Valuta Tomas

Restart


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tot war. Es ist allerdings merkwürdig, dass sie Eden im Krankenhaus nie besucht hat. Aber wahrscheinlich hat Ryan sie davon abgehalten und darum gebeten, so lange zu warten bis sie wieder zu Hause ist. Zum Glück, denn wenn diese Quietsche-Ente an Edens Bett gestanden hätte, wäre sie freiwillig aus dem Fenster gesprungen.

      Bis zum frühen Abend sitzt Jill am Küchentisch und redet ohne Unterlass. Edens Gehirn fühlt sich schon wie Babybrei an, aber sie hat Anstand und schmeißt dieses Playboy-Bunny nicht aus ihrem Haus.

      Als sie irgendwann hört, dass ein Schlüssel in der Haustür gedreht wird, atmet sie erleichtert aus. Ryan, endlich. Er wird Eden sicher vor dieser Schreckschraube retten. Diese komische Frau geht ihm mit Sicherheit genauso auf die Nerven, wie ihr.

      Ryan betritt die Küche und strahlt bis zu den Ohren. Übermütig begrüßt er die zweite Frau am Tisch mit einem jauchzenden »Jill!« und fällt ihr in die Arme. Eden fällt stöhnend der Kopf auf die Hände. Dieser Albtraum hat noch immer kein Ende.

      Erst spät in der Nacht, verlässt Jill das Haus. Erschöpft kippt Eden ins Bett. Sollte sie nicht Ruhe haben, um sich zu erholen? Wie denn? Wie soll sie bei solch komischen Menschen auch nur einen Funken Erholung bekommen? Das geht ja gar nicht. Das ist absolut unmöglich. Ebenso, dass Ryan die Nacht erneut ungebeten regelrecht über sie herfällt. Sie bat ihn, schlafen zu dürfen, aber er überhörte es spielerisch und ging sich seine ehelichen Pflichten holen.

      Am Morgen behält sie mit Absicht solange ihre Augen geschlossen, bis sie sich sicher sein kann, dass Ryan das Haus verlassen hat. Duschen, Zähne putzen, etwas rausputzen und dann will sie raus auf die Straße. Spazierengehen und die Gegend erkunden. Vielleicht sieht sie bei einem Spaziergang ja einiges, was sie kennt. Eventuell kehrt dadurch die eine oder andere Erinnerung zurück.

      Eden öffnet den Schrank und rümpft erneut die Nase. Wahrscheinlich wäre eine komplett neue Garderobe besser, als ein Spaziergang. Was soll sie heute denn anziehen? Blümchenkleider? Blaue Blusen mit roten Bärchen? T-Shirts mit Katzenmotiven? Oh Gott, wie krank war sie nur?

      Erschöpft, weil ihr die Kleidung sämtliche Kraft raubt, setzt sie sich langsam auf das Bett und atmet tief durch. Kein Spaziergang! Einkaufen, definitiv einkaufen!

      Sie rafft sich wieder auf, holt aus dem Puppenzimmer die Rolle mit Müllsäcken und schmeißt den halben Kleiderschrank weg. Bluse um Bluse verschwindet vom Bügel, bis der Schrank soweit leer ist, dass nur noch vier Teile hängen bleiben, mit denen sie tatsächlich leben kann.

      In dem Moment als sie sich bückt, um die Säcke aufzuheben, fällt ihr Blick in den unteren Teil des Schrankes. Sie erspäht eine große blaue Kiste und zieht eine Augenbraue hoch. Neugierig rutscht sie auf allen vieren dorthin, rupft die Kiste aus der Dunkelheit und öffnet den Deckel.

      »Was zum…?« stockt sie. Sie greift hinein und starrt mit großen Augen einen lila Doppel-Dildo an.

      »Was…??« Ihr Blick wandert in die Kiste zurück. Sie glaubt ihren Verstand zu verlieren. Fast mit zitternden Händen holt sie mehrere Sex-Toys heraus. Penispumpen, Penisringe, Klitoris Stimulationen, Handschellen, Peitsche, Nippelsauger und Klemmen.

      Als sie einen tiefblauen Anal-Plug in den Händen hält, schleudert sie diesen mit einem kreischenden »AAAHHH!«, quer durch das Schlafzimmer. Am ganzen Körper zitternd, zieht sie ein Kabel aus der Kiste und hat an einem Ende einen bestialisch großen Vibrator hängen. Am anderen baumelt ein kleiner Schalter. Fast ängstlich drückt sie den -An- Knopf. Verzweifelt versucht sie bei Verstand zu bleiben, als der Vibrator mit einem monotonen Geräusch zu vibrieren beginnt. Sie merkt nicht, wie sich ihr Kopf der technischen Bewegung anpasst und in rhythmischen Kreisen mit dreht.

      »Oh mein Gott‼«, haucht sie fassungslos. Entsetzt über ihr vorheriges Leben, schleudert sie die Kiste in die Dunkelheit zurück. Es scheppert und klimpert, als sie gegen irgendetwas stößt.

      »Was kommt jetzt?«, stöhnt sie kopflos, schiebt die Kiste zur Seite und kriecht tiefer in den Kleiderschrank. Als sie wieder herauskommt, hat sie eine lange Metallstange in der Hand. Auf der oberen Seite ist eine Kette befestigt, die, beim straff ziehen, in einem Dreieck nach oben zeigt. Rechts und links hängen auf der unteren Seite ebenfalls Ketten herunter, an denen Handschellen befestigt sind. Mit riesigen Augen starrt sie das Teil an. Ein grauenvoller Gedanke keimt in ihr auf. Sie reißt den Kopf hoch und sucht die Zimmerdecke ab.

      »Och nö‼ Komm schon, das ist nicht dein Ernst‼«, stöhnt sie entsetzt, als sie an einem Fleck der Decke einen großen Haken montiert sieht. Auch wenn ihr Kopf noch nicht so arbeitet, wie sie will, kann sie Eins und Eins zusammenzählen. Sie will sich gar nicht vorstellen, wie Ryan sie, oder besser gesagt, ihren Körper an diese Stange geschnallt hat und diese an der Zimmerdecke eingehängt hat. Dafür ist dann wohl auch die Peitsche gedacht.

      »Ihr seid so armselig‼«, stöhnt Eden entkräftet und schleudert die Stange mit einem lauten Scheppern in den Schrank zurück. Da hat ihr altes Ich nach außen hin eine konservative und brave Bürgerin gemimt, aber sobald die Schlafzimmertür zufiel, gingen sie und Ryan einen ganz anderen Weg. Ist ja schön und gut, aber warum leben die beiden das nicht offen aus? Müssen sie sich wirklich dafür schämen? Sie sind doch erwachsene Menschen! Warum sich verstecken? Wenn sie Kinder hätten, würde sie das verstecken der Spielsachen ja nachvollziehen können, aber so?

      Eden kann ihre alte Vergangenheit nicht nachvollziehen und verstaut dieses Thema in die dunkelste Ecke ihres Gehirns, das es aufweisen kann. Sie will jetzt nur noch hier raus und ihren Kleiderschrank auffüllen.

      In der Garage angekommen, stellen sich ihre Nackenhaare auf, als sie den kackgrünen Kombi sieht. Das ist doch wirklich nur ein schlechter Albtraum. Am liebsten würde sie zu Fuß gehen, aber dann hätte sie einen zweistündigen Fußmarsch vor sich. Dieser Albtraum ist also noch schlimmer.

      Schweren Herzens ergibt sie sich ihrer aussichtslosen Situation, steigt in den Wagen und lässt ihn ängstlich an. Keine Explosion oder Knall, sehr gut.

      Langsam rollt sie aus der Garage, bleibt stehen und wirft einen Blick in den Rückspiegel, um zu beobachten, wie sich das Tor vollständig schließt. Sie holt schnappend Luft und glaubt ihren Augen nicht zu trauen. Hektisch reißt sie die Wagentür auf, stolpert aus dem Auto und stürzt in die Garage zurück. In der Dunkelheit tastet sie nach einem Lichtschalter und betätigt ihn. Schlagartig entweicht ihr ein stöhnendes Japsen. Ihr Puls steigt, ihr Herz beginnt freudige Luftsprünge zu machen. Wie ein Kleinkind beginnt sie auf der Stelle zu hüpfen und klatscht quiekend in ihre Hände.

      »Ja, ja, ja, ja, ja‼«, quietscht sie und tritt näher an die schwarze Night Rod. Ein Motorrad, das kaum schöner, edler und kraftstrotzender sein kann, präsentiert sich Edens Augen. Vor lauter Freude werden diese sogar feucht.

      »Du warst ja doch nicht so scheiße‼«, lobt sie ihr altes Ich und tritt näher an das Motorrad. Noch nie hat sie so eine tolle Harley gesehen und hätte auch nicht gedacht, dass sie so ein Schmuckstück in ihrer eigenen Garage stehen hat.

      Mit bebendem Herzen geht Eden langsam auf das Motorrad zu, hebt eine Hand und führt diese ehrfürchtig zitternd an die Maschine. Kaum berühren ihre Finger das Leder des Sitzes, atmet sie schwer aus und versucht ihren Herzschlag zu kontrollieren. Sie gibt unterlegen, aber gerne, nach wenigen Sekunden auf und inhaliert einfach nur den Anblick, der ihr geboten wird. Dann fällt ihr ein, weshalb sie sich auf den Weg gemacht hat. Sie atmet enttäuscht ein, weil sie definitiv neue Kleidung braucht. Da kommt sie nicht drum herum.

      »Du bleibst brav hier. Nicht abhauen«, schimpft sie liebevoll mit der Harley, setzt sich schweren Herzens wenige Augenblicke später, in die alte Kombischüssel und kämpft mit sich, diesen Wagen nicht gleich zum Schrotthändler zu bringen. Zu mehr ist es eh nicht mehr zu gebrauchen. Sie würde sogar noch oben drauflegen, nur damit sie das Stück Metall vernichtet weiß.