Alexandra Bauer

Die Midgard-Saga - Muspelheim


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auf die Reise vorzubereiten.“ Sie sah zu ihr. „Wir müssen deine Sachen packen.“

      „Ihr Zauberzeugs“, sagte Juli bedeutungsvoll zu Mats.

      „Ja, ihr Zauberzeugs“, bestätigte Wal-Freya nachdrücklich.

      „Kann das nicht warten?“, flehte Thea.

      Die Walküre verschränkte die Arme. „Wie sollte ich ahnen, dass Thor deine Familie hierher bringt? Leider kann es nicht warten. Wir brechen bald auf.“ Sie lächelte. „Sie können dich gerne begleiten.“

      Thor lehnte sich in seinen Stuhl zurück und richtete die Arme zur Decke. „Da war es vorbei mit der Gemütlichkeit.“

      Wal-Freya warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Das verschafft ihnen mehr Zeit. In weniger als einer Stunde reisen wir ab. Wie hast du dir vorgestellt, sie wieder nach Hause zu bringen und rechtzeitig zurück zu sein?“

      Er schnalzte abwehrend mit der Zunge. „Tanngnjostr und Tanngrisnir sind schnell.“

      „Das stimmt!“, rief Mats.

      Wal-Freya seufzte. „Komm, Thea. Bis wir losreiten, kann deine Familie bei uns bleiben. Die Walküren werden sie später nach Midgard bringen.“

      Thea wusste, dass jeder Widerspruch sinnlos wäre. Sie nickte dankbar und nahm im Aufstehen die Hand ihrer Mutter. Plötzlich war ihr Gemüt mit Freude erfüllt. „Komm! Ich zeige euch Asgard!“

      „Ich dachte, ich nehme dich auf Vala mit“, raunte Wal-Freya. Dann winkte sie ab. „Wir sehen uns in Folkwang. Beeile dich!“

      Juli kicherte. „Sie werden die Treppen lieben, Frau Helmken!“

      „Und Julis Flüche, wenn sie diese hinabsteigt“, fügte Thea hinzu.

      „Darauf werdet ihr verzichten müssen. Während du deinen Zauberkrams packst, werde ich mit Tom Asgards Speisen frönen“, erwiderte Juli.

      „Ihr beiden kommt mit, Juli. Ich habe auch etwas für euch. Außerdem kannst du deine Rüstung auf Vordermann bringen.“

      „Das ist nicht dein Ernst, Wal-Freya. Die paar Eisenteile sind doch schnell umgeschnallt.“

      „Mach, das du loskommst!“

      „Es hat sich ausgefuttert“, neckte Tom sie.

      Baba Jaga erhob sich. „Ich gehe auch nach Hause. Ich komme euch aber noch verabschieden.“

      „Es bleibt nicht mehr viel Zeit“, erinnerte Wal-Freya.

      „Ich hole nur den Rest von mir“, scherzte die dreifaltige Göttin. „Bis gleich!“

      Mit einem Zwinkern in Richtung ihrer Freundin und nicht ohne sich bei Thor und Sif zu bedanken, führte Thea ihre Familie hinaus. Die Fylgja sprang fröhlich neben ihnen her und blickte immer wieder zu ihnen auf. Nachdem sie den goldenen Pfad in Richtung des Tannenwäldchens verlassen hatten und die Anhöhe der Götterburg betraten, wollte Mats nicht aufhören zu Staunen. Thea deutete nach Gladsheim und erklärte ihrem Bruder, dass der Allvater dort wohne. Zu ihrem Erstaunen wusste Mats genau, von wem sie sprach. Etwas verlegen senkte ihre Mutter den Blick. In den vergangenen Monaten hatte sie die alten Geschichten ihres Großvaters mit Mats und ihrem Mann geteilt. Sie gestand Thea, dass sie dies über die Zeit getröstet hatte, in der sie ihre Tochter in den Sternen suchte. Ein tiefes Seufzen des Vaters begleitete die Unterhaltung. Thea umschloss unwillkürlich seine Hand und drückte sie fest. Er lächelte gepresst und erwiderte die Geste.

      „Ich gebe zu, dass ich das alles noch immer nicht verstehe“, raunte er.

      „Ehrlich gesagt, geht es mir genauso“, erklärte Thea.

      Ihr Vater nickte. „Wenn ich nicht wüsste, dass ich wach bin, würde ich glauben zu träumen. Ich wünschte, du könntest einfach zurück mit uns nach Hause kommen, aber ich weiß, dass ich darüber nicht mit deinen Göttern diskutieren kann.“

      Juli schnaufte. „Das können Sie vergessen! Nicht mal in Ruhe essen lassen sie einen.“

      „Sie sind immer darauf bedacht, dass uns nichts geschieht“, versuchte Thea ihren Vater zu beruhigen.

      „Das ist gut. Ich habe Angst um dich und gleichzeitig bin ich unglaublich stolz.“

      „Das ist Breidablik“, erklärte Thea. Sie blieben stehen. Zu ihrer Seite erstreckte sich ein gradliniger Pfad bis zu einer strahlenden Halle.

      „Glaubst du, dieses Ragnarök tatsächlich abwenden zu können?“, fragte der Vater, ehe er die Treppen weiter hinabstieg.

      Thea lächelte. „Wir arbeiten daran. Aber wir erfuhren viele Rückschläge. Ich bin guter Hoffnung, dass wir es diesmal schaffen.“ Sie deutete nach links und schlug den Weg nach Folkwang ein. Als sie Wal-Freyas Palast betraten, sprangen Bygul und Trjegul auf sie zu. Sie blieben kurz bei der Fylgja stehen und beschnupperten sie, ehe sie weiterliefen. Mats stieß einen stummen Schrei aus und versteckte sich hinter seiner Schwester. Diese sprach ihm Mut zu: „Das sind Wal-Freyas Katzen. Keine Angst, sie sind einfach nur größer als unsere Hauskatzen.“

      Bygul bekräftigte ihre Worte und strich schnurrend um ihre Beine. Einen Augenblick später öffnete sich eine der Türen und Skalmöld trat ein. Die Walküre, der das schwarze Haar kurz und wild um den Kopf wuchs, stellte einen Krug und einige Becher auf der Tafel ab. Sie begrüßte die Gäste und schüttelte jedem einzelnen die Hände, sogar Mats, der ein wenig schüchtern wirkte. Schweren Herzens betrachtete Thea ihn. Sie bedauerte die Zeit, die sie miteinander verloren hatten. Die Fylgja setzte sich in eine Ecke des Zimmers, leckte sich die Pfoten und legte sich schließlich vor dem Kamin nieder.

      „Es ist mir eine Freude euch alle kennenzulernen. Ihr müsst sehr stolz auf eure Tochter sein“, sagte Skalmöld, während sie Thea aufmunternd anstieß.

      „Das sind sie“, sagte eine zweite Person, die kurz hinter ihr eintrat. Auch Wal-Freya lächelte. Unter ihrem Arm trug sie einen Stapel Stoffe. „Willkommen in Folkwang. Hunger werdet ihr nicht mitgebracht haben, oder?“

      „Immer!“, erwiderte Juli.

      Ein spöttisches Grinsen umspielte Wal-Freyas Lippen. „Was so ein paar Treppenstufen alles auslösen. Dich habe ich nicht gefragt, liebe Juli. Dein Fressclub tagt einige Stufen weiter oben.“

      „Aus dem du mich ausgeladen hast“, erinnerte Juli.

      „Danke, wir hatten reichlich zu essen“, erwiderte Theas Vater diplomatisch, ehe Juli den vorgespielten Streit mit einem Lachen entschärfte.

      „Nehmt Platz und trinkt“, forderte Wal-Freya ihre Gäste auf.

      „Was hast du mitgebracht?“, fragte Juli.

      Während sich alle um die Tafel versammelten, warf Wal-Freya den Kleidungsstoß über einen Stuhl. „Umhänge“, sagte sie einsilbig.

      Juli lachte. „Umhänge? Für Muspelheim? Ich freue mich die ganze Zeit schon darauf, dass wir endlich an einen Ort reisen, an dem ich mir nicht den Arsch abfriere.“

      Die Wanin warf ihr einen vernichtenden Blick zu, dann hob sie in einer gönnerhaften Geste die Augenbrauen. „Diesmal wirst du ihn dir wohl eher verbrennen. Da ich mir das Gemecker ersparen will, habe ich für Abhilfe gesorgt.“ Sie winkte Juli heran, nahm den Stoff vom Stuhl und warf ihn um ihre Schultern. Juli schrie auf und streifte das Kleidungsstück hektisch ab.

      „Zur Hölle, willst du mich schockgefrieren? Was ist das?“

      „Ein Kühlumhang“, antwortete Wal-Freya. „Du wirst ihn noch schätzen lernen.“

      „Das ist ein verdammter Frostwickel. In diesen Dingern sind wir tiefgekühlt, bis wir Muspelheim erreichen. Wenn uns die Feuerriesen wohlgesonnen sind, stellen sie uns zum Auftauen in ihren Garten und geben uns eine Chance, bevor sie uns erschlagen. Nur sind wir wahrscheinlich mausetot, wenn wir ankommen!“

      Wal-Freya rollte die Augen, während Tom