Udo Horst Barsuhn

Coon: Großes Finale


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gibt jetzt mit ausgekühlter Holzasche, Kaffeepulverresten und kalten Teeblätterabfällen Düngemittelunterstützung für die Pflanzen. Doch ist die Pfalz witterungstechnisch gesehen eine gesegnete Region und wenn es bei uns einmal den seltenen Schnee gibt, ist es in anderen Teilen Deutschlands wesentlich schlimmer bestellt. Da wird in den Nachrichten von eingeschneiten Wintersportorten in den Alpen berichtet, die von den Urlaubern nicht mehr verlassen werden können. In einer Region wird die zweithöchste Lawinenwarnung ausgesprochen, bei Berchtesgaden müssen über 300 Personen mit Lebensmitteln versorgt werden, die nur noch mit dem Lastwagen gebracht werden können. Auch in der Nähe von Bad Tölz ist man auf Hilfslieferungen angewiesen, weil die normalen Zufahrtsstraßen gesperrt werden mussten. Unterrichtsausfälle, vor allem in Südbayern, weil die Schüler nicht mehr zu ihren Schulen gelangen können. In extremen Lagen haben nur noch einige Spezialhubschrauber die Möglichkeit der Landung und der Aufnahme von wenigen Passagieren. Ob sich diese Menschen für unersetzlich halten und durch Vertragsunterzeichnungen oder andere geschäftliche Anlässe unbedingt sofort ausgeflogen werden müssen, oder es sich um Patienten handelt die dringend in eine bestimmte Klinik gelangen müssen, möchte ich an dieser Stelle dahingestellt sein lassen. Auf jeden Fall werden bei extremen Schneefällen die Hausdächer von den tonnenschweren Schneelasten befreit, um ein Einstürzen der Dächer zu verhindern. Besonders verheerend ist die Gewichtszunahme auf den Dächern, wenn es in den oberen Wolkengebieten wärmer ist und es auf die hohen Schneedächer regnet. Der Schnee nimmt das Wasser in sich förmlich auf und entspricht jetzt fast einem schweren, vollgesaugtem Schwamm. Wenn noch die Dachneigungen berücksichtigt werden, die eventuelle Teilglätte des Untergrunds und die Schwere der Arbeit, ist es ganz bestimmt kein leichtes Unterfangen die vollgepumpte Schnee-Wasser-Mischung vom Dach herunterzudrücken. Mein Kompliment an alle die an solchen Aktionen beteiligt sind und den Hausbewohnern Soforthilfe leisten

      .

      Ich besuche meine Freundin Gisela, eine pensionierte Lehrerin, mit ihrem weißen Malteserhund Maxl. Mittlerweile hat die alte Dame zwar die 80 Lebensjahre schon überschritten, ist aber nach wie vor an ihrem Garten, an Geschichte und täglichen Informationen interessiert. Maxl hat mich schon frühzeitig bemerkt und begrüßt mich überschwänglich, wobei er allerdings zu lautes Bellen vermeidet, weil ihm bekannt ist, dass ich zu laute Geräusche einfach nicht mag und bevor er sich eine kleine Tatze von mir einfängt, ist er lieber rücksichtsvoll.

      Ich werde in die Küche gebeten und schon seit die Eingangstüre geöffnet wurde, konnte ich den Duft erschnuppern. Gisela lacht und meint: „Aha, unser Herr Feinschmecker hat mitbekommen, dass ich ein Hähnchen im Backofen grillen lasse. Das Fleisch ist schon gar, aber es ist noch zu heiß, deshalb müssen wir noch einige Minuten warten. Ich bin gerade am Lesen der Tageszeitung, setze dich zu uns, danach geben Maxl und ich auch ein gutes Stück des Geflügels an dich ab“. Tja, die Gisela, die kennt sich aus und ist so weise einen lieben Kater wie mich mit solchen Äußerungen zu erfreuen. Während ich aufmerksam zuhöre was sie aus der Zeitung vorliest, legt sich Maxl auf den Boden und schließt die Augen. Gisela räuspert sich: „Am Samstag hat es in Duisburg ein besonderes Ereignis gegeben: Ein Auto ist an einer Kreuzung mit einem anderen Wagen zusammengestoßen. Zunächst hat alles nach einem normalen Blechschaden-Unfall ausgesehen, doch wie die Polizei dann ermittelt hat war folgendes vorgefallen: Der Unfallverursacher, ein 70ig jähriger Mann hatte eine 34 jährige Beifahrerin. Die Beifahrerin war auf dem Schoß des Mannes gesessen und die beiden hatten während der Fahrt Sex miteinander. Das Lenken, Schalten und Bedienen der Pedale haben sich die beiden geteilt, je nachdem wer in der jeweiligen Situation irgendwo noch am besten drangekommen ist. Die Polizei hat dann weiter nachgeforscht und dann feststellen müssen, dass keiner der beiden Sexpartner einen Führerschein hatte, deshalb konnte dieser auch nicht eingezogen werden“.

      Gisela schüttelt ungläubig den Kopf und murmelt vor sich hin, als sie das Brathähnchen aus dem Backofen holt: „Der Kerl war fast so alt wie ich, seine Beifahrerin nur halb so alt, Respekt, Respekt“. Dann lacht sie auf und zerteilt den Vogel, wobei sie diese Tätigkeit immer wieder lachend kurz unterbrechen muss, wahrscheinlich denkt sie dabei jeweils an die „Verkehrssituation“ in Duisburg. Gemeinsam haben wir uns dann den Vogel schmecken lassen. Ich habe vorwiegend weißes Fleisch auf meinem Teller, damit die Würzung nicht so stark ist, während sich Maxl und Gisela die angebräunte Haut und den Rest des weißen Fleisches teilen. Zusätzlich haben sie noch Kartoffeln und etwas Rosenkohl auf ihren Tellern. Nach dem Essen bin ich noch geblieben bis Gisela den Abwasch erledigt hat, habe sie dann noch für die geschmackvolle Essenzubereitung mit zwei, drei Miau-Rufen gelobt und bin dann wieder ins Freie gegangen, denn es ist mittlerweile dunkel geworden und schließlich habe ich noch einen Hauptjob als Nagetierbeauftragter, der das Überhandnehmen der Fellträger in meinem Gebiet verhindert.

      Ende Januar, es hat diese Nacht auch in meinem Gebiet geschneit. Hurra, wie lustig ist es die leichten Schneeflocken auf der Nasenspitze schmelzen zu fühlen. Die Luft erscheint würzig und mit feinen Salzen angereichert zu sein. Der Schnee bleibt liegen und ich mache mir einen Spaß daraus mit einen Pfoten Abdrücke im frischen Schnee zu hinterlassen. Absichtlich gehe ich mal etwas mehr von links nach rechts und schaue dann hinter mich. Die Spuren sehen fast so aus wie bei betrunkenen Menschen, wenn sie nach ausreichendem Alkoholkonsum den ganzen Bürgersteig benötigen und mal hierhin, mal dorthin torkeln. Manchmal haben sie sich aber so „abgefüllt“, dass sie sogar auf den Boden sinken und dort ihren Rausch ausschlafen wollen. Bestimmt werden sich einige aufmerksame Beobachter über meine kurvigen Fußabdrücke wundern, doch weil der Schneefall etwas stärker wird, sind meine Spuren schon bald überdeckt und bleiben zu meinem Leidwesen unbemerkt. Wie hatte doch der Dichter Rainer Maria Rilke so treffend ausgeführt: „Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe“.

      Ich bin in die 1.Querstraße Nummer 9 gegangen, dort wohnt Jürgen, ein ganz gemeiner Bursche. Er ist ausgerechnet der Geselle meines guten Freundes des Metzgers Josef. Jürgen hat zwei ausgewachsene Boxer-Hunde, einmal das 25 kg schwere Weibchen „Shila“ und dann den Rüden „Jack“, der 40 kg Gewicht haben dürfte. Jürgen schießt mit seinem Luftdruckgewehr gerne Vögel und andere Tiere an und lässt die verletzten Kreaturen dann von seinen beiden Hunden, bei lebendigem Leibe zerfetzen. Er hat auch meinen Freund, den kastrierten Kater Tiger, der zusammen mit der blonden Studentin Petra, in der 2.Querstraße lebt, hinten links angeschossen und den armen Kerl zum Krüppel gemacht, der an manchen Tagen nur sehr schwer humpelnd laufen kann. Zum Glück hat es damals Tiger noch geschafft über die Gartenmauer von Jürgens Grundstück zu kommen, bevor ihn die beiden Boxer-Bestien zerrupfen konnten – doch manchmal wacht mein armer Freund noch heute in der Erinnerung an die damaligen Geschehnisse zitternd auf.

      Ich vergewissere mich, dass die Fenster nicht geöffnet sind und ich somit von einer Kugel nicht überrascht werden kann, dann bin ich auf die Mauer von Jürgens Grundstück gehuscht, rasch hinunter in seinen Garten gesprungen und habe dann so viele Duftmarkierungen wie möglich hinterlassen. Die Hunde werden morgen bei ihrem Gartenrundgang alles erschnuppern und dann wieder herumgeifern, doch da werde ich schon lange nicht mehr hier sein. Der nach wie vor fallende Schnee verwischt derweilen meine Spuren und so hinterlasse ich nichts als stark riechende Fäkalien auf seinem Gelände. Bei meinem nächsten Besuch bei Tiger werde ich ihm davon berichten, damit er sich wenigstens ein klein wenig an meinem Streich erfreuen kann.

      Am nächsten Tag, es ist ein Freitag. Normalerweise sind doch meine beiden Sorgenkinder Manfred und Martina nur am Wochenende, oder im Urlaub gemeinsam da. Etwas misstrauisch geworden bemerke ich den gespannten Blick der beiden, als ich an meine Futterschüssel gehe. Wieso sind die beiden so erpicht darauf wie ich mich beim Essen verhalte? Das Futter ist offensichtlich das gleiche, das ich auch sonst immer bekomme und auch die Ration ist in Ordnung. Doch wenn sich die beiden angespannt gegenseitig lächelnd zunicken und dann wieder aufmerksam zu mir und meinem Futter sehen, macht mich das mehr als misstrauisch. Ich schnuppere auch am Wasser und das scheint ganz rein zu sein, also zuerst einmal Wasser trinken und dann vortäuschen ich hätte derzeit noch gar keinen Appetit. Als Kater von Welt kenne ich natürlich auch den Trick erst anzutäuschen und dann zuzuschlagen, also erst einmal so machen als wäre ich sehr müde und würde jetzt ein Nickerchen halten wollen. Nachdem ich scheinbar schlafe und meine Augen nur einen kleinen Schlitz geöffnet halte, stehen meine beiden Menschen etwas enttäuscht vom Küchentisch auf, heben ihre Schultern und machen sich dann fertig um noch Einkäufe