K.B. Stock

Die Liga der Paladine


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bei meiner Tochter Lena rum.

      Tja, meine Lena scheint ihn als kollegialen Freund zu mögen, aber ich glaube, dass Markus ernstere Absichten verfolgt, die über eine bloße Freundschaft unter Kollegen weit hinausgehen. Und das macht mir halt Sorgen.“

      „Was daran ist denn so schlimm? Mein Ex-Kollege Markus ist einer meiner engsten Freunde. Ein Ehrenmann, auf den man sich in allen Lagen absolut verlassen kann. Ist dir diese Verbindung zwischen deiner Tochter und ihm als behütender Vater etwa nicht recht?“, entgegnete Michael Wagner, ohne seine diversen Monitore aus den Augen zu lassen.

      „So ein Schmarrn!“ Theo Stein kratzte sich am Kinn, ehe er fortfuhr: „Es gibt da etwas, was Markus nicht weiß“, meinte er dann mit einem ernsten Seitenblick auf seinen derzeitigen Copiloten.

      „Jetzt mach’ nicht so’n riesiges Geheimnis draus. Was passt dir an Markus Leitner als Freund deiner Tochter nicht?“, fragte Michael Wagner jetzt schon einigermaßen besorgt.

      „Es liegt nicht an Markus. Glaub mir, er wäre genau der Schwiegersohn, den ich mir wünschen würde. Das, was ich dir beizubringen versuche, betrifft einzig und allein meine Lena.“

      Theo Stein machte eine kurze Pause, ehe er zuerst langsam – und dann immer rascher weitersprach, wobei er seine verhaltene Wut nur mühsam unterdrücken konnte.

      „Meine Lena hat eine ausgesprochen böse Erfahrung hinter sich – und ich wette, Markus weiß davon nichts. Sie hatte nämlich schon mal einen sehr engen Freund, den sie sogar heiraten wollte.

      Damals steckte sie noch mitten in ihrer Pilotenausbildung. Und ich geb’s zu, auch ich war von diesem vornehmen Schnösel durchaus angetan. Aber dann kam durch einen Zufall, ziemlich kurz vor der geplanten Verlobung heraus, dass dieser Mistkerl schon verheiratet war und dass seine Frau zu dieser Zeit bereits ein Kind von ihm erwartete.

      Das hat meine Tochter – wie du dir vielleicht vorstellen kannst –schwer getroffen. Ich hätte dem Drecksack seinerzeit am liebsten eine kräftige Abreibung verpasst, als Lena meiner Frau und mir die ganze Sache schließlich beichtete. Aber meine Erika hat mich dann doch noch einmal davon abhalten können.

      Trotzdem – zu erkennen, dass sie von ihrem Fast-Verlobten derart belogen und betrogen worden war, hat Lena damals nahezu um den Verstand gebracht. Und fast hätte sie genau deswegen ihre Pilotenausbildung beinahe hingeschmissen.

      Deshalb wird sie auch Markus gegenüber sehr vorsichtig sein und ihm – trotz seiner tollkühnen Lebensrettungsaktion – nicht sofort und bedingungslos in die Arme fallen. Und ich möchte, dass er das weiß. Weil ich fürchte, dass sonst das nächste Drama im Haus der Familie Stein schon bald seinen Anfang nimmt.“

      Michael Wagner hatte interessiert zugehört und dachte einige Minuten über das gerade Erfahrene nach.

      „Also gut“, begann er dann. „Ich werde mit Markus reden. Aber so, wie ich ihn kenne, wird ihn auch das nicht daran hindern, deiner Lena weiterhin den Hof zu machen.

      Außerdem, ich hab’ Markus noch nie so erlebt. So, wie’s aussieht, liebt er deine Tochter. Ernsthaft. Das kann man schon allein nach dem, was er ständig über sie berichtet, mit Fug und Recht sagen.

      Wenn wir beide telefonieren, oder uns gelegentlich treffen, hat er am Ende immer nur dieses eine Thema drauf. Du müsstest nur mal seine begeistert leuchtenden Augen sehen, wenn er über deine Lena spricht.

      Tja, und wenn er erfährt, was du mir gerade erzählt hast, wird er zweifellos einen behutsamen Weg finden, das Herz deiner Tochter dennoch zu erobern – trotz dieser hässlichen Vorgeschichte. Da bin ich mir ganz sicher. So, und jetzt widmen wir uns wieder unserem Auftrag. Einverstanden?“

      „Danke Micha, ich musste das mal loswerden. Bitte sei nicht sauer, dass ich dich mit meinen familiären Sorgen belästigt habe.“

      „Das ist unter Fliegerkameraden doch wohl üblich, um nicht zu sagen, selbstverständlich – und wenn ich sehe, dass du gerade wieder etwas entspannter guckst, werden wir zwei semiprofessionellen Kuppler diese Sache schon irgendwie schaukeln.

      Auch, wenn das eigentlich mehr eine Sache für Tante Waltraud wäre. Falls du einverstanden bist, hol’ ich mir deshalb mal ihren Rat, sobald wir mit der Suche nach diesem Herrn Varese und seinem Hubschrauber fertig sind.“

      Als Theo Stein den EC-635 am nördlichen Wendepunkt ihrer Flugroute über Mittenwald wieder in Gegenrichtung wendete, meinte Michael:

      „Lass uns ein bisschen höher gehen. Am besten fliegen wir mal das Gebiet des Naturparks Karwendel bis zum Quellgebiet der Isar entlang des Hinterautals ab. Nehmen wir die Talstraße als Orientierungslinie.

      Auch wenn es schon ein bisschen seltsam wäre, wenn unser gesuchter Heli so weit ab vom Kurs geflogen sein sollte. Denn dazu hätte er ja fast im rechten Winkel nach Osten abdrehen müssen und das hätte selbst ein ungeübter Pilot bemerkt.“

      „Nichts zu sehen, absolut niente“, meinte Theo Stein enttäuscht, als er in Höhe der Isarquellen wieder auf Südwestkurs in Richtung des Hohen Gleirschs ging.

      Als der EC-635 den rund 2.500 Meter hohen Berggipfel des Hohen Gleirschs wenige Minuten danach überflogen hatte, rief Michael plötzlich: „Da vorne ist was! Siehst du das auch? Im Geröllfeld kurz oberhalb der Waldgrenze.“

      „Moment, ich geh’ ein Stück tiefer und dreh’ nochmal ’ne etwas engere Runde.“

      Sekunden später bemerkte auch Theo Stein das Objekt, das Michael gemeint hatte.

      „Das ist eine abgerissene Tragfläche – oder zumindest ein Teil davon. Aber von einem Flugzeug. Ganz sicher ist das kein Teil unseres gesuchten Helis.“

      „Sieht irgendwie militärisch aus“, meinte Michael im selben Moment. „Ich sehe Buchstaben und etwas, was ein stilisiertes Kreuz sein könnte – und die Buchstaben auf diesem Tragflächenteil sind sogar einigermaßen lesbar.

      Stopp! Ich fass’ es nicht. Das ist ein deutsches Hoheitsabzeichen. Ein eisernes Balkenkreuz – so, wie man es im zweiten Weltkrieg auf deutschem Militärgerät verwendet hat.

      Das heutige Hoheitsabzeichen der Bundesluftwaffe ist demgegenüber ja leicht geschwungen. Das hier ist dagegen absolut rechtwinklig. Ein im Krieg abgeschossener oder verunglückter Luftwaffenflieger also.“

      Sofort kam die Antwort von Theo Stein. „Okay, das ist sicher eine historisch interessante Sichtung, die uns bei unserer Suche aber nicht wirklich weiterhilft. Schieß ein paar Fotos und markier’ die Örtlichkeit mit den GPS-Koordinaten auf deiner Karte.“

      „Geröllfeld an der Südwestflanke des Hohen Gleirschs, kurz vor der Waldgrenze, der Wald trägt nach meiner Karte übrigens den Namen Angerwald“, diktierte Michael in diesem Moment in sein iPhone.

      „Okay Theo, ich hab’s. Wir müssen weiter.“ Dass Theo Stein mit seiner Einschätzung einer völlig nutzlosen Entdeckung in diesem Moment allerdings völlig danebenlag, würde sich jedoch erst an den darauffolgenden Tagen erweisen.

      Noch immer überflog Edelweiß S, nach Überqueren des Ausläufers des Hohen Gleirschs, im Anschluss das Karwendelgebiet in südwestlicher Richtung – und zwar genau dorthin, wo die zwischen den umgebenden Hochgebirgszügen liegenden Berge wieder etwas niedriger wurden.

      „Es ist zum Verrücktwerden, wo ist dieser Idiot bloß langgeflogen“, meinte Theo Stein, während er den Hubschrauber zuvor wieder auf größere Höhe gebracht hatte.

      „Auf der direkten Route zum Brenner entlang der Bundesstraße 177 ist er jedenfalls nicht geflogen, sonst hätten wir in deren Nähe bei unserem zweimaligen Überfliegen vorhin zumindest Spuren eines etwaigen Absturzes entdeckt. Und so weit vom Kurs kann er auch nicht abgekommen sein, zumindest, wenn er ein halbwegs passabler Pilot ist.“

      Nach einer kurzen Pause fuhr Theo Stein fort: „Ich denke, wir fliegen jetzt wieder mehr nach Westen und nehmen uns nochmal den ostwärts Seefeld gelegenen Gebirgsausläufer vor. Mittenwald und Umgebung haben die Rettungshubschrauber meiner Ex-Kollegen inzwischen