John W. Dorsch

JENSEITSGEDANKEN


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Wissenschaft schob nicht nur die Grenzen des Universums, sondern damit auch die Größe des Schöpfers immer mehr ins Unendliche.

      Damit hat sie das Bild Gottes für die Kirche so unüberschaubar gewaltig gemacht, dass diese nun Schwierigkeiten hat, dies ihren Schäfchen zu verdeutlichen.

      Wie sieht ein Gott aus, der größer ist als das Universum, aber trotzdem alle Menschen auf dem winzigen Stäubchen ERDE verstehen und bewachen kann?

      Wie passt das Bild Gottes in die Kirche, wenn nicht mehr nur der Mensch ein Sandkorn im Vergleich zu Gott ist, sondern die Erde, unsere ganze Galaxie, ja das ganze Weltall?

      Das Sandkorn Mensch verschwindet im Nanobereich.

      Wie kann da der einzelne Mensch hoffen - oder verstehen - dass der liebe Gott tatsächlich noch seine Gebete hören kann - immer für ihn da ist?

      Gewiss, Gott ist allgegenwärtig.

      Aber wie kann er dies sein, bei vielleicht Milliarden von Planeten mit Milliarden von menschlichen Wesen?

      Und nicht nur sein Service an den menschlichen Geschöpfen mit ihren guten und bösen Taten: er muss nebenbei noch aufpassen, dass alle Himmelskörper der Weltenordnung folgen, dass es zur richtigen Jahreszeit schneit, und dass Pflanzen- und Tierwelt auch richtig der Evolution folgen.

      Sie dürfen schließlich keine Bocksprünge machen.

      Dies würde schließlich die Naturgesetze durcheinander bringen und der göttlichen Ordnung widersprechen.

      Die Kirche hat sich aus der Schlacht um das Bild Gottes auf einen - wie sie meint - strategisch günstigen Hügel zurückgezogen, um sich neu zu sammeln.

      Es blieb ihr auch nichts anderes übrig.

      Diesen Ort nennt sie: wo-die-Erkenntnis-endet-beginnt-der-Glaube.

      Nun ist es mit der Erkenntnis so eine Sache.

      Im Paradies gab es den Baum der Erkenntnis.

      Adam und Eva konnten von allen Früchten naschen, nur den Apfel vom Baum der Erkenntnis sollten sie meiden.

      Aus der Bibel wissen wir, wie die Geschichte endete.

      Eva verführte Adam auf Veranlassung der Schlange/Teufel, mit eben diesem Apfel, und postwendend flog man aus dem Paradies und fand sich auf der Erde wieder, die - wie wir alle wissen - alles andere als ein Paradies ist.

      Seit der Zeit versuchen die Menschen verzweifelt, wieder dorthin zurück zu kommen, oder sich zumindest ein Ersatzparadies zu schaffen.

      Wissenschaftlich gesehen fällt diese Zeit des Rauswurfs aus dem Paradies der Bibel mit der Menschwerdung unseres Primaten-Urgroßvaters zusammen.

      Hochintelligente Tiere wie die Primaten - soviel hat man schon herausgefunden - können zwar aufrecht gehen, miteinander kommunizieren, Werkzeuge und Waffen gebrauchen.

      Sie sind sogar in der Lage, Koalitionen mit anderen zu schließen, aber nichts deutet darauf hin, dass ein höheres Wesen wie Gott in ihrem Leben Platz einnahm..

      Dies bedeutet nichts anderes, als das der Schritt vom Tier zum Menschen durch die „Erkenntnis“ eines höheren - geistigen - Wesens erfolgt ist.

      Zwar fallen die Sorgen um die Kinder, die Nahrung und die Angst vor Fressfeinden auch schon in den tierischen Lebensbereich, aber das Bewusstsein über diese Dinge wird erst - zusammen mit der Ahnung von irgendwelchen übermenschlichen Kräften - zur Menschwerdung und damit zur Vertreibung aus dem „tierischen Lebens-Paradies“ geführt haben.

      Diese Gedanken oder Ahnungen von überirdischen Kräften haben sicher noch keine Beziehung zu einem Gottglauben gehabt.

      Man versuchte nur, alle Dinge, die der erwachende, menschliche Geist nicht verstand, guten und bösen Individuen zuzuschreiben.

      Gott eine menschliche Gestalt zu geben, tauchte m.E. erst mit der jüdischen Religion auf, nachdem zuvor nur von einigen Hochkulturen Mutter-Erde-Figuren in Menschengestalt überliefert sind.

      Aber bleiben wir noch einmal bei dieser „Erkenntnis“.

      Dass es nicht der Biss in den Apfel gewesen ist, der dem Menschen dieses Wissen um sich selbst gebracht hat, dürfen wir heute als gegeben annehmen.

      Wie kam es also über den Menschen - kam es plötzlich mit einem Blitz vom Himmel, wie die Feuerzungen zu Pfingsten über die Jünger, oder war dies ein langer Menschwerdungs-Prozess?

      Wie wirkte sich diese „Erkenntnis“ aus?

      Begann es wirklich so, wie es die Bibel sagt, dass Adam und Eva plötzlich ihre Nacktheit ent- und sich bedeckten?

      Dabei sind wir bei der bereits angeschnittenen Kardinalfrage der Menschheit: wann, oder wie, wurde aus dem Tier - dem Affen - ein Affenmensch - unser Vorvater: also ADAM?

      Wie schon gesagt, wissen wir heute von den hoch entwickelten Primaten, dass auch sie schon Werkzeuge benutzen, dass sie sich durch Zeichen- oder Lautsprache verständigen und zu sozialen Bindungen fähig sind.

      Selbst Ameisen und Termiten haben soziale und organisatorische Fähigkeiten entwickelt, die wir Menschen eigentlich nur für uns reklamiert hatten.

      Wo also beginnt die Erkenntnis - also die Menschwerdung?

      Oder ist mit der ERKENNTNIS nicht die Menschwerdung, sondern die Erkenntnis - das Erkennen Gottes gemeint?

      Ich habe da so eine Idee, die mich seit langem beschäftigt, ja die mein ganzes Weltbild ziemlich durcheinander gewirbelt hat.

      Ausgelöst wurde sie durch die Betrachtung eines Deckengemäldes von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle, auf dem Gott dem Menschen seine Hand entgegenstreckt, wobei sich sein Finger mit dem der ihm entgegengehaltenen Menschenhand beinahe berührt.

      Ich habe diese Allegorie zum Titelbild meines Buches gewählt.

      Wie, wenn Gott nicht gewollt hat, dass der Mensch die ERKENNTNIS, also die Gottähnlichkeit, einfach durch einen Biss in den Apfel erlangen konnte, sondern dass er sie selbst durch stetige Entwicklung mit Hilfe des ihm gegebenen Verstandes erwerben sollte?

      Wenn dies wirklich so ist, dann befinden wir uns erst am Anfang des langen Weges dahin, wo wir laut Schöpfungsplan erst am Ende unserer geistigen, ethischen und moralischen Entwicklung ankommen sollen.

      Wenn man sich die heutige Menschheit betrachtet, kann man ziemlich sicher sein, dass wir momentan in die falsche Richtung marschieren.

      Wenn dem so ist, hat sich der Mensch zwar weiterentwickelt, aber er hat seinen Verstand nur dazu benützt, sich selbst in den Mittelpunkt Schöpfung zu stellen und dadurch die von Gott gewollte Evolution zu negieren.

      Von Anfang an hat er begonnen, die ihm anvertraute Erde zu zerstören und von einer Brüderlichkeit untereinander sind wir seit dem Mord von Kain an Abel noch keinen Schritt weitergekommen.

      Wir haben in all den Jahrhunderten die gegenseitige Vernichtung unserer Mitmenschen - wenn sie uns in die Quere kommen oder unseren Interessen im Wege stehen - perfektioniert.

      Die Alternative wäre gewesen, statt Kriege zu führen, ihre geistige Reife weiter zu entwickeln; statt ihre Intelligenz mit der Konstruktion immer furchtbarerer Waffen, immer perverserer Tricks um an das Geld anderer Leute zu kommen, vergeuden.

      Stattdessen hätte er alle Kräfte in die Weiterentwicklung der Geisteswissenschaften investieren sollen, die sie irgendwann einmal zur wahren ERKENNTNIS geführt hätte.

      Dabei haben wir heute bereits die Fähigkeit entwickelt, die Erde wieder in ein Paradies zu verwandeln, und Ansätze für ein friedliches Zusammenleben der Menschen gibt es auch hier und da, aber das Streben nach Macht und Geld hat bislang den Weg zum Paradies verbaut.

      Erst wenn es gelingt, endlich vernunftbegabte Mitmenschen an die Regierungsstellen zu bringen, die dann das egomanische Streben unter Strafe stellen und die Mafia der heute Mächtigen abgelöst haben, könnten die Menschen sich auf den Weg ins Paradies und damit zu