Valuta Tomas

Restart


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Hose heraus. Sie hält sich beides vor dem Spiegel an und rümpft die Nase. Mit einer Bewegung schmeißt sie es auf das Bett und kann kurz vor der vollständigen Drehung etwas an sich im Spiegel sehen. Sie dreht sich wieder zurück, schmeißt ihre Finger nach hinten und tastet blind herum. Eilig hüpft sie an den Spiegel, dreht und wendet sich. Sie glaubt sich zu täuschen.

      »Ryan‼!«, brüllt sie lauthals und betrachtet dieses schwarze Etwas, das sie auf ihrem Körper sieht. Fragend steht ihr Mann wenige Augenblicke später im Zimmer.

      »Was zur Hölle ist das??«, flucht sie und gleitet mit einer Hand über ihren Po. Als Arschgeweih prangt ihr dort eine Tätowierung entgegen, die sie kaum erkennen kann. Sie schärft den Blick, während sich Ryan ihr vorsichtig nähert.

      »Das ist noch von deinem letzten Undercover-Einsatz. Es ist das Zeichen der Gang in der du eingeschleust wurdest. Den Dead Rabbits«, klärt er sie auf. Eden verrenkt sich in die unmöglichsten Richtungen, um die Tätowierung genauer sehen zu können.

      »Ist das ein schwarzes Kaninchen?«, flucht sie und kann nicht glauben, dass sie tatsächlich eine Tätowierung auf dem Körper hat.

      »Ja. Du warst schließlich fast zwei Jahre eine von ihnen. Du bist da nicht drum herum gekommen. Mir passt das genauso wenig wie dir, aber es ging nicht anders.«

      »Warum zur Hölle war ich eigentlich bei denen?« Wütend kratzt Eden auf dem Kaninchen herum und wünscht sich auf der Stelle eine Stahlbürste, um dieses Vieh loszuwerden.

      »Das kann ich dir leider nicht sagen. Du hast nie darüber gesprochen. Schließlich ist deine Arbeit immer geheim«, murmelt Ryan. Eden spürt, dass es ihm keineswegs passt, nur die eine Hälfte von dem Leben seiner Frau zu kennen. Ihr ist es eigentlich egal. Sie wünscht erst mal sich zu kennen, bevor sie sich Gedanken um ihre Mitmenschen, geschweige denn, um ihren Mann macht.

      »Ich muss zur Arbeit. Kann ich dich alleine lassen?« Ryan tritt dicht an sie heran und drückt ihr einen Kuss auf die Lippen. Sie nickt nur und betrachtet das Kaninchen noch immer im Spiegel. Eigentlich ist es ja recht niedlich, richtig süß. Trotzdem ziemlich merkwürdig, dass so eine, scheinbar kriminelle Gang, so ein friedliches und entzückendes Tier als Gangzeichen ausgesucht hat.

      Nachdem sie sich dann doch für eine Kleidung aus ihrem Schrank entschieden hat, wandert sie ziellos durch das Haus. Sie fühlt sich keineswegs heimisch. Sie betrachtet mehrere Fotos auf dem Kaminsims, auf dem sie und Ryan zu sehen sind. Hochzeitfotos! Typisch weißes Kleid mit Schleier. Ryan trägt einen schwarzen Anzug. Wie glücklich die beiden doch aussehen. Es war offensichtlich wirklich ein schöner Tag für beide und sie scheinen mit ihrer Entscheidung glücklich zu sein. Wenn Eden sich doch nur daran erinnern könnte.

      »Kann ich aber nicht!«, murmelt sie, greift nach dem harmonischen Bild und klappt es um. Weg mit diesem versnobten und konservativen Anblick.

      Sie wandert weiter und bleibt vor dem Zimmer mit ihren Babys stehen. Von der Tür aus, starrt sie die Porzellangesichter an. Sie kann es nicht verhindern, dass sich eine eiskalte Gänsehaut auf ihrem Körper ausbreitet. Wie kann eine erwachsene Frau, mit einem eigentlich vernünftigen Verstand, so einen Mist im Haus haben und das dann auch noch als ihre Babys ansehen? Was zum Teufel hat sie nur geraucht?

      »Das geht nicht! Das geht gar nicht‼«, flucht Eden und stolpert die Treppe herunter. Wenige Momente später eilt sie mit einer Rolle Müllsäcke zurück. Nach und nach befördert sie die Puppen in den blauen Plastikbeutel. Mit jeder Puppe fühlt sie sich befreiter und atmet erleichtert aus, als der dritte Sack mit diesen Mistgeburten gefüllt ist. Ohne Rücksicht auf Verluste, schleift sie zwei Säcke hinter sich her. Sie schert sich keineswegs darum, dass die Säcke und somit auch die Puppen, jede Stufe der Treppe brutal zu spüren bekommen. Mit jedem Schritt, hört sie es klirren und knacken und erfreut sich an dem Geräusch.

      Als wenn sie eine Leiche hinter sich herschleppen würde, hievt sie die Säcke zur Straße hinaus und bringt sie zur Mülltonne. Weg mit diesem Horror. Das hält ja kein gesunder Menschenverstand aus.

      »Eden??«, prallt ihr plötzlich eine Stimme entgegen. Sie dreht sich um und sieht eine Frau auf dem Bürgersteig stehen. In der einen Hand eine Einkaufstüte mit Lebensmitteln (der herausragende Porree verrät dies eindeutig), in der anderen, mehrere Tüten von Designer Läden.

      »Eden?? Bist du es wirklich??«, quiekt die Frau, schmeißt sämtliche Tüten zu Boden und eilt zu ihr. Eden steht wie angewurzelt an Ort und Stelle. Sie muss sich gewaltig beherrschen, ihren Kopf nicht im Rhythmus der Brüste auf und ab zu bewegen, die hüpfend und schwingend auf sie zuspringen. Meine Güte, mit diesem Bomberbusen könnte die gute Frau den nächsten Weltkrieg gewinnen. Jedes Land würde sofort kapitulieren.

      Die fremde Frau schmeißt sich Eden ungebeten um den Hals. Vor lauter Freude quiekt sie wie eine Quietsche-Ente. Eden spürt allerdings nur, wie der Druck der Brüste ihre eigenen zerquetscht und ihr fast sämtliche Rippen bricht. Wahnsinn, wie kann man mit solchen Torpedos bloß leben? Wie hält die Frau das Gewicht nur aus?

      Die Frau nimmt Eden etwas von sich weg und strahlt genauso schlimm wie Ryan. Eden betrachtet sie allerdings sparsam.

      »Wer…?«, beginnt sie zu stottern und studiert diesen Schminkkasten, der sich in das Gesicht der Frau verirrt hat.

      »Du weißt nicht wer ich bin?«, trällert die Frau und winkt dann mit Meterlang lackierten Fingernägeln ab.

      »Ach das macht nichts, Schätzchen. Ryan sagte mir schon, dass du Amnesie hast und niemanden wiedererkennst«, jodelt sie weiter. Schätzchen? Schätzchen?? Was soll das?? Wurde Eden von dieser Person bisher wirklich immer mit diesem Kosenamen betitelt? Bitte Dead Rabbits, verpasst mir noch eine Kugel!, betet Eden wimmernd.

      »Ich bin es, deine beste Freundin Jill!« Eden schaut die Frau noch immer nüchtern an und zuckt mit den Schultern. Verzweifelt sucht sie in ihrem Gehirn nach so einer Person. Sie findet aber nichts und empfindet dies als eine gelungene Wohltat. Man könnte es auch einen vollen Erfolg nennen.

      »Komm lass uns ein Käffchen trinken. Ich habe dich so schrecklich vermisst. Und ich habe so unglaublich viele Fragen«, jauchzt diese Jill weiter, hakt sich bei Eden unter den Arm und schleift sie zum Haus. Käffchen? Hat die Frau auch noch einen anderen Wortschatz, oder besitzt jedes Wort von ihr ein ä und endet mit chen? Meine Güte, Eden würde ihr sogar freiwillig eine Sprachtherapie bezahlen, nur damit sie wie ein normaler Mensch redet.

      Sie dreht sich aber um und zeigt auf die Müllsäcke.

      »Aber ich…!«

      »Papperlapapp Schätzchen! Egal was du gemacht hast, das kann warten.«

      In der Küche angekommen, stopft diese Jill Eden auf einen Stuhl und beginnt Kaffee zu machen. Sie scheint öfter in diesem Haushalt zu sein, ihre Handlungen sind sicher und vertraut. Zielbewusst greift sie in einige Schränke und Schubladen und stellt schon nach wenigen Momenten, zwei dampfende Tassen Kaffee auf den Tisch. Sie nimmt Platz und strahlt Eden freudig an.

      »Wie geht es dir denn Schätzchen? Ich habe dich ja schon so lange nicht mehr gesehen. Geht es dir gut? Wie war die OP? Hast du alles gut überstanden? Seit wann bist du wieder zu Hause? Wieso hat Ryan mir nichts davon erzählt?«, pfeffert diese Jill hektisch um sich. Hoffnungslos überfordert, starrt Eden sie an und versucht zu atmen.

      »Äh, ich… ähm… ich…«, beginnt sie zu stottern und wird von Jill unterbrochen.

      »Hach Gottchen, Schätzchen! Was haben die nur mit deinen schönen Haaren gemacht?« Mit einem flinken Griff, führt Jill ihre Hand an Edens Kopf und berührt die rasierte Haut. Gleich darauf fahren ihre Finger über die große Narbe.

      »Hach, das sieht schrecklich aus, Schätzchen. Das tut mir so leid. Hoffen wir, dass deine Haare wieder schnell wachsen«, jodelt sie weiter und lässt Eden nicht eine Sekunde über eine Antwort ihrer gestellten Fragen nachdenken. Stattdessen beginnt sie wie ein Wasserfall zu reden. Eden schaltet irgendwann ihr Gehirn aus, starrt nur noch auf die knallrot angemalten Lippen und sieht, wie diese sich bewegen. Hören tut sie nicht ein Wort. Jill fuchtelt mit Händen und Füßen wild in der Luft herum und quasselt Stundenlang