Marcello Dallapiccola

Malleus Proletarum - Der Proletenhammer


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mit aller Gewalt hoch. Jetzt kam Donna hinter ihm her aus dem Loch, wo einst die Scheißhaustür gewesen war und hüpfte wie ein dressierter Pudel an Garstmuth hoch. „Lass ihn, die haben genug!”, kreischte sie aufgeregt, doch Garstmuth schien sie nicht einmal zu bemerken. Er drehte das Kerlchen herum, schnappte ihn sich an der Gurgel, damit er nicht gleich wieder niedergehen konnte und verpasste ihm mit dem Handrücken eine weit ausholende Watschen. Einige klatschende Schläge später ließ Garstmuth den Typen aus; er sackte in sich zusammen wie ein verfaulter Kürbis.

      „Jetzt ist aber genug! Raus hier, sofort!”, mischte sich auf einmal das Stimmchen des Türsteherchens ein, gerade als der Cowboy auf dem Boden aufschlug. Garstmuths Augen hatten dieses ganz spezielle Funkeln, das Frasther nur zu gut kannte und von dem er wusste, dass es gefährlich war; jemand musste seinen alten Kumpel offenbar wirklich bis zur Weißglut gereizt haben. Doch er kam nicht dazu, weiter zu überlegen, denn das Anabolika-Knäblein von Türsteher war gerade im Begriff eine Riesendummheit zu machen – es trabte nämlich entschlossen wirkend auf Garstmuth zu. Mit zwei schnellen Schritten war Frasther zwischen den beiden und versperrte dem Kerl den Weg.

      „Schau lieber, dass hier keine Perversen in deinem Lokal herumrennen, du Anfänger, dann kommt’s erst gar nicht soweit!”, knurrte Garstmuth.

      „Dieser Spanner hat uns gefilmt!”, quiekte Donna von hinten und setzte zu einer langatmigen Erklärung an. Die konnte sie aber nicht weiter ausführen, denn der Türsteher versuchte nun ernsthaft, Frasther auf die Seite zu schieben, um an Garstmuth heranzukommen.

      „He, Jungchen, nimm deine Griffel von mir!”

      „Aus dem Weg, aber sofort!”, befahl der Steroidbomber und versuchte Frasthers Hand umzudrehen. Kannte sich offenbar mit Aikido oder so ‘nem ähnlichen Scheiß aus, die Ratte, dachte Frasther und verpasste dem Kerl eine Kopfnuss, dass es schepperte. Der Türsteher hatte gute Reflexe; es schaffte es, gerade noch den Kopf irgendwie zurücklegen, aber Frasthers Stirn prallte auf seinen Kehlkopf. Es gab ein röchelndes Geräusch von sich. Frasther trieb ihm seine Linke tief in die Eingeweide, federte mit dem Oberkörper zurück und verpasste ihm mit der Rechten noch einen knallenden Haken auf den Unterkiefer. Das reichte; die Lichter des Türstehers erloschen und er ging zu Boden.

      Garstmuth bedachte den am Boden liegenden Muskelberg mit einem verächtlichen Blick. „Weniger Zeugs spritzen, mehr Sparring machen”, empfahl er, doch der Angesprochene war nicht in der Lage, die Information aufzunehmen.

      Im 'Sheriff’s Arrest' war indes höchste Betriebsamkeit ausgebrochen, alle laberten durcheinander, gestikulierten aufgeregt in Richtung Frasther und Garstmuth; einer der Barkeeper telefonierte, fuchtelte dabei hektisch mit der freien Hand in der Luft herum und Donna redete auf die Umherstehenden ein. Sie versuchte offenbar, den plötzlichen Wutausbruch Garstmuths zu rechtfertigen.

      „Wird langsam Zeit, um weiterzuziehen”, murmelte Frasther und sie verließen das Lokal, ohne sich großartig um das entstandene Chaos zu kümmern.

      „Was war’n los?”, erkundigte er sich bei Garstmuth, als sie in den Jeep einstiegen.

      „Der kleine Perversling hat mit seinem Handy Fotos oder ein Filmchen von Donna und mir gemacht – im Prinzip is’ mir das ja egal, aber man kann verdammt nochmal fragen, bevor man in die Intimsphäre fremder Leute einbricht, oder? Ich sag' ihm also, er soll damit aufhören, doch was macht die Mistratte? Grinst nur dämlich, filmt weiter und dabei läuft im fast schon der Sabber aus der Schnauze. Tja, er hat wohl meine Tentakel unterschätzt. War auf jeden Fall eine böse Überraschung für ihn, als ich ihn zu fassen bekam, obwohl ich noch in der Donna drinsteckte…naja, und dann ging das Gezeter eh schon los.”

      Apropos Gezeter, dachte sich Frasther im Stillen, als auf einmal eine kreischende und wild mit den Armen fuchtelnde Donna auf dem Parkplatz auftauchte.

      „He, du kannst mich jetzt doch nicht einfach hier stehen lassen!”, quietschte sie zur bereits halbgeschlossenen Autotür herein.

      „Kann ich wohl”, gab Garstmuth knapp zurück und knallte die Tür zu.

      Frasther gab augenblicklich Gas und legte eine saubere Gummispur hin. „Bist du wenigstens noch fertig geworden mit der?”, fragte er. Garstmuths zufriedenes Grinsen, als sich dieser den nächsten Tschick ansteckte, war ihm Antwort genug.

      Was ihn jetzt jedoch immer noch ein wenig stresste, war der Umstand, dass er jetzt immer noch die Kontrolltour vom Luis abzufahren hatte; dabei hatte er für heute eigentlich genug. Aber was soll’s, dachte er, ein knappes Stündchen und dann war das auch erledigt, immerhin hatte ja den Mutl zum Quatschen dabei. Also drehte er den Hardrock ein wenig lauter, lehnte sich im Fahrersitz zurück und versuchte, die kürzestmögliche Route zu fahren.

      Nachdem sie die restlichen von Prag-Luis’ Strichkatzen abkassiert hatten, waren sie beide geschlaucht und konnten sich kaum noch vorstellen, wie der Luis diesen Hühnerhaufen zusammenhielt. Praktisch jede einzelne hatte gezickt und ein Theater gemacht, als sie dahergekommen waren. Sie wussten inzwischen nicht mehr genau, welche jetzt mit Kündigung gedroht oder den Luis einfach nur so bis in die tiefste Hölle hinab verwünscht hatte. Mehr als einmal hatten sie ihr ganzes diplomatisches Geschick aufbringen müssen, um eine besonders rabiat kreischende Schnepfe wieder halbwegs auf den Boden der Vernunft zurückzuholen. Und jede einzelne hatte drauf bestanden, dass sich die beiden eine ganz bestimmte Botschaft für den Luis merkten; ihnen surrte schon lange der Schädel von dem ganzen Weibergekeife, das sie sich zu merken hatten. Vermutlich würde es den Luis eh nicht interessieren – der war sowieso schon am Rotieren vor lauter nervös. Ob der Gfüllte an die vielen Scheine denken würde, die Frasther von all den keifenden Weibern bekommen hatte?

      Als sie endlich zurück bei Prag-Luis' Herrschaftssitz angekommen waren, fabrizierte er erst einmal eine schöne, dreckspritzende Bremsung in dem Erdhaufen, der einmal ein Blumenbeet gewesen war. Dann taumelten sie, beide ziemlich erledigt vom langen Abend, aus dem Jeep hervor. Es war inzwischen tiefste Nacht und in der gutbürgerlichen Gegend, in der der Prag-Luis hauste, war es außerordentlich ruhig. Frasther hörte nichts weiter außer seinem eigenen und Garstmuths keuchendem Atem, ihren schlurfenden Schritten auf dem Kies und das Brummen seines eigenen Schädels, während sie auf die Haustür zusteuerten. Frasther drückte die Klingel, woraufhin im Hausinneren eine klassische Melodie ertönte.

      Gerumpel und Gepolter, dann hörten sie schwere Schritte zur Tür schlurfen. „Frasther, bist du das?”

      „Nein, hier ist die Mutter Theresa! Ich bin gekommen, um dir deinen verfluchten Sünderarsch zu versohlen!”, brüllte er vergnügt.

      Metallisches Geklimper ertönte, Schlüssel drehten sich, die Tür ging auf. Ein ziemlich erledigt dreinschauender Prag-Luis stand vor ihnen und starrte sie mit offenem Mund abwechselnd an.

      „So Luis, sag nett 'Hallo' zu deinem neuen Söldner!”, lallte Frasther.

      „Servus, Luis”, nickte Garstmuth.

      „Servus, Mutl. Mitten in der Nacht kommt ihr beiden daher… Mein lieber Schwan, ihr schaut aber sauber bedient aus. Ich würd' sagen, ihr haut euch auf die Couch im Wohnzimmer und schlaft erstmal euren Dampf aus.” Er wies ihnen den Weg in Richtung Wohnzimmer. Doch Frasther kramte, sobald er im Flur stand, jede Menge Scheine aus seiner Lederjacke hervor.

      „Das is’ alles von deinen Weibern und die haben alle ein Theater gemacht von wegen du sollst gefälligst selber deinen Arsch zu ihnen rausbewegen…„

      Garstmuth fiel im ins Wort: „Ja Mann, Gekeife ohne Ende! Echt Luis, ich frag' dich, wie hältst du's mit denen bloß aus?”

      Der Prag-Luis stand da und sah zu, wie Frasther umständlich wild zerknitterte Geldscheine hervorzauberte und ihm umständlich auszuhändigen versuchte. Büschelweise fiel das Zeug zu Boden, der Luis sah nur ungläubig zu. „Komm, Frasther, lass das, zieh einfach deine Jacke aus und hau dich auf die Couch, ich mach das schon…” Mit sanfter Gewalt schob der Luis ihn weiter. Als Garstmuth, der bereits auf der Couch lag, anfing herumzugrölen, hatte auch er es geschafft, sich seiner Lederjacke zu entledigen und ließ sich dumpf daneben hinplumpsen.

      „Na, servus“, sagte der Luis, stellte ihnen noch jeweils