Marcello Dallapiccola

Malleus Proletarum - Der Proletenhammer


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hier war, hat mich vollgeschwafelt von wegen Arbeitgeberwechsel, der Luis würde sich eh nicht mehr um das Geschäft kümmern, weil jetzt neue Leute die Straße übernommen hätten und der Dicke sich aus Angst vor denen in die Hosen scheiße…”

      „Was war das für einer? Hast du seine Autonummer?”

      „Der kam in einem Taxi…”

      „Wohin seid ihr?”

      „Ach ja, der wohnte im 'Goldenen Bären', zweiter Stock Zimmer vierzehn…”

      „Wie sah er aus? Hatte er einen russischen Akzent?”

      „Nee, nix russisch, auch kein Akzent oder so. Aber auch nicht von hier, Mann. Ausgesehen hat er ganz normal, ‘n paar Jahre älter als du, stinknormaler dunkelblauer Anzug, Durchschnittsgröße, nix Besonderes… ach ja, er stinkt sehr intensiv nach einem seltsamen Parfüm, hat mich irgendwie an Verwesungsgeruch erinnert.”

      Frasther verzog angewidert das Gesicht: „Verwesung, soso. Der soll mal lieber aufpassen, dass er nicht selber bald verwest.“ Dann kurbelte er das Fenster rauf und ließ die Reifen quietschen.

      „Und die Kohle von der Schnepfe?”, fragte Garstmuth.

      „Egal – zuerst knöpfen wir uns den Knaben vor. Ich hab' so ein bestimmtes Gefühl, dass das unser Mann sein könnte; hast du gehört, was die gesagt hat? Der Luis würde sich in die Hosen scheißen – na Mahlzeit, das lass’ ich nicht auf mir sitzen! Wir werden schon sehen, wer sich da in die Hosen scheißt!”

      „Im 'Goldenen Bären' – nobel, nobel! Die lassen sich aber nicht lumpen, diese Knaben!”, merkte Garstmuth an und köpfte ein neues Bier. Frasther trieb den Jeep wie ein Irrer über die Straßen, kümmerte sich noch weniger als sonst um Geschwindigkeitsbegrenzungen, Fußgängerwege und sonstige Einschränkungen, wie langsamere Autos und ähnliches.

      „Sieh dir diese Idioten an!”, brüllte Frasther, als ein Lkw, der einen Omnibus überholte, ihn zu einer harten Bremsung nötigte. „Was hat ein Scheißbus hier mitten in der Nacht zu suchen, verdammt?”, brüllte er. Als die Überholspur endlich wieder frei war, schaltete er zurück, ließ den Motor aufwimmern, überholte und schnitt nur Zentimeter vor dem LKW wieder ein. Irgendwie musste er dem Fahrer schließlich zeigen, dass er ihn für ein Arschloch hielt. Bald bogen sie auf dem Besucherparkplatz des 'Goldenen Bären' ein; Frasther verzichtete zugunsten der Unauffälligkeit auf das übliche Handbremse-Manöver beim Einparken und fuhr stattdessen, langsam und gesittet, in eine Parklücke.

      Die Lobby des Hotels war recht luxuriös ausgestattet, schwere, üppig verzierte Möbel und marmorne Tresen verbreiteten eine dunkle, kühle, schwere und nach Geld riechende Atmosphäre. Die in lächerliche Dienstbotenuniformen gekleideten Rezeptionisten sahen die beiden vom Erscheinungsbild her so gar nicht zum Rest der Gästeschar passenden Männer verwundert an, doch die kümmerten sich gar nicht um das Personal, sondern nahmen sogleich die Treppe und gingen hinauf in den zweiten Stock.

      „Wehe, der Kerl ist nicht in seinem Zimmer!”, schnaubte Frasther, als sie auf der Etage ankamen.

      „Hoffentlich gibt’s keinen Hinterausgang!”, keuchte Garstmuth.

      Dann klopfte er die Zimmertür mit der Nummer 14.

      Nichts.

      Er klopfte nochmal, ein klein wenig energischer.

      Wieder nichts. Dann schepperte es gewaltig, als Gartmuth zutrat wie ein Elefant und ihnen so Zugang verschaffte. Sie stürmten gemeinsam in das Zimmer, verteilten sich sofort und stellten beim Hineinstürmen schon fest, dass hier keiner war. Durchs Fenster war er auch nicht entflohen, denn die waren geschlossen. Garstmuth riss die Tür zum Bad auf, Frasther warf prophylaktisch einen Stuhl mit voller Wucht hinein. Der Stuhl zerschellte mit lautem Gepolter am Waschbecken, dann spähten sie hinein. Wieder Fehlanzeige – hier war niemand.

      „Wir durchsuchen sein Gepäck!”, hatte Garstmuth eine großartige Idee. Sogleich machten sich die beiden daran, den Kasten aufzureißen, die Tasche des Typen hervorzuholen und den Inhalt derselben genauestens zu untersuchen.

      Außer ein paar piekfeiner Klamotten war nichts drin, kein Handy, keine Papiere, kein gar nichts.

      „Verflucht! Sollen wir hier warten, bis der Mistkerl zurückkommt?”, fragte Frasther mehr sich selbst als Garstmuth.

      „Was machen Sie denn hier? Das ist Hausfriedensbruch!”, quiekte plötzlich ein dünnes Stimmchen von der Tür her. Einer dieser Clowns in Dienstbotenuniform, ein junges, frisches Knabengesichtchen, wahrscheinlich ein Student, der sich hier ein kleines Zubrot verdiente, starrte sie entrüstet an.

      Während Frasther noch sein „Ganz ruhig, kein Grund zur Aufregung” murmelte, war Garstmuth schon mit drei flinken Schritten bei dem Bürschchen und packte es wie ein Karnickel am Genick. Bevor das Bürschlein die Sirene machen konnte, wurde es über die Schwelle hereingezogen und mit einem warnend erhobenen Zeigefinger zum Schweigen gebracht. Atemlos und zitternd stand der Junge nun da und blickte zu den beiden hoch.

      „Hör mal, mein Junge, wir suchen den Kerl der hier in diesem Zimmer wohnt – das is’ ein ganz ein übler Zeitgenosse. Hat uns ‘ne Menge Schwierigkeiten bereitet und wir sind echt sauer auf den – du kannst uns nicht zufällig das eine oder andere Detail über den Kerl verraten, seinen Namen zum Beispiel oder wo der herkommt? Oder vielleicht, wo wir den jetzt auf die Schnelle treffen könnten – das würde uns jetzt gerade sehr weiterhelfen?!?”

      Der Junge wurde kalkweiß im Gesicht, als Garstmuth ihn ein wenig durchschüttelte, damit der Inhalt der eben gestellten Frage auch wirklich ankam, doch es stammelte lediglich: „Es steht nicht in meiner Macht, Ihnen Informationen über einen unserer Gäste zukommen zu lassen…”

      Frasther war aufgestanden zog eines der Bündel Kohle, die er gerade bei Luis’ Schnepfen abkassiert hatte, hervor. Dramatisch wedelte er mit einem Schein vor der Nase des Jungen herum. „Es soll dein Schaden nicht sein, wenn du dir heute mal eine kleine – wie heißt das? – Indeskrizion erlaubst!”

      Wundersamerweise schien der Anblick des Geldes den Knaben kooperativer zu machen. „Der Mann hat sich bei uns als Herr Brackatsky, Willhelm, eingetragen. Er hatte bis vor etwa einer Stunde ein Mädchen hier auf dem Zimmer und ist dann losgezogen, um ein paar Geschäftsfreunde zu treffen – wohin, hat er nicht dazugesagt.”

      Frasther stopfte dem Burschen den Schein ins Revers seiner Uniform und zog einen weiteren Schein hervor, mit dem er herumzuwedeln begann: „Und du hast wirklich keine Ahnung, wo der jetzt stecken könnte?”

      „Und wenn sie mit noch zehn Scheinen vor meiner Nase rumwedeln, mehr weiß ich leider wirklich nicht. Seiner eher saloppen Kleidung nach, fallen jedoch die wirklich schicken und teuren Lokale weg. Wenn er nicht privat irgendwo zu Besuch ist, dann eher in einer Bar oder in einer Lounge, schätze ich. Aber das ist nur eine Vermutung!”

      „So, so. In einer Bar oder in einer Lounge”, repetierte Frasther, während sein Gehirn ratterte. Er legte dem Knaben, um dessen Genick immer noch Garstmuths eiserner Griff lag, väterlich den Arm auf die Schulter und steckte ihm den zweiten Schein ins Revers.

      „Weißt du was, mein Freund? Du wirst jetzt die Sauerei hier”, er deutete auf das Durcheinander, das sie angerichtet hatten „in Ordnung bringen, so dass unser Freund Brackatsky nicht merkt, dass wir da waren. Und wenn er hier wieder auftaucht, dann rufst du mich ganz hurtig auf diesem Handy hier an, klar?”

      „Äh… die Nummer?”, fragte das Bürschchen, das sich jetzt wieder zusehends in den Griff kriegte.

      „Verdammt, ich hab' keine Ahnung!”, sagte Frasther und starrte das Handy mit zornigem Blick an.

      „Geben Sie her, ich mach’ das!”

      Frasther reichte dem Kerl das Spielzeug; der drückte ein bisschen darauf herum und auf einmal fingen seine Eier an „Amazing Grace” zu piepsen. Er gab Frasther sein Handy zurück, zog sein eigenes aus der Hosentasche und drückte nun darauf herum.

      „Erledigt”, grinste er, immer noch ein klein wenig unsicher.

      „Gut,