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Lehr-und Wanderjahre


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es heute in Saalfeld nicht mehr. 1881 hat noch ein Goldarbeiter namens Wilhelm Rupp in Saalfeld gelebt, der fünf Jahre später als Arbeiter in einer Nähmaschinenfabrik genannt wird[25].

      Den Preis für das Malen des Rippelschen Familienwappens gibt Moritz mit 1 rth 2 fl 2rth an — wobei mit großer Sicherheit, dies jedenfalls ist auch die Meinung des Mitlesenden dieser Zahlen- und Währungsangaben des Direktors der Saalfelder Museen, Dr. Dirk Henning, nach den 2 fl (die für Fl=Florin=rheinische Gulden stehen), ein „bis“ oder „oder“ stehen müßte[26]. Hier ist auch Herrn Hennings Mitteilung interessant, dass im Saalfelder Gebiet um diese Zeit Taler und Groschen als Kurantgeld, also im Umlauf befindliches Geld, der Gulden hingegen nur als Rechengröße dienten. Moritz Hensoldts Vater schreibt jedoch in seinem Buch über Sonneberg[27]:“[...].die hier gebräuchlichen Rechengeldsorten, von welchen aber nur die rheinischen Gulden, Kreuzer und die Kurrentpfennige, sowie die preussischen Thaler, wirklich vorhandene Münzen sind“. Was bedeutet, dass in Saalfeld der Gulden nur Rechengröße, im nahen Sonneberg hingegen auch Kurantgeld war, der Groschen wiederum in Saalfeld als Münze, in Sonneberg hingegen als bloße Rechengröße diente.

      Angesichts dieses Wirrwarrs an Zahlungsmitteln, im Übrigen auch von Maß-und Gewichts-Einheiten, die zum Teil auch noch rein fiktiv waren und deren Anwendung von Fürstentum zu Fürstentum, ja häufig sogar von Städtchen zu Städtchen[28] wechselten, kann man im Zeitalter von — dezimal errechneten — Mark und Pfennigen und jetzt gar des Landesgrenzen überschreitenden Euro nur erleichtert aufatmen.

      Hensoldts Geschichte zu den Ellen lautet:

      „Wwenn man noch vor kurzem in einigen Rath- und Gemeindhäusern die zum Marktgebrauch bestimmten, mit den Stadtwappen gezierten Ellen, nebeneinander legte, erhielt man eine hübsche Reihe, die wie Orgelpfeifen in der Länge zu und abnahm.“

      Dieser Brief trägt im Übrigen, wie einige der hier vorgestellten, väterliche Vermerke: bei diesem findet sich ein solcher auf dem Adressfeld und notiert, neben Moritz Namen und Saalfeld, wie im ersten Brief, das Datum des Absendens, nicht das des Empfangs (nämlich den 12.01.40). Gewiss ist der von anderer Hand erfolgte Eintrag auf der anderen Umschlagseite des Briefes, „An das ehrsame Flaschnerhandwerk in Altenburg“ nicht in einen Zusammenhang zu bringen mit dem Brief- und Kistcheninhalt.

      3. Brief

      Eisenach 16/5 42

      Lieber Vater!

      Bis hierher bin ich glücklich gekommen, und sitze jetzt im Halbenmond in einem hübschen Zimmerchen.

      Von Bachfeld kamen wir bald nach Eisfeld, und von da nach Hildburghausen. H.Gehring war mit allem Geschirr nach Coburg, sonst wären wir wieder gefahren worden. H.Loubach habe ich besucht, und er wird Dir selbst schreiben.

      Wir gingen noch bis Themar, wo wir in der goldnen Hennen übernachteten (hier bleibe ich in meinem Leben nicht wieder) dann gingen wir früh nach Meiningen, wo ich mich aber so lange aufhielt, daß ich diesen Tag nur noch bis Wasungen kam, zumal da ich mir einige große Blasen an den Füßen holte; sehr gut gefiel mir das Thal von Themar bis Meiningen, über Grimmenthal, das mich besonder interessirte, weil ich Bechsteins Geschichte davon gelesen hatte, von Meiningen begleitete mich Ernst auf den Landsberg wo es mir außerordentlich gefallen hat und ich eine wahre Ehrfurcht vor dem berühmten Heideloff bekam, dann tranken wir jeder ein Maas Milch von den Schweizerkühen daselbst, und Ernst ging noch mit bis Walldorf, dann ging ich noch sachte bis Wasungen, wo ich im Schwan gut logirte; und heute früh ging ich von da bis hierher; der Müdigkeit halber hätte ich weiter gekönnt, aber die Blasen, die jedoch

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      meistens auf sind, genirten mich etwas, und ich habe ja auch noch Zeit genug.

      Am meisten hatte ich vom Schweiß und vom Durst zu leiden; ersterer war die beiden ersten Tage so arg, daß es durch Weste, Rock und Staubkittel am Rücken durchging, und ich durchaus naß war, doch nahm ich mich gut in Acht, und erkältete mich nicht. Heute ging es an.

      Ich habe hier ein herrliches Gasthaus erwischt, und mir für meine Feiertagsstrapazen noch eine Güte mit einem delikaten Abendessen gethan, Kalbsbraten, köstlicher Kartoffelsalat und ein vortreffliches Bier (Erfurter), auf das ich schon Verzicht leisten zu müßen glaubte nachdem ich von Hildburghausen an wo es noch gut war lauter Schmierbrühe getrunken hatte; auch habe ich ein hübsches Zimmerchen das alle Bequemlichkeiten enthält, Kanapee, Stühle pp selbst Schreibzeug und vortreffliche Bedienung und wenn ich doppelt soviel bezahlen muß als sonst, so bin ich doch zufrieden; kurz vor Eisenach begegnete mir ein ältlicher Mann, der wartete bis ich heran kam, und redete mich gleich an, ob ich noch nie in Eisenach gewesen und dergl, und sagte mir gleich daß ich in der Sonne einkehren solle, beschrieb mir die Straße genau, und wollte sogleich wieder mit umkehren, mir sie selbst zu zeigen

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      doch verbat ich mir dieß, und ging nun gerade in diesen Gasthof, da er doch Interesse dabei haben mußte, daß ich gerade in die Sonne sollte; ich kann es überhaupt nicht leiden wenn sich jemand unaufgefordert so aufdringt.

      Eisenach ist ein schönes Städtchen, und sehr romantisch sieht die Wartburg , wenn man durch die Felsenstraße hereingeht. Auch liegen hier Laubfrösche im Quartier.

      Heute sah ich unterwegs einen hessichen Cavalleristen, der auf seinem Pferde mit seinem rothen

      u. mit weißen Schnueren besetzten Jäckchen sehr schön aussah. Wenn die ganze hessische Cavallerie so ist, so muß sie sich herrlich ausnehmen.

      Doch was ich alles sah, kann ich hier nicht erzählen, und gebe auch nur Nachricht daß ich glücklich und ganz wohl hier angelangt bin, und morgen diesen Brief auf die Post geben und weiter nach Caßel zu gehen werde. Den größten Theil des Weges habe ich nun doch hinter mir!

      Hoffentlich seid Ihr noch alle wohl, wie es

      ist

      Euer

      Moritz

      Es geht in Eile, daher die schlechte Schmiererey da ich auch keine Unterlage habe

      Umschlagseite

      Herrn

      Verwaltungsamtssekretair Hensoldt

      abgestempelt mit:

      Wohlgeboren EISENACH

      In Sonneberg 17 5 1842

      Anmerkungen

      Schon die Schrift dieses dritten Briefes verrät: der Verfasser ist erwachsen geworden, die Schrift ist, wie in allen seinen Briefen ab dieser Zeit, klein und sehr flüssig, im Übrigen sehr gut lesbar. Es ist im Wesentlichen ein Reisebericht, den der Sohn da abgibt, gewiss auch mit dem Zweck geschrieben, die sorgenden Eltern zu beruhigen: es wird die erste größere Reise sein, auf die sich Moritz Hensoldt hier begeben hat und - es wird eine Weile dauern, bis er die Eltern wiedersieht.

      Der Brief datiert vom 16. Mai 1842, ist fast zweieinhalb Jahre später verfasst als Brief Nr.2. Er ist an einem Montag geschrieben, Pfingstmontag. Die erste große Reiseetappe ist mit Eisenach erreicht, für das eigentliche Ziel, Kassel, hat der nunmehr 21jährige ja auch noch Zeit genug.

      Einiges ist in der Zwischenzeit geschehen:

      Am 27. August 1840, im gleichen Jahr wie sein zweiter Brief, fast genau ein Jahr vor Beendigung seiner Lehre, war der große Stadtbrand von Sonneberg. Diese Katastrophe hatte die Eltern, dafür sprechen die sogen. Nürnberger Dokumente[29], vorübergehend wohnungslos gemacht, allerdings wissen wir nicht, ob der Sohn den Brand miterlebt oder sich um diese Zeit bei Wiskemann aufgehalten hat. Vieles spricht dafür, dass ein derart einschneidendes Erlebnis auch den Werdegang des Sohnes beeinflusst hat.

      Moritz hatte seine Lehre bei Andreas Wiskemann am 22. August 1841 mit der Ausstellung seines Lehrbriefes, der wohl einem heutigen Gesellenbrief entspricht, abgeschlossen[30]. In der Mechanik und Optik wurde der neue Stand als „Gehülfe“ bezeichnet. Das Datum seines Abschlusses ist insofern bemerkenswert, als die Lehrzeit damals bei der feinmechanischen Ausbildung, wie sie Hensoldt bei seinem Lehrherren Wiskemann erfahren hatte, mit fünf