Martin Danders

Der mit dem Wolf heult


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Aber er kann unsere Trennung nicht verhindern, denn ich werde jetzt, sozusagen als letztes Gepäckstück, nach unten verfrachtet. Allerdings werfen sie mich nicht in den Laderaum, sondern ich darf während der Fahrt im rechten Fußkasten bei Franzi sitzen. Thomas startet den Motor und fährt los.

      Nach ungefähr einer halben Stunde erreichen wir die neue Wohnung von Franzi in Charlottenburg. Franzi lässt mich aus dem Fahrzeug springen, greift noch ein Gepäckstück und läuft mit mir die Treppen hinauf. Sie öffnet eine alte Holztür und führt mich einmal durch alle Räume. Danach geht sie ohne mich wieder hinunter, um Thomas beim Tragen zu helfen. Die neue Wohnung ist lange nicht so schön, wie die von Rudi. Hier gibt es keine Dachterrasse und keinen Balkon, deswegen ist es für mich eine stinknormale, langweilige Etagenwohnung.

      Thomas und Franzi haben relativ schnell alle Kisten und Möbel die Treppen hochgetragen. Anschließend bringt er das Mietfahrzeug zurück. Typischerweise beginnt Franzi sofort mit dem Rücken der Möbel bis sie sich in der richtigen Position befinden. Anschließend holt sie ihre Sachen aus den Kisten, um sie gleich einzusortieren. Meine beiden Näpfe stellt sie in die Küche und füllt den einen mit Wasser und den anderen mit Futter auf. Obwohl mir heute fast der Appetit vergangen ist, fresse ich etwas. Danach lege ich mich traurig in das Wohnzimmer und vermisse jetzt schon meinen Rudi. Was wird er wohl heute Abend ohne mich machen?

      Wenig später betritt Thomas die Wohnung, hebt Franzi hoch, trägt sie ins Schlafzimmer und wirft sie aufs Bett. Sie kreischt dabei erfreut und zappelt wie ein Fisch, der aus dem Wasser geholt wird. Rasch entkleidet er sie und anschließend sich selbst. Nachdem er ihren Körper mit Küssen überdeckt hat, legt er sich auf sie und beginnt mit ihr Junge zu machen. Dabei geht sein Hintern ständig auf und ab. Ich kann diesen Anblick nicht mehr ertragen, gehe frustriert ins Wohnzimmer und lege mich dort auf den Boden. Aus dem Nachbarzimmer höre ich wie sie gemeinsam ihren Höhepunkt haben, denn sie schreien gerade wie Verrückte.

      8. Kapitel

      Heute am Samstag werde ich endlich Rudi wiedersehen, denn er wird mich nachher aus Franzis Charlottenburger Wohnung abholen, um mit mir spazieren zu gehen. Seit dem Auszug bei Rudi ist eine Woche vergangen, die für mich schrecklich war, weil ich ihn sehr vermisst habe. Franzi hatte kaum Zeit für mich, da sie sich permanent mit ihrem neuen Freund im Bett herumgewälzt hat. Gibt es nichts Wichtigeres auf der Welt als Sex? Bei Hündinnen funktioniert das völlig anders. Ich habe während meiner Läufigkeit nur vier Stehtage, an denen ich diskussionslos rammel, sonst passiert nichts. Aufdringliche Rüden beiße ich, begleitet von einem eindeutigen Warngeräusch, einfach weg. Wenn das nichts hilft, setze ich mich einfach auf meinen Hintern, sodass dann der heißblütige Verehrer keine Chance mehr hat. Aber bei Franzi scheint das nicht so zu sein, jedenfalls beißt sie Thomas nicht, damit er verschwindet.

      Franzi und Thomas werden wohl dieses Jahr noch heiraten, sobald er von seiner jetzigen Ehefrau geschieden ist. Bei dieser Angelegenheit finde ich Thomas ausgesprochen übereilig. An seiner Stelle würde ich mir doch erst einmal Franzi genauestens eine gewisse Zeit anschauen, bevor ich so eine schwerwiegende Entscheidung falle, denn sie ist bekanntermaßen wirklich keine einfache Person. In einer Beziehung ist sie kompliziert, streitsüchtig, brutal und gewalttätig, außerdem kann sie eiskalt sein. Bei so einer teuflischen Mischung würde ich es mir als Mann dreimal überlegen, auch wenn sie mit ihrem italienischen Typus verdammt gut aussieht. In der Öffentlichkeit wird sie von Männern so intensiv angestarrt, dass diese sich selbst vollkommen vergessen und wiederbelebt werden müssen. Was nützt einem Mann eine schöne Frau, wenn sie so eine Männermörderin ist? Sie macht die Männer reihenweise fertig, bevor sie es überhaupt merken. Armer Thomas! Meines Erachtens kann er sich jetzt schon bei einem Therapeuten anmelden.

      Nach meinem Frühstück lege ich mich auf meine Decke, um noch ein wenig zu schlafen. Franzi und Thomas gehen nochmal ins Bett, um mal wieder Liebe zu machen. Plötzlich läutet die Klingelanlage, deswegen laufe ich laut bellend und hoch erfreut in den Flur. Franzi hat sich einen Bademantel angezogen und betätigt den Türöffner. Zum Glück ist es Rudi, das höre ich an seinem typischen Tisza-Pfiff im Treppenhaus. Hurra, endlich ist er da!

      „Guten Morgen!“ sagt Rudi zu ihr mit einem ziemlichen unfreundlichen Gesicht, als sie ihm die Wohnungstür öffnet. „Guten Morgen!“ antwortet sie provokativ grinsend. „Ah, da ist ja meine liebe Tisza!“ begrüßt er mich und kniet vor mir auf dem Boden.

      Ich quietsche vor Freude, rolle mich auf meinen Rücken und strecke ihm meinen Bauch entgegen, damit er mich kraulen kann. Beim Massieren verharre ich, um es richtig lange zu genießen. Was für ein wunderbares Gefühl?

      „Tisza, wir gehen jetzt los! Lass uns diese fürchterliche Wohnung verlassen“, kommandiert Rudi. Franzi fragt ihn verärgert: „Wieso fürchterliche Wohnung?“ „Es liegt nicht an der Wohnung, sondern an dir“, antwortet er. „Ach so, dann geht mal jetzt“, sagt sie distanziert. „Wann soll ich sie zurückbringen?“ fragt er. „Morgen Abend“, antwortet sie. Er willigt mit einem: „O.K.!“ ein.

      Endlich gehen wir, denn auch ich bin froh diese fürchterliche Wohnung zu verlassen. Auf der Straße angekommen, springe ich glücklich in Rudis Bus. Anschließend fahren wir zum Teufelsberg im Grunewald. Nachdem er sein Vehikel auf einem großen Parkplatz abgestellt hat, laufen wir los. Zunächst lässt er mich angeleint, doch wenig später öffnet er den Karabiner, sodass ich mir erst mal meine überschüssige Energie ablaufen kann.

      Als wir ein Stück auf einem Waldweg gelaufen sind, entferne ich mich von Rudi und durchstöbere das Unterholz. Plötzlich sehe ich direkt vor mir ein großes Wildschwein mit vielen kleinen, gestreiften Frischlingen. Die Bache findet mich überhaupt nicht nett und schaut mich mit starren Augen durchbohrend an. Sofort bleibe ich stehen, knurre sie an und stelle mein Fell zu einer Borste auf, um sie zu beeindrucken. Leider ist mit der Bache überhaupt nicht zu scherzen, denn plötzlich rennt sie mit voller Geschwindigkeit auf mich zu. Da sie wesentlich größer ist als ich, entscheide ich mich kurzfristig für eine sofortige Flucht. Rudi befindet sich nachwievor auf dem Waldweg und ahnt nichts Böses. Um ihn nicht zu gefährden, renne ich zunächst in den Wald, aber die Bache sprintet mir im vollen Galopp hinterher. Dann wechsele ich mehrfach meine Fluchtrichtung, indem ich mehrere Haken schlage, aber dadurch kann ich sie leider auch nicht abschütteln. Da mich langsam die Angst packt, renne ich jetzt zu Rudi, der meine missliche Lage bemerkt hat und sich inzwischen mit einem Holzknüppel bewaffnet hat. Als ich Rudi auf dem Waldweg erreicht habe, stoppe ich und stelle mich böse knurrend in Richtung des kurz bevorstehenden Frontalangriffs schauend neben ihn. Die Bache denkt nicht daran stehen zu bleiben und rast weiter auf uns zu. Rudi schreit wie ein Neandertaler und schwenkt dabei drohend seinen dicken Holzknüppel. Kurz vor uns, stoppt dieses wildgewordene Schwein mit einer Vollbremsung und starrt uns dabei böse an. In meinem weiteren Leben werde ich ihren Blick wohl niemals vergessen. Gott sei Dank dreht sich die Bache plötzlich um und rennt zurück zu ihren Nachkommen. Mir fällt ein Stein vom Herzen!

      „Mein lieber Herr Gesangsverein, das war wirklich eine Scheißsituation! Ich habe mir fast vor Angst in die Hose geschissen“, sagt Rudi entsetzt mit einem kreideweißen Gesicht. „Scheinbar haben wir die wütende Bache mit deiner Drohgebärde und meinem Gebrüll einschließlich Knüppel doch beeindruckt. Ich bin richtig stolz auf dich“, meint er und streichelt mir anerkennend meinen Kopf.

      Natürlich konnte ich mir wegen meiner Angst nicht in die Hose scheißen, weil ich keine trage. Aber ich hätte fast auf den Waldweg geschissen, als ich verteidigungsbereit neben Rudi stand. Mit der Bache war partout nicht zu spaßen, die hatte überhaupt keinen Humor. Oh je, ich muss jetzt wesentlich mehr aufpassen, als zuvor. Mein Erregungspegel befindet sich immer noch am obersten Level. Als wir weiter durch den Wald gehen, schaue ich häufig ins Unterholz, ob uns nicht noch ein weiteres Wildschwein oder ein anderes böses Ungeheuer auflauert.

      Nachdem wir eine große Runde im Grunewald gelaufen sind, erreichen wir zum Glück ohne weitere Zwischenfälle unseren Bus. Als Rudi die Schiebetür geöffnet hat, steige ich ein und setzte mich auf den Beifahrersitz. Wenig später fahren wir quer durch die Stadt direkt nach Kreuzberg zu Rudis Dachwohnung.

      Rudi parkt unsern