Alfred Broi

Genesis IV


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auch da zu viel Feindpräsenz ist! Außerdem ist der Weg sicher nicht kürzer, als dieser hier!“

      „Sie mögen die Eiswüste wohl nicht, was?“ fragte Kendig.

      Shamos schüttelte den Kopf. „Nicht sehr!“

      Kendig lächelte. „Aber jetzt sind wir nun mal hier! Entspannen sie sich trotzdem. Wir fliegen mit höchstmöglicher Geschwindigkeit und werden die Ostküste in wenigen Stunden erreicht haben. Kein Grund zur Sorge!“

      „Ich wüsste dann auch gleich mal...!“ rief Rimbo mit fester Stimme. „...wie wir uns die Zeit bis dahin sinnvoll vertreiben könnten, ohne dass hier Langeweile aufkommt!“

      „Vergiss es!“ erwiderte Idis sofort. „Wenn dich einer krault, dann bin das ja wohl nur noch ich und ich habe jetzt keine Lust dazu. Und deine hässlichen, miefenden Füße küsst hier garantiert auch niemand!“ Sie stöhnte gestresst auf.

      Rimbo lachte auf. „Jetzt, wo du es sagst, wären das keine schlechten Ideen gewesen, aber...!“ Er wurde wieder ernst. „...das habe ich gar nicht gemeint!“

      „Sondern?“ fragte Malawi.

      „Na, wie wäre es denn mal mit einer guten, abschließenden Erklärung, warum wir hier alle so hübsch zusammen hocken und nach Ajuminaja fliegen?“

      Für einen Moment trat Stille ein, weil scheinbar niemand genau wusste, worauf Rimbo hinauswollte.

      „Was meinst du?“ fragte dann auch Kendig.

      „Ich weiß nicht, wie es dir geht...!“ erwiderte Rimbo. „...aber ich bin mir nicht wirklich sicher, weshalb ich hier sitze. Klar...!“ fügte er schnell hinzu, als er sah, dass Kendig noch immer nicht verstand. „...wir wollen die Welt retten...!“ Er verdrehte die Augen. „...aber ich für meinen Teil weiß nicht so recht wie! Shamos und Pater Matu waren zwar sehr überzeugend, aber das alles ging mir eigentlich viel zu schnell. Und jetzt weiß ich nicht mehr wirklich, ob ich hier noch das Richtige tue oder was ich überhaupt hier tue!?“

      Kendig wollte schon zu einer schnellen Antwort ansetzen, doch er stoppte ab und überlegte. Dann meinte er. „Du hast Recht! Ich könnte auch noch einen Nachschlag an Motivation vertragen!“ Er drehte sich zu Shamos und schaute erst ihn, dann Pater Matu mit großen Augen an. „Also?“

      Während Shamos sichtlich irritiert war, musste Matu lächeln. „Was wollen sie denn wissen?“

      „Ähm...!“ begann Kendig. „...wie wäre es, wenn sie uns noch mal von dem glorreichen Geistesblitz erzählen, der ihnen diese...irrwitzige Idee geliefert hat, wegen derer wir jetzt hier diesen beschaulichen Flug über Land machen!? Schließlich waren auch Malawi und Idis gar nicht dabei“

      „Und ich...!“ rief Esha dazwischen.

      Kendig nickte. „Und Esha! Es wäre daher sicherlich sinnvoll, wenn sie so tun würden, als hätten wir gar keine Ahnung, was eigentlich abgeht!“

      Wieder grinste Matu. „Seelig sind die Unwissenden!“

      „Ja, aber auch ohne Motivation!“ erwiderte Rimbo. „Und ich nehme doch an, sie wollen ein engagiertes Team an ihrer Seite, oder?“

      „Klar!“ Der Geistliche nickte sofort. „Aber ich denke, dann sollte Shamos damit anfangen!“

      „Was, ich?“

      „Ja! Schließlich hat es bei ihnen zuerst geblitzt!“

      Shamos wollte etwas erwidern, doch er sah ein, dass der Pater Recht hatte. Also räusperte er sich wieder und begann dann zu erzählen. „Ich weiß nicht...? Es war einfach ein Gedanke, der mir durch den Kopf zuckte. Als ich Jorik dort auf den Knien sah und seine Verzweiflung spürte und dann auch seine Worte hörte...!“

      Malawi und Idis, die die Vorgeschichte ja überhaupt nicht kannten, schauten sich verwirrt an. „Jorik? Verzweiflung? Worte?“

      Matu erklärte daraufhin. „Als Jorik vom letzten Einsatz zurückkam, ging er zu Marivar in die Krankenstation. Dort war eine junge Frau gerade dabei, zu entbinden. Nachdem das Kind geboren war, erlitt sie einen Blutsturz und es bestand die Gefahr, dass sie sterben würde. Also hat Marivar Jorik gebeten, sich um das Kind zu kümmern!“

      „Aber...?“ Malawi stutze mit finsterer Miene. „...wie kann sie ein Neugeborenes aus der Hand geben?“

      „Weil...!“ Matu stockte und Schmerz zeigte sich in seinem Gesicht. „...es zwar gerade erst das Licht der Welt erblickt hatte, aber dennoch schon mit dem Tode rang!“ Er blickte sich um und sah in den Gesichtern der anderen tiefe Bestürzung. „Das Gift um uns herum hat ihm keine Chance gelassen. Wir mögen uns noch dagegen erwehren können, ein so kleines Geschöpf aber sicher nicht!“

      „Und dann?“ fragte Esha.

      „Jorik rannte mit dem Baby auf die Galerie und schließlich nach draußen!“ führte Shamos weiter aus. „Er wollte, dass es wenigstens einmal den Himmel und das Licht der Sonne erblicken konnte, bevor es...!“ Er verstummte und schluckte. „Das gelang ihm auch, doch leider nicht mehr als das. Das Baby starb bereits wenige Augenblicke später in seinen Armen!“ Wieder schluckte er. „Und ich nehme an, dass ihn diese Szene an seine eigene Tochter Daria erinnert hat, die er zusammen mit seiner Frau Alisha bei der ersten Angriffswelle auf Ara Bandiks verloren hatte. Auch Daria hatte er in den Armen gehalten, als die Hölle über uns allen losbrach. Am Ende hatte auch sie nur wenige Minuten zu leben gehabt!“ Shamos stoppte und atmete einmal tief durch. Dann räusperte er sich erneut und fuhr mit festerer Stimme fort. „Die Erinnerungen nahmen ihm wohl seine Kraft und er fiel auf die Knie. Dann brüllte er all seinen Schmerz und all seine Verzweiflung heraus. Das habe ich gesehen, gehört und ganz tief im Herzen auch gefühlt. Ich war nahe dran, ebenfalls zu schreien. Sieben Jahre dauert dieser verfluchte Krieg jetzt an, sieben gottverdammte Jahre, in denen wir jeden Tag immer und immer wieder ums Überleben gekämpft haben. Doch was haben wir erreicht? Der Feind ist noch immer da. Wir können zwar verhindern, dass er die Oberhand gewinnt, doch ihn besiegen können wir auch nicht. Dennoch haben wir es weiß Gott wie oft versucht und wirklich mit allen Mitteln. Doch was hat es uns gebracht? Nur weitere, furchtbare Opfer und die Erkenntnis, dass wir in der Wahl unserer Waffen zu sorglos waren. Um den Feind zu besiegen, haben wir zu Mitteln gegriffen, deren Konsequenzen wir nicht abschätzen konnten...oder wollten. Und jetzt ist es zu spät. Für Jeden von uns. Unsere Gifte, die Gifte, die der Feind mit seinen riesigen Maschinen in den Himmel sprüht, all das hat dafür gesorgt, dass die Atmosphäre des Planeten irreparabel geschädigt wurde. Die Auswirkungen bekommen wir seit einiger Zeit immer heftiger zu spüren und sie beschränken sich nicht nur auf die Luft und das Wetter, sondern haben das Erdreich, das Wasser...den ganzen Planeten bereits durchdrungen. Was wir gerade erleben, ist nur der Anfang einer globalen Katastrophe, die ihre Vorboten noch viel schlimmer und wuchtiger über uns senden wird, bevor das Ende kommt!“

      „Das…Ende?“ fragte Idis voller Sorge.

      Shamos nickte. „Wir haben Santara unwiderruflich zerstört. Wir alle werden sterben. Wenn nicht durch die Hand des Feindes, dann durch die Hand des Planeten. Niemand wird überleben. Auch der Feind nicht, was für einige vielleicht ein kleiner Trost sein mag!“

      „Und...?“ Malawis Stimme zitterte. „...wann?“

      „Sechs Monate...! Maximal ein Jahr!“

      „Aber...?“ Malawi verstummte. Sie hatte Tränen in den Augen. Das hatte ihr noch niemand gesagt. Sie war schlicht entsetzt, so wie alle anderen auch und es entstand für einen langen Moment eine tiefe, bedrückende Stille.

      Bis sich Rimbo räusperte und alle aus ihrer Lethargie riss. „Verdammt Shamos! Sie sollten uns doch motivieren und nicht die Passagiere in Angst und Schrecken versetzen!“

      „Es...tut mir leid, dass ich ihnen keine besseren Nachrichten geben kann!“ Shamos war sichtlich betrübt.

      „Das hätten sie sich überlegen sollen, bevor sie sich hier als Animationsbremse outen!“ rief Rimbo jedoch.

      Bevor