K.B. Stock

Die Liga der Paladine


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gab, ehe er sich kurz vor 18:00 Uhr mit seiner Hochgeschwindigkeitsmaschine in völligem Blindflug mit fast 650 Stundenkilometern Geschwindigkeit in die Kalkfelsen eines Karwendelausläufers östlich von Scharnitz bohrte.

      Seine bereits nach Spanien geflohenen SS-Kumpane würden also vergeblich auf die geraubten Juwelen und Pretiosen warten, mit denen sie von dort aus nach Südamerika zu entkommen gedacht hatten.

      Leutnant Albert Stein überlebte den Krieg. Mit seinen wenigen Leuten hatte er auf dem Hafelekar ausgeharrt, bis die Amerikaner per Bergbahn vor der Radarstellung erschienen, um deren Besatzung gefangen zu nehmen.

      „Lasst euch ja nicht einfallen, Widerstand zu leisten“, hatte er seinen verbliebenen Leuten eingeschärft, nachdem einige von ihnen schon in den Tagen zuvor nicht mehr zum Dienst auf dem Hafelekar erschienen waren.

      „In Innsbruck ist’s zurzeit ziemlich gefährlich. Und die Standgerichte der SS sind sicher schon am Werk und erschießen jeden, der in Wehrmachtsuniform dort unten kopflos herumirrt oder zu flüchten versucht. Wir werden uns den Amis deshalb hier oben ergeben, denn der Krieg ist für uns ab sofort zu Ende.“

      Nach kurzer Gefangenschaft und ein paar Jahren, die Albert Stern in den USA verbrachte, beschloss er schließlich im Jahr 1952 in den neu gegründeten Staat Israel – und damit ins Land seiner Vorfahren auszuwandern.

      Dort kaufte er sich nach seiner Einbürgerung ein Stück Land, heiratete kurz darauf, bekam Kinder und Enkel und lebte fortan ein friedliches Leben als erfolgreicher Winzer und Farmer, der allerdings von Fliegerei und Militär nichts mehr wissen wollte.

      An die Gewitternacht in der Freya-Stellung SALAMANDER dachte Albert Stern da schon lange nicht mehr. Was aus Karl Schupp und seiner Maschine, die er auf seinem Radarschirm noch kurz vor deren Verschwinden beobachtet hatte, letztendlich geworden war, war ihm dabei auch stets herzlich egal gewesen.

      Und schon gar nicht hätte er nach dem Ende des Kriegs damit gerechnet, dass er im biblischen Alter von fast 89 Jahren noch ein letztes Mal mit dem Absturz der Do 335 in den österreichischen Alpen konfrontiert werden würde ...

      Nach dem im August 2013 bei Augsburg vereitelten Überfall auf den Goldtransport der Bundesbank4, war es in der Firma des ehemaligen Polizeihubschrauberpiloten und jetzigen Erdinger Speditionsbesitzers Michael Wagner ruhig geworden.

      Bislang hatte es für den von ihm und seinem Freund Matthias Debus im Einsatzfall unter dem Funkrufzeichen Edelweiß S geflogenen Hubschrauber auch keine polizeilichen Unterstützungseinsätze im Auftrag des bayerischen Innenministeriums mehr gegeben.

      Deshalb ging die Routinearbeit in der Wagner Logistik GmbH im Herbst 2013 wieder ihren gewohnten Gang.

      Selbst das Luftfrachtgeschäft der an die Wagner Logistik GmbH neu angegliederten Wagner Air Charter kam mit dem jetzt wieder auf zivilen Flugbetrieb umgebauten EC-6355 allmählich immer besser ins Laufen.

      Während sich die beim letzten Einsatz nahe Augsburg angeschossene Pilotin des Bundespolizeihubschraubers Pirol 76, Kommissarin Lena Stein, im Augsburger Klinikum den ganzen September über langsam von ihrer Verletzung erholte, wich ihr Michaels Ex-Kollege und engster Freund, Polizeihauptkommissar Markus Leitner, nicht von der Seite.

      Da Markus in diesem Herbstmonat ohnehin Urlaub geplant hatte, war das für den zum Zeitpunkts des Einsatzes als Flugtechniker von der bayerischen Hubschrauberstaffel an die Bundespolizei ausgeliehenen Copiloten Lenas auch kein größeres Problem gewesen.

      „Du wolltest doch im September zur Erholung an die Adria – hast du mir jedenfalls irgendwann mal erzählt. Dann mach’ das gefälligst auch.

      Du brauchst doch wirklich nicht die ganze Zeit an meinem Bett zu hocken, um mich zu betütteln. Ich bin nämlich schon ein großes Mädchen“, meinte Lena, als es ihr zwei Wochen nach dem Vorfall, bei dem Markus Kopf und Kragen riskiert hatte, wieder ein wenig besser ging.

      „Ich bin aber gern hier bei dir und pass’ auf dich auf. Außerdem wüsste ich im Moment auch gar nicht, wo ich lieber wäre“, hatte Markus seiner schönen Bundespolizeikollegin geantwortet, als er gerade mal wieder einen riesigen Blumenstrauß in ihr Krankenzimmer anschleppte.

      „Du bist ein Idiot, Markus. Ich lauf’ dir doch nicht weg. Außerdem reicht es, dass du mir das Leben gerettet hast. Mich wundert’s sowieso, dass du meinen Hubschrauber nach meiner Schussverletzung hier notlanden konntest, obwohl du dafür ja eigentlich gar nicht ausgebildet bist.“

      Zugleich warf die brünette Bundespolizistin Lena ihrem gutaussehenden Kollegen von der Hubschrauberstaffel Bayern einen amüsierten Blick aus ihren leuchtendblauen Augen zu, der ihre harsche Bemerkung Lügen strafte.

      „Was ist eigentlich aus meinem schönen Pirol geworden, den du so hart auf das Dach dieses Krankenhauses hast krachen lassen?

      Ist bei dem Beschuss dieser Gangster viel an meinem Heli kaputtgegangen?“, fragte sie mit spitzbübischer Miene sofort danach weiter.

      „Na ja, wie man’s nimmt. Ein Treffer in die Hydraulikleitung. Deshalb war dein schöner EC-135 auch nicht mehr ganz so leicht zu steuern. Und nur deshalb bin ich hier etwas härter ‚heruntergekracht’, wie du dich gerade auszudrücken beliebtest.“

      „Jetzt sei nicht sauer, Markus – das war doch eben nur Spaß“, flüsterte Lena – ehe sie noch ein „Beug’ dich mal her zu mir“ hinzufügte.

      Und noch ehe sich Markus versah, hatte sie überraschend den Kopf des zeitweise zu ihr abkommandierten Flugtechnikers sanft mit ihren schlanken Händen gepackt und ihm einen ziemlich deftigen Kuss mitten auf den Mund gedrückt.

      Danach sah sie genüsslich zu, wie der über beide Ohren knallrot angelaufene Markus langsam wieder zu Atem kam.

      „Schön, dass du jetzt ein wenig Farbe im Gesicht hast, statt so zornig zu gucken. Alles wieder gut?“

      Während Markus verhalten nickte und noch immer über das staunte, was ihm gerade passiert war, setzte Lena zu einer weiteren Frage an:

      „Und wo steht mein hübscher Hubschrauber jetzt? Doch hoffentlich nicht immer noch hier auf dem Klinikdach?“

      „Nein, die Leute aus deiner Staffel in Oberschleißheim haben ihn neulich notdürftig repariert.

      Und dein Vater Theo hat ihn letzte Woche höchstpersönlich zu eurer Basis nach Oberschleißheim zurückgeflogen. Als Rettungspilot der Bundespolizei verfügt er ja bei euch für sowas über die meiste Erfahrung.“

      „Aha, hat wohl bei der Bergrettung momentan nix zu tun, der gute Paps“, meinte Lena jetzt mit einem süffisanten Grinsen.

      „Ganz im Gegenteil, aber auch dein alter Herr hat sich zwei Wochen freigenommen – und wie du weißt, war er ja in den vergangenen Tagen ebenfalls schon des Öfteren hier bei dir zu Besuch. Oder hast du das etwa verpennt?“

      „Nöh, hab’ ich nicht. Aber lass’ den guten PHK7 Stein nicht hören, dass du ihn ‚alter Herr’ nennst. Nicht, dass er dir hinterher noch deinen süßen Hintern versohlt“, flachste Lena gleich weiter.

      „Dir scheint’s ja schon wieder so richtig gut zu gehen, du Frechdachs“, erwiderte Markus Leitner jetzt ein wenig genervt.

      „Das liegt wohl an dir und deinen täglichen Besuchen – vielleicht ist’s aber auch der betörende Duft des Blumenmeers, das du hier dauernd reinschleppst und das mir meine Sinne vernebelt“, antwortete Lena grinsend.

      „Ich geb’s auf! Du bist und bleibst eine vorlaute Göre, auch wenn du als erste Pilotin einen Hubschrauber der Bundespolizei fliegen darfst. Falls du dich nicht mal gerade an- und deinen Heli abschießen lässt.

      Und jetzt ruhst du dich gefälligst aus. Nächste Woche sollst du ja schon zur Reha an den Chiemsee – haben jedenfalls deine Ärzte gesagt“, gab Markus Leitner zurück.

      „Also gut, ich gelobe Besserung.