hatte er genug zu tun; war es doch selbst in diesem Minimalbild kaum begreiflich, dass er jeden Menschen gleichzeitig be- und überwachen, dabei auch noch alle Gebete und Bitten verstehen und natürlich auch erfüllen konnte.

      Wenn es also schon schwer war, sich dies bei einer Handvoll Menschen vorzustellen, wie sollte man nun den Gläubigen erklären, dass die Erde nicht Mittelpunkt des Universums, und damit der ganzen Schöpfung war?

      Wie, wenn es mehrere Welten mit Menschen gab - konnte Gott auch diese gleichzeitig hören und verstehen?

      Und wo war dann Gott zu suchen, als das Bild vom Wolkenthron am Himmel nicht mehr zu halten war?

      Galileo wäre bei dieser Frage beinahe den Ketzertod gestorben und erst vor wenigen Jahren hat die Kirche offiziell - aber in aller Stille - den Mann rehabilitiert.

      Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass, wenn man heute auch hohe Würdenträger der Kirche die Frage: wie, wo und was ist Gott stellt, noch immer eine ähnliche Antwort wie vor hunderten von Jahren bekommt, weil man keine Worte hat, dem gemeinen Kirchenvolk Gott zu beschreiben.

      Man weiß es ja selbst nicht.

      Man versuchte nun, den Himmel hinter den Sternen - also eine Stufe höher - anzusiedeln.

      Zwangsläufig musste Gott dadurch auch ein Stück größer werden, wenn man ihn von der Wolke ins Weltall übersiedelte.

      Als die moderne Wissenschaft mit ins Spiel kam, wurden - zum Teil verbal - wahre Glaubenskriege ausgefochten.

      Die Standpunkte waren anfangs klar: hier Kirche, dort die Wissenschaft - die Reihen fest geschlossen - und Gott dazwischen.

      Bald verwischten sich die Hauptkampflinien, denn viele Wissenschaftler versuchten, Gott in der Natur, in den Naturgesetzen aufzuspüren und zu finden, was Angesichts der dort herrschenden Harmonie nahe lag.

      Die uns umgebende Natur ist so ideal geschaffen und greift so fehlerlos ineinander, dass nur eine für uns unfassbare Kraft dahinter stehen muss.

      Dadurch kamen die Wissenschaftler erstaunlicherweise mit dem Begriff „Allgegenwärtig“, besser zurecht, als der Klerus.

      Je tiefer der Mensch in die Materie einstieg und sich dem Aufbau der Atome näherte, umso sicherer wurden viele Forscher in ihrer Annahme, dass nur einer die Möglichkeit hatte, diese Dinge zu schaffen und in Bewegung zu halten: eine göttliche Macht - Gott!

      Je weiter man in der Lage war, ins Weltall zu schauen, umso mehr verschoben sich wiederum die Grenzen - Gott wurde immer größer.

      Das alte Bild konnte nicht mehr stimmen.

      Der Erschaffer dieses Wunderwerks konnte nicht mehr der alte Mann mit dem langen, weißen Bart sein, der aufpassen musste, dass auch