Direkt vorm Personaleingang wartete Frank in seinem Wagen.
„Tut mir leid“, entschuldigte ich mich gleich für mein Zuspätkommen.
Vorm Kino standen die Anderen und warteten auf uns. David hatte die Karten in der Hand. Wir saßen in der letzten Reihe. David ging vor und da ich direkt hinter ihm war, setzte ich mich gleich auf den Platz neben ihm, auf der anderen Seite ließ Robin sich fallen. Kaum saß ich, stand Toni vor mir. Sie packte mich an den Armen und zog mich einfach hoch.
„Hier sitz’ ich!“ bestimmte sie.
Etwas irritiert sah ich sie an, drehte mich dann aber wortlos um und drängelte mich an Robin vorbei. Neben ihm saß Frank. Ich legte beide Hände auf seine Schultern, beugte mich zu ihm nach vorne, sah ihn mit großen Augen an und bat:
„Lässt du mich neben Robin sitzen? Bitte!“
Zu meiner Verwunderung stand er tatsächlich auf und diskutierte dann mit Matthew, weil er seinen Platz wollte. Der rührte sich allerdings nicht vom Fleck und so saß ich zwischen Matthew und Robin.
Nach kurzer Zeit ging das Licht aus. Ich wusste nicht einmal, welchen Film wir sahen. David hatte mir nur verraten, dass Toni ihn ausgesucht hatte. Keine zehn Minuten später bereute ich, dass ich nicht gefragt hatte. Es war ein blutiger Film mit Zombies. Robin neben mir schrie genau wie ich immer wieder auf. Etwa eine halbe Stunde später sah ich, wie der Hauptdarsteller in einen Wagen stieg und in einem atemberaubenden Tempo über die Straße fegte, um den Zombies zu entkommen. Das war der Moment, in dem es mir endgültig reichte. Ich stand einfach auf und wollte gehen. Matthew zog seine Beine an, um mir gleich darauf ein Bein zu stellen. Darauf war ich nicht vorbereitet, so stolperte ich und musste mich an Frank fest halten, um nicht zu fallen.
Auch wenn ich die Kinoleinwand nicht mehr sah, hörte ich die quietschenden Reifen. Wortlos verließ ich den Vorführungsraum.
„Warte Liebes!“
Robin kam zu mir.
„Das war ja wohl heftig! So was muss ich mir nicht antun!“ meinte er gleich.
„Lust auf nen Sekt?“
Robin hatte Lust und wir setzten uns gemeinsam in den Vorraum des Kinos und bestellten eine ganze Flasche.
Als die Anderen nach etwa einer Stunde zu uns kamen, war die Flasche leer und Robin und ich waren wieder gut drauf.
„Wo gehen wir jetzt hin?“ fragte Toni gleich.
Gemeinsam gingen wir in eine Musikkneipe, die ich noch nicht kannte. Obwohl es sehr voll war, ergatterte Matthew einen freien Tisch. David setzte sich ganz ans Ende der Bank und Toni war sofort an seiner Seite. Robin setzte sich David gegenüber hin, so dass Matthew sich für den Platz neben Toni entschied. Also setzte ich mich zu Robin, wir sahen uns in dem vollen Raum um und fingen gleich an zu tuscheln. Kurz darauf setzte Frank sich zu mir.
„Wie wär’s mit nem Cocktail?“
Er gab uns die Cocktailkarte. Matthew und Toni tranken lieber Bier, aber Robin und ich probierten gerne mit Frank die Cocktails aus.
„Wir müssen unbedingt Brüderschaft trinken, Liebes!“
Also tranken Robin und ich gemeinsam und gaben uns dann einen Kuss.
„Und was ist mit mir?“
Das kam von Frank und Matthew fast gleichzeitig. Robin und ich sahen uns an. Er flüsterte mir etwas ins Ohr, stand dann auf und ging zu Matthew. Ich drehte mich zu Frank um.
Als Matthew sich wie erwartet weigerte, eröffnete ich:
„Wer sich mit Robin nicht verbrüdert, bekommt von mir auch keinen Kuss!“
„Das ist es mir wert!“ verkündete Frank zu meiner Überraschung.
Robin setzte sich erfreut zu ihm. Als sie fertig waren, drehte Frank sich wieder zu mir um.
„Kriegst du jetzt kalte Füße, Julia?“
„Nein, ich hab’ bloß nichts mehr zu trinken!“
Frank nahm Robin seinen Cocktail ab und drückte ihn mir in die Hand.
Sein leichter Kuss war zärtlich. Es war schon lange her, dass ich einen Mann geküsst hatte, wobei ich Robin eher in die Kategorie Freundin zählte. Ich vermied es, Frank danach direkt anzusehen und reichte Robin seinen Drink, der fast leer war.
„Wollen wir uns an der Cocktailbar was Neues aussuchen?“ fragte Robin mich.
Ich stand auf und wollte Robin folgen, doch der erste Cocktail hatte es in sich gehabt. Ich hielt mich an Frank fest. Mir war klar, dass ich genug getrunken hatte. Mein Blick fiel auf meine Klamotten, das sah nach der alten Julia aus. Sollte ich jetzt vernünftig sein oder einfach mal über die Strenge schlagen? Es war über ein Jahr her, dass ich das letzte Mal alle Vernunft über Bord geworfen und richtig gefeiert hatte. Mir fiel der Kinofilm ein und es war, als würde ich wieder die quietschenden Reifen hören…
Also lehnte ich mich über den Tisch zu David:
„Du trinkst bestimmt nichts?“
„Ich trinke nie, wenn ich fahren muss.“
„Versprochen?“
David nickte.
„Warte auf mich, Robin!“
Gemeinsam gingen wir an die Bar. Nach einem kurzen Flirt mit dem Barkeeper kehrten wir an unseren Tisch zurück.
„Ich hab’ dir was mitgebracht, Frank!“
Ich gab ihm einen weiteren Cocktail und stieß mit ihm an.
„Was ist mit dir, Matthew? Warum bist du so still?“
Er hatte neben Toni und David nicht den besten Platz erwischt, die beiden flüsterten die ganze Zeit miteinander und ignorierten uns.
„Ich bin immer noch beleidigt, weil du mir keinen Kuss gegeben hast!“
„Mein Angebot steht noch!“
„Gilt das auch für mich?“ fragte Frank sofort.
Ich legte mein Kinn auf seine Schulter und sagte:
„Aber wir haben uns doch schon verbrüdert!“
Matthew überwand sich auch jetzt nicht, Robin einen Kuss zu geben. Trotzdem alberten wir weiter rum.
Irgendwann flüsterte ich Robin zu:
„Du, ich muss mal ganz dringend aufs Klo!“
„Dann geh’ doch, Liebes!“
„Ich glaub’, ich komm’ alleine nicht mehr hoch!“ vertraute ich ihm an.
Also stand Robin auf und half mir. Als ich versuchte mit dem ersten Bein über die Bank zu kommen, blieb ich mit meinem Absatz am Saum meines Rockes hängen.
„Moment!“
Ich setzte mich seitlich auf die Bank und versuchte meinen Schuh zu befreien. Belustigt beobachteten Frank und Matthew mich. Robin hatte sich mittlerweile wieder hingesetzt und ich lehnte mich gegen ihn.
„Frank, nun guck nicht so! Hilf mir lieber!“
Er ließ sich nicht lange bitten und schon war ich befreit. Als ich wieder versuchte über die Bank zu kommen, half mir diesmal auch Frank. Gemeinsam mit Robin ging ich zu den Toiletten, dort wartete er auf mich und zusammen gingen wir wieder zurück. Wir sahen gleich, dass Matthew nun neben Frank saß. Das gefiel uns beiden nicht, denn jetzt konnten wir nicht mehr nebeneinander sitzen. Wieder fiel Robin etwas ein, er flüsterte es mir zu und ich stellte mich ans Ende des Tisches und sah Matthew und Frank an.
Währenddessen mogelte Robin sich zwischen die beiden. Matthew rückte gleich ein Stück von ihm ab, Frank sah die ganze Zeit über nur mich an.
„Was sollte ich jetzt sagen?“ wandte ich mich an Robin.
Er hatte sich etwas Grandioses einfallen lassen,