Ursula Mahr

Alt, aber herrlich mutig


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konnte. Ihre Katze sprang ihr auf den Schoß, und nachdem sie sich einmal gedreht hatte, ließ sie sich schnurrend auf den Oberschenkeln nieder.

      "Ja, ich habe Zeit", kam es atemlos, "und natürlich komme ich gern. Ich muss nur vormittags noch schnell einkaufen, und dann wollte ich noch kurz bei meinen Eltern vorbeischauen. Aber ab nachmittags habe ich Zeit. Kommen die anderen auch?" fügte sie neugierig hinzu.

      "Klar kommen die anderen. Ich wollte sowieso was mit euch besprechen", antwortete Anne. "Außerdem geht die Party sowieso erst am späten Nachmittag los. Ich wollte grillen."

      "Super, denn sehen wir uns also Samstag." Nachdenklich beendete Lisa das Gespräch und überlegte, was Anne wohl mit ihnen besprechen wollte.

      Das Telefon klingelte lange und der kleine Hund kläffte wie wild, aber Amelie war nicht mehr so schnell. Auf ihren Gehstock gestützt, erreichte sie endlich das Telefon. Doch bevor sie es in die Hand nahm, machte sie eine energische Handbewegung in Richtung des Hundes, damit er ruhig war. "Hallo?"

      "Ich bin´s, Inge."

      "Oh, hallo Inge. Ich wusste gar nicht, dass du schon wieder im Lande bist. Wo warst du noch mal?"

      "In Italien. In der Toskana. Aber ich bin bereits seit einigen Tagen wieder zu Hause. Hatte nur noch keine Zeit mich zu melden. Sag mal", wechselte sie das Thema, "Anne hat doch am Wochenende Geburtstag. Wollen wir ihr nicht gemeinsam etwas schenken? Sie will doch wieder mal feiern. Du kommst doch auch, oder?"

      "Ja, natürlich hat sie mich auch eingeladen. Endlich ist die alte Clique dann mal wieder vollständig zusammen. Hast du schon eine Idee, was wir ihr schenken können?"

      "Hmm, was hältst du von einem Ausflug an die Nordsee. Und dort laden wir sie ganz groß zum Essen ein."

      "Superidee, ich bin dabei. Frag die anderen, ob sie mitmachen", antwortete Amelie freudig. Und dann fügte sie noch süffisant hinzu: "Hast du schon mit Anita gesprochen? Ich habe bestimmt zwei Wochen nichts von ihr gehört. Vielleicht hat sie ja mal wieder einen neuen Verehrer?"

      "Ach, rede doch nicht immer so", schmunzelte Inge. "Oder bist du etwa neidisch?"

      "Ich?" mokierte sich Amelie, "ich bin froh, dass ich dieses ganze Theater hinter mir habe."

      "Ich auch", bestätigte Inge, "ich gehe lieber auf Reisen."

      "Ja, das würde ich auch gern", murmelte Amelie plötzlich ganz ernst. "Also sehen wir uns dann am Samstag?"

      "Klar, wenn du willst, hole ich dich ab. Ich will sowieso bei Ursa vorbei, damit sie nicht im letzten Moment wieder kneift."

      "Okay. Also bis dann."

      Der kleine Garten war voller Menschen. Außer den fünf Freundinnen waren auch ein paar Nachbarn eingeladen, außerdem Annes Sohn Jonas und einige frühere Arbeitskollegen, zu denen sie immer noch Kontakt hatte. Anita war natürlich, wie fast immer, zu spät erschienen. Aber sie liebte große Auftritte, und das gelang natürlich am besten, wenn bereits alle anderen anwesend waren. Mit einem Mal stand sie, mit ihren gerade mal fünfundfünfzig Jahren als Küken in der Runde, mit ausgebreiteten Armen und in Pose in der offenen Terrassentür. Ihr kurzes, eng anliegendes schwarzes Kleid mit Glitzerfäden und die hohen Highheels wirkten zwar etwas overdressed für eine Gartenparty, aber ihr strahlendes Lachen wirkte echt und natürlich, als sie Anne in die Arme schloss. Für ihr Alter war ihre Figur wirklich noch tadellos. Und ihre rotblonden Löckchen, die sich fast ungezähmt um ihr hübsches Gesicht kringelten, bildeten einen attraktiven Kontrast zu ihrem Outfit.

      "Herzlichen Glückwunsch, altes Haus", lachte sie, schob Anne ein wenig von sich und strahlte ihr ins Gesicht. Die beiden waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht: die eine flippig, immer noch auf der Suche nach dem nächsten sexuellen Abenteuer, die andere häuslich, fast ein wenig bequem, aber trotzdem mit einem starken Willen ausgerüstet. Aber gerade das machte sie zu Freundinnen, die einander sehr zugetan waren.

      Selbst Ursa war gekommen und schien sich wohl zu fühlen. Mit einem Glas in der Hand stand sie bei zwei Paaren aus der Nachbarschaft, schaute unter ihrer sahneblonden Mähne hervor von einem zum anderen und schien interessiert zuzuhören. Als sie sah, dass Anita gekommen war, kam sie herüber und die beiden schlossen sich für lange Sekunden in die Arme.

      Anne, die Gastgeberin, war wie immer die Ruhe selbst. Nachdem sie sich am Nachmittag in der Küche fast übertroffen und alles hübsch arrangiert hatte, rief sie selbstbewusst, nachdem alle Gäste eingetroffen waren, in die Runde, dass sich jeder selbst bedienen solle. Alle schienen sich wohl zu fühlen, und die Party dauerte bis spät in den Abend hinein.

      Die Gäste waren fast alle gegangen, nur die sechs Freundinnen saßen noch bei Kerzenlicht im Garten. Die Luft war angenehm warm für diesen Spätsommerabend, und man hörte nur ein leichtes Rascheln des Windes in den Blättern der Bäume.

      "Ah, ist das eine schöne Nacht", seufzte Anita und streckte sich wie eine schnurrende Katze. Inge nahm einen Schluck aus ihrem Glas und meinte an Anne gewandt: "Hattest du nicht gesagt, du wolltest mit uns reden?"

      "Ja." Anne richtete sich in ihrem Stuhl auf. Sie überlegte, wie sie die richtigen Worte finden könnte. "Ihr wisst ja selbst", begann sie nach einer Weile, "dass wir alle nicht jünger werden."

      Ursa stöhnte und wandte den Blick ab. Sie schlang die Finger ineinander und knetete sie.

      "Ja und?" meinte Lisa, "das ist ja nun wirklich nichts Neues." Sie mochte nicht gern daran erinnert werden, dass auch sie nicht mehr die Jüngste war und langsam die Kräfte schwanden. Sie tat alles, um dem Älterwerden Einhalt zu gebieten: anstatt Auto zu fahren, erledigte sie fast alles mit dem Fahrrad. Dreimal in der Woche ging sie zum Sport, wo sie sich völlig verausgabte. Sie aß gesund mit wenig Fleisch und viel Gemüse. Und sie färbte ihre Haare pechschwarz. Trotzdem ging auch an ihr das Alter nicht spurlos vorüber.

      Anne schaute sie nachdenklich an, bevor sie antwortete: "Was haltet ihr davon, wenn wir eine WG gründen?" Und als sie merkte, dass die anderen unruhig wurden und sich unsicher, aber auch neugierig ansahen, setzte sie hastig hinzu: "Wir könnten uns gegenseitig unterstützen."

      "Wie stellst du dir das denn genau vor?" fragte Amelie.

      "Nun, wir kaufen ein großes Anwesen, in dem wir alle genügend Platz hätten."

      "Ein Anwesen", brachte Ursa gedehnt hervor. "Größer geht´s wohl nicht, oder?" Sie lachte, aber es hörte sich nicht fröhlich an. "Und wie sollen wir das bezahlen?" Voller Zweifel legte sich ihre Stirn in Falten.

      "Na ja", meinte Anne, "ich habe mein kleines Reihenhaus und Lisa hat eine Eigentumswohnung."

      "Und die soll ich jetzt verkaufen?" empörte sich Lisa aufgebracht.

      "Nun, anders wird es nicht funktionieren", meinte Anne.

      "Und wir beide finanzieren dann das Anwesen", spottete Lisa und schüttelte den Kopf. "Du spinnst wirklich."

      "Nein, überleg doch mal. Mein Reihenhaus, deine Eigentumswohnung und Anitas Haus."

      Anita streckte sich. "Mein Haus", sagte sie gedehnt, "ist mit Hypotheken hoch belastet. Da bleibt nicht viel übrig, wenn überhaupt." Sie überlegte. "Aber ich könnte den Oldtimer verkaufen, der meinem Mann gehörte. Soviel wie ein Haus bringt das zwar nicht, aber immerhin etwas."

      "Das würdest du tun?" fragte Amelie. Und nach einem Augenblick: "Also, wenn das so ist: ich bekomme demnächst eine Lebensversicherung ausbezahlt, die würde ich in die Waagschale werfen."

      Auch Ursa schien langsam Gefallen an dieser Idee zu bekommen, denn sie meinte: "Auch ich bekomme eine Lebensversicherung, allerdings erst nächstes Jahr."

      "Und wie hoch wird die sein?" fragte Anne neugierig.

      "So ungefähr neunzigtausend Euro, schätze ich."

      "Klasse", strahlte Anne. "Damit können wir doch schon etwas anfangen."

      Lisa, die immer noch nicht überzeugt war, meinte: "Du bist so still, Inge. Was könntest du denn beisteuern?"

      "Tja, ich bin dann wohl raus", seufzte diese. "Ich habe weder