Nick Hermanns

In der Hitze Havannas


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der Kühlbox und gab jedem eine in die Hand.

      Wir öffneten sie synchron und stießen damit an.

      „Auf Deinen neuen Freund, Ty!“

      Tyler grinste.

      „Wir waren heute einkaufen. Erst Timmy allein und dann wir beide zusammen. Was Du hier siehst, haben wir zusammen ausgesucht. Was Tim alleine gekauft hat, siehst Du dann wahrscheinlich an Halloween.“

      „Du Mistkerl So schlimm ist der andere Anzug wirklich nicht.“

      Tyler drückte Tim an sich und küsste ihn auf den Scheitel.

      „Warum sind die Steaks noch nicht auf dem Grill?“

      „Keine Panik, Jungs. Ich hab’ sie vorgekocht. In nicht mal zehn Minuten könne wir essen.“

      „Gekochte Steaks?“ Tim schauderte. „Soll ich Pizza bestellen?“

      „Ein bisschen Vertrauen in Euren Freund aus dem guten alten Europa solltet Ihr schon haben. Außerdem esst Ihr ja nicht zum ersten Mal bei mir Steaks. Ich hab’ nur zum ersten Mal verraten, wie ich sie zubereite.“

      Ich schüttete die heißen Kohlen auf die untere Ebene des Grills, legte den oberen Rost auf und schloss den Deckel, um die richtige Hitze zu bekommen. Nach kurzer Zeit zeigte das Thermometer 500 Grad Fahrenheit an. Ich hob den Deckel an und legte die drei Steaks auf den glühend heißen Grill.

      „Zwei Minuten von jeder Seite. Dann sind die Dinger schön dunkel gebraten, haben Grillaroma und sind innen rosa mit einem roten Kern.“

      Tyler griff sich ein neues Bier.

      „Tims schicke Klamotten sind nicht die einzigen Neuigkeiten. Wir haben eine reiche Klientin, deren Auftrag uns ganz sicher ein paar Wochen beschäftigen wird.“

      Ich sah ihn an und nickte.

      „Das ist gut. Der andere Kleinkram, an dem wir arbeiten, zahlt kaum die Fixkosten.“

      Ich drehte mit der langen Grillzange die Steaks um und verbrannte mir die Pfoten. George schlenderte betont unauffällig auf die Terrasse und ließ sich, nachdem er Tyler und Tim angewedelt hatte, seufzend in der Nähe des Tischs nieder. Er spekulierte eindeutig auf die anfallenden Knochen.

      „Setzt Euch. Nehmt Euch ein Bier mit. Ich bringe in einer Minute die Steaks. Und dann reden wir über unseren neuen Fall.“

      ***

      Als Magdalena Sanchez am Tatort eintraf, waren der Gerichtsmediziner und die Spurensicherung mit ihrer Arbeit mehr oder weniger fertig.

      „Was haben wir hier?“

      „Zwei Leichen. Maggy. Noch nicht identifiziert, weil sie keine Papiere dabei hatten. Die Fingerabdrücke sind aber schon unterwegs an die Kollegen. Ohne jeden Zweifel sind sie nicht hier getötet worden. Man hat sie hier nur abgeladen. Beide sind durch einen sauberen Schuss mitten in die Stirn getötet worden. Außerdem haben beide das jeweils rechte Knie verbunden. Warum, wird die Obduktion zeigen. Außerdem sind beide miserabel gekleidet. Das ist allerdings meine persönliche Meinung und wird nicht im offiziellen Bericht stehen.“ Der Gerichtsmediziner grinste.

      „Danke, Doc.“ Mag kannte Dr. Carlos Nuñez seit ein paar Jahren. Sie war ein Mal am Anfang ihrer Bekanntschaft mit ihm ausgegangen. Er war eigentlich nett, in seinem Job kompetent und hatte Humor. Aber die falschen Ansichten, was den Verlauf eines ersten Dates betraf. Außerdem nannte er sie Maggy. Was sie hasste. Insofern hatte sie den Abend mit ihm nicht wiederholt. Das musste jetzt auch schon wieder fünf, sechs Jahre her sein, damals hatte sie noch im alten Parker Center gearbeitet. Seit 2009 war das LAPD nun im neuen Hauptquartier an der First und Main Street untergebracht.

      Mag sah sich um. Die Leichen lagen in einer Sackgasse nahe des Los Angeles River, mitten in einem alten Industriegebiet. Kein schlechter Platz, wenn es darum ging, nachts zwei Körper aus dem Auto zu werfen. Und genau so sah es aus: als hätte jemand die beiden einfach aus dem Auto gekippt, ohne sich lange damit aufzuhalten. Kein Ritual, keine Inszenierung, keine Botschaft, außer eben der, dass man zwei Menschen rasch und unkompliziert entsorgen wollte. Dass sie bei Tagesbeginn gefunden würden, war dem Täter offenbar egal.

      „Können wir sie wegbringen?“ Der Fahrer des Leichenwagens sah Magdalena und den Doktor fragend an.

      „Meinetwegen ja. Maggy?“

      „Ja. Ich melde mich dann bei Ihnen wegen des Obduktionsberichts. Wann werden Sie soweit sein?“

      „Es ist gerade überraschend ruhig. Rufen Sie mich morgen Nachmittag an, OK?“

      „Danke, das mach ich.“

      Nuñez sah Magdalena nach, als sie zu ihrem Wagen ging. Verdammt niedlich. Mit ihrer Jennifer-Lopez-Figur und den langen dunklen Locken. Der Doc seufzte. Zu schade, dass das mit ihr nicht geklappt hatte damals. Andererseits... vielleicht sollte er gelegentlich einen neuen Anlauf nehmen.

      ***

      Ich will mich ja nicht selber loben, aber: Die T-Bone-Steaks waren ein Gedicht. Ein recht umfangreiches Gedicht, und so schob Tim als erster den Teller von sich weg und stöhnte behaglich.

      „Break. Ich brauche eine Pause. Und einen kleinen Whisky.“

      „Klingt nach einem Plan.“ Ty nickte zustimmend.

      Ich legte ebenfalls mein Besteck beiseite und ging ins Haus. Mit drei Whisky-Tumblern, einer Flasche Single Malt und meinem Humidor kehrte ich auf die Terrasse zurück.

      „Falls außer mir noch jemand eine Zigarre möchte, bedient Euch. Cutter und Feuerzeug liegen im Humidor. Ich mache noch ein schnell Kaffee.“

      „Espresso!”, sagte Tim.

      „Espresso!”, echote Tyler.

      „Espresso“, sagte ich schulterzuckend. „Was denn sonst?“

      Als drei Zigarren entzündet und drei Espressi getrunken waren, nahm jeder von uns seinen Tumbler, zwei Finger hoch gefüllt mit golden schimmerndem Ardbeg Ten, und Tyler begann zu sprechen.

      „Ich hatte heute früh Besuch von Catherine Remington, 37, und Gattin des Industriellen Oliver Remington, 55. Der ist laut Catherine seit drei Tagen nicht mehr zuhause aufgetaucht. Das ist angeblich nie zuvor geschehen. Er ist treu, ein liebevoller Vater, hat keine Feinde, macht keinerlei unsaubere Geschäfte, hat in der Firma einen Partner, der sein bester Freund ist. Und ist überhaupt ein Heiliger. Sagt seine Frau.“

      „Finanzielle Probleme?”, fragte ich.

      „Nein, natürlich nicht. Die Firma flutscht nur so. Sagt wiederum seine Frau. Was wir alles noch – soweit möglich – überprüfen müssen. Dass das zumindest ein Teil davon nicht die Wahrheit sein kann, davon können wir wohl getrost ausgehen. Niemand ist so ein Engel.“

      „Glaubt Misses Remington, was sie sagt?”, fragte Tim.

      „Gute Frage, ich kann sie noch nicht so richtig einschätzen. Sie war sichtbar davon aus der Bahn geworfen, dass ich schwarz bin. Sie sieht nach reicher, konservativer, hochnäsiger WASP-Familie aus. Vermutlich hat mein Urgroßvater bei ihrem Urgroßvater noch Baumwolle gepflückt. Sie erscheint mir merkwürdig kalt, fast als sei das Verschwinden ihres Mannes eher ein gesellschaftliches als ein gefühlsmäßiges Problem für sie.“

      „Kinder?”, wollte ich wissen.

      „Zwei. Ein erwachsener Sohn, Benjamin, der auf irgendeiner Schnösel-Uni studiert. Und Lucy, die elfjährige Tochter. Ben ist Olivers Sohn aus erster Ehe, Lucy ist ihre gemeinsame Tochter.“

      „Was macht Remingtons Firma eigentlich?”, warf Tim ein.

      „Technologie. Sie entwickeln im Auftrag alle möglichen komplizierten Dinge, überwiegend für die Autoindustrie.“

      „Wie kam seine Frau auf uns?“

      „Peter Berenson, Du kennst ihn nicht, Bob. Er war vor drei

       oder vier Jahren unser Klient, als