Marcello Dallapiccola

Malleus Proletarum - Der Proletenhammer


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um dich von den Weibern wegzulotsen. Ich bin da heut mit 'nem Kerl ins Gespräch gekommen und ich hab' nicht gerade gute Neuigkeiten.“

      Der Luis löste seinen Blick vom verwüsteten Fond seines Benz, sein Gesichtsausdruck wechselte von verärgert zu verdattert: „Was soll das heißen?“

      „Na, dieser Knabe hat da was läuten hören, dass die 'ne Belohnung für zweckdienliche Hinweise ausgesetzt haben…“

      „Wer?“, riss der Prag-Luis die Glubscher auf.

      „Na, wer wohl – die Russen natürlich, deine Freunde!“

      „Scheiße! Was heißt hier „eine Belohnung“? Und welcher Kerl ist das, der das sagt?“

      „Irgendein Kerl halt, mit dem ich ins Reden kam… Aber das Wichtigere ist: Die wollen rauskriegen, wer ihre Leute weggeputzt hat und haben dafür 'ne Prämie ausgesetzt…“

      Der Luis schaute drein wie vom Donner gerührt; Frasther fuhr fort: „Du hast ein Schweineglück, dass deine Karre vom Tatort verschwunden ist. Wenn der Protzbenz noch dort gewesen wäre, wüsste doch eh die ganze Stadt, dass du in der Sache mit drinsteckst.“

      „Na, das will ich auch hoffen, dass die Karre spurlos verschwunden ist, immerhin blättere ich ja monatlich ein schönes Sümmchen an Schmiergeld hin. Aber das Wesentliche ist – das Wrack stand sicher lang genug da, um von irgendjemandem gesehen und erkannt zu werden und sobald dieser jemand erfährt… “

      „…dass deine Freunde eine Menge Kohle für zweckdienliche Hinweise lockermachen, dann bist du im Arsch!”, vollendete Frasther den Satz. Dass er selber auch bei besagter Aktion dabei gewesen war, darüber machte er sich keine Sorgen – praktischerweise ging es immer nur um den Kopf einer Bande, selten um bezahlte Söldner wie ihn.

      „Glaubst du, dass der Bertl…?“, fragte der Prag-Luis und steckte sich einen Tschick an. Frasther schüttelte energisch den Kopf. „Das hatten wir doch schonmal, Luis – wegen dem Bertl brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Erstens verkehrt der in einer anderen Szene, zweitens ist er zwar ein Windei, aber kein Plauderer und drittens weiß er, dass ich ihm das Kreuz abhaue, wenn er die Pappn* aufmacht.“

      „Verflucht, weißt du denn nicht, ob die schon jemanden haben, der ihnen den Tipp gibt? Oder gar jemanden, um mich zur Strecke zu bringen?” Der Luis tigerte nervös in der Garage auf und ab.

      „Der Kerl, der mir das Ganze erzählt hat, hat mich auch gefragt, ob ich keinen Job für ihn wüsste. Hat Geldprobleme – ich vermute mal, wenn wir ihm keinen Job anbieten, wird er sich aufmachen, um selber herauszufinden was Sache ist, weil ihn die Belohnung juckt. Im Idealfall würde er, vermute ich mal, diesen Bärentötern gerne deinen Kopf auf einem Silbertablett servieren…”

      „Spar dir die Einzelheiten!”, fauchte der Prag-Luis, dem diese Vorstellung nicht zu behagen schien, ihn an.

      „Jetzt mach dich nicht verrückter, als du ohnehin schon bist. Wenn jemand von außerhalb kommt, kann er sich hier gar nicht so schnell organisieren – und vor allem hast du ja mich. Ich kenn' mich da aus, Luis…“

      „Jaja, das will ich auch hoffen, verdammt… Kannst du mir eigentlich den Airbag reparieren, wie du gesagt hast?“, wechselte der Luis abrupt das Thema.

      „Ich hab' gesagt, dass ich wen kenne, der das reparieren kann“, berichtigte Frasther.

      „Von mir aus – kannst du das schnell erledigen?“

      „Was – jetzt?“, staunte Frasther.

      „Na klar jetzt, immerhin muss ich um Mitternacht mit den drei Weibern da draußen bei diesen Bankfuzzis vorfahren…“

      „Sag' mal, wo lebst du eigentlich, Luis?“, fragte Frasther, der glaubte, im falschen Film zu sein.

      Aus dem verwunderten Blick des Dicken schloss er, dass diesem nicht ganz klar war, was er meinte, und so fuhr er fort: „Es ist jetzt sowas um zehn rum, da haben Werkstätten geschlossen! Die Tanke vom Zurnl hat zwar rund um die Uhr offen, aber auch dort rührt um diese Zeit kein Mechaniker mehr 'n Werkzeug an – es sein denn, du zahlst extra!“

      „Von mir aus, ich brauch' die Karre um Mitternacht! Ich muss ja die Hühner abliefern!“, jammerte der Prag-Luis entrüstet auf.

      „Na, du hast ja da eh einen Van stehen, lieferst' sie halt damit ab!“, herrschte Frasther ihn an und deutete auf den Transporter, der neben dem Ersatzbenz parkte.

      „Ich kann doch nicht mit einem Transporter vor einem sündhaft teuren Wellnesshotel vorfahren um denen die versprochenen Edelnutten abzuliefern! Wie sieht denn das aus? Ich liefere ja kein Schlachvieh aus!“, quiekte der Luis entgeistert auf.

      „Schlachtvieh? Na, das trifft's immerhin besser als Edelnutten. Das sind doch keine Edelnutten, da drin…“, Frasther deutete mit dem Daumen in Richtung Wohnzimmer, „… da isses fast besser, du kommst mit dem Van angezuckelt, das passt dann wenigstens zum Inhalt.“

      „Ich seh' schon, vom Geschäft hast du keine Ahnung“, schüttelte der Luis den Kopf, „wenn wir dort um Mitternacht vorfahren, sind die Typen schon sowas von besoffen, dass ihnen lange Beine und Haare vollkommen ausreichen. Dass die Weiber nur Schwachsinn reden, kriegt dann keiner mehr mit – aber im Sinne einer bestmöglichen Präsentation brauch' ich unbedingt den Benz!“

      Jetzt war es an Frasther, energisch den Kopf zu schütteln. „Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen, Luis. Bis ich beim Zurnfried an der Tanke bin, geht schon mal 'ne Dreiviertelstunde dahin. Und auch wenn du das X-fache bezahlst, damit die Jungs um die Zeit noch so 'ne Operation starten, dann muss da immer noch mehr oder weniger die komplette Frontverkleidung ausgetauscht werden – sowas braucht einen halben Arbeitstag. Abgesehen davon, dass ich mir nicht sicher bin, ob der die passenden Teile überhaupt auf Vorrat hat.“

      Der Prag-Luis kratzte sich am Schädel, so dass seine pomadisierte Tolle ganz zerzaust wurde. „Verdammt…“, seufzte er.

      „Nun mach dir nicht ins Hemd deswegen! Wer sieht schon, mit welcher Karre die Nutten ankommen – maximal der Portier, aber dem kann das wurscht sein. Viel wichtiger ist, dass sie ihren Job gut machen… ich kann den verdammten Benz zwar jetzt gleich zum Zurnfried fahren, wenn du das unbedingt willst, aber zurückkriegen wirst du ihn nicht vor morgen.“

      „Okay, dann mach das so!“, beschloss der Luis und machte Anstalten, den Schlüssel für den Benz von seinem Schlüsselbund zu separieren.

      „Ach so, du meinst ich soll den Benz dort hinfahren – aber wie komm' ich dann von der Tanke wieder weg?“, Frasther runzelte fragend die Stirn und kratzte sich am Sack.

      Der Luis sah ihn groß an. „Na, keine Ahnung, nimmst' dir halt ein Taxi.“

      „Nix da, Luis. Du fährst den Benz hin, ich fahr' mit dem Jeep hinterher und sammel' dich dann auf…“

      Der Luis schüttelte energisch seinen Schweinskopf. „Keine Zeit, ich muss mich ja ums Geschäft kümmern. Nein, das musst du erledigen. Ich zahl' dir auch deine Ausgaben… weißt du, der Herrbert hat ja gesagt, er vermittelt uns etwas, um an Waffen zu kommen. Und wenn ich mich dort mit einem Kerl treffen und verhandeln muss, dann brauch' ich meinen Benz, allein schon zu repräsentativen Zwecken…“

      Jetzt war es an Frasther, den Kopf zu schütteln. Aber er kannte den Luis gut genug um zu wissen, dass ihm diese Flausen nicht auszureden waren. In manchen Sachen war der Dicke eben ein wenig eigen, gerade wenn es um sein Geschäft ging. Und da er ja großzügig angeboten hatte, die Auslagen zu zahlen, sah Frasther keinen Grund, ihn von seinen fixen Ideen abzubringen. Also ließ er sich den Schlüssel aushändigen und nahm im Ersatzbenz Platz, während das Garagentor sich winselnd öffnete. Der Prag-Luis drückte ihm noch einige Scheine in die Hand, um die Reparatur zu bezahlen und den Mechanikern ein entsprechendes Trinkgeld zu geben, unter der Voraussetzung, dass diese sich auch ranhielten. Dann gab Frasther der Karre die Sporen und jagte das schwerfällige, aber kraftvolle Gefährt über die breiten Alleen der Vorstadt. Er schaltete das Radio ein und verfluchte sofort den Mistsound, der ihm aus den Boxen entgegendröhnte: Ein Saxophonspieler vergewaltigte