nach kurzem Zögern: "Ich habe nur mein Auto, und das ist nicht mehr viel wert."
Amelie mischte sich ein: "Vielleicht brauchen wir auch gar nichts von dir. Vielleicht reicht es ja auch so."
Lisa zog entrüstet die Luft ein: "So geht das aber nicht. Einige von uns sollen mehrere Hunderttausend geben und du gar nichts?!"
"Wenn sie nichts hat, hat sie nichts", stellte Anne lakonisch fest. "Unsere Freundin ist sie trotzdem."
"Lasst uns doch erst einmal schauen, wie viel wir insgesamt zusammen bekommen würden", gähnte Anita. "Vorher können wir sowieso keine konkreten Pläne machen."
"Außerdem sollte jede ihre Wünsche äußern", fügte Ursa, jetzt ganz munter bei der Sache, hinzu. "Was hättest du denn für Vorstellungen, Lisa?"
"Ich habe überhaupt noch keine Vorstellungen", maulte Lisa.
"Und du?" versuchte Ursa die anderen bei der Stange zu halten und erhaschte dafür einen anerkennenden Blick von Anne.
"Ich", meinte Anita mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen, "möchte nicht allzu weit von Hamburg entfernt leben. Ich habe gerade einen netten Mann kennen gelernt. Ich kenne ihn zwar erst ein paar Tage, aber er ist ein Traummann."
Amelie verdrehte die Augen. "Bei dir ist jeder, mit dem du schläfst, ein Traummann."
Anita zuckte nur die Schultern.
"Du hattest doch die Idee mit der WG", wandte sich Lisa an Anne. "Was stellst du dir denn so vor?"
Anne überlegte einen Augenblick. Sie beugte sich vor, stützte ihr Kinn in die Hände und schaute in den mittlerweile stockdunklen Garten. "Das Haus müsste so groß sein, dass jede mindestens ein großzügiges Zimmer hätte. Und ein großes Gemeinschaftszimmer dürfte natürlich nicht fehlen, in dem wir uns alle treffen und gemeinsam kochen und essen könnten. Ein großer Garten wäre schön. Vielleicht ein bisschen Land drumherum."
"Und Ställe und Tiere", warf Ursa begeistert ein.
"Moment mal", stoppte Lisa die Begeisterung. "Wer soll sich denn um die Tiere kümmern. Ihr vergesst wohl, dass wir nicht mehr die Jüngsten sind, oder? Und was für Tiere überhaupt."
"Ich würde mich kümmern", rief Ursa.
"Ich auch", lächelte Amelie zu ihr hinüber.
"Ich hätte auch Lust dazu", meinte Anita.
"Du hast doch genug mit deinen Liebschaften zu tun", stichelte Lisa. "Wie willst du dich da noch um Tiere kümmern? Also, an welche Tiere denkt ihr denn so?" wiederholte sie. "Anne bringt ja bereits ihre Katze mit, und Amelie hat ihren Hund."
"Was haltet ihr von einem Bauernhof? Einem kleinen", fügte Anne hinzu, als sie die skeptischen Gesichter der anderen sah. "Ich weiß, ich weiß, wir haben keinerlei Erfahrung in dieser Hinsicht, aber man kann alles lernen. Und das Ganze soll ja wirtschaftlich nichts abwerfen. Wir wollen uns nur daran freuen."
"Vor allem in unserem Alter", höhnte Lisa.
"Ach, sei doch nicht immer so negativ. Für die schweren Arbeiten stellen wir eben einen Mann ein", warf Amelie ein.
"Genau", bekräftigte Ursa. "Und das Leben mit Tieren bringt Spaß und hält gesund." Jetzt war sie nicht mehr zu stoppen. "Wir könnten Schafe, Ziegen und Geflügel halten."
"Nein, keine Schafe", meinte Anita, "die müssen regelmäßig geschoren werden, und das ist Schwerstarbeit. Aber zwei Ziegen fände ich schön. Und Gänse und Hühner. Dann hätten wir jeden Tag unsere Frühstückseier."
"Und vielleicht noch einen Esel", zählte Anne weiter auf. Sie liebte Esel.
Lisa unterbrach die Träumerei. "Also, ich habe keine Lust mich um Tiere zu kümmern." Mit ernstem Gesicht schaute sie Annes Katze nach, die mit erhobenem Schwanz am Rand der Terrasse stand und an den Ringelblumen schnüffelte.
"Brauchst du auch gar nicht." Ursa lief zur Höchstform auf. "Das machen wir. Du könntest dich um den Garten kümmern und vielleicht Gemüse anpflanzen. Das magst du doch gern."
Anne brachte ein wenig Ruhe in die Diskussion, indem sie sagte: "Es ist schon spät. Ich schlage vor, wir überschlafen das Ganze und überlegen in Ruhe, was wir machen wollen. Ich würde es jedenfalls schön finden, mit euch zusammen zu leben. In ein paar Tagen kann vielleicht jede von uns schon berichten, wie viel Geld sie investieren könnte."
Alle, selbst Lisa, waren einverstanden, und sie trugen noch schnell die schmutzigen Gläser in die Küche und räumten sie in den Geschirrspüler. Anne legte Inge beim Hineingehen einen Arm um deren Schulter und meinte: "Für dich finden wir auch eine Lösung. Du glaubst doch nicht, dass wir dich hier allein lassen, nur weil du kein Geld beisteuern kannst." Dankbar schaute Inge ihre Freundin an und bemerkte gar nicht, dass Ursa lächelnd nickte und auch Amelie und Anita ihre Zustimmung signalisierten.
Draußen und auch im Haus waren alle Kerzen mittlerweile schon lange heruntergebrannt, so dass sich darum niemand mehr zu kümmern brauchte.
Ein paar Tage waren vergangen, in denen kaum eine der Frauen von den anderen hörte. Doch nach fast zwei Wochen kamen sie wieder zusammen. Dieses Mal bei Lisa. Immer noch waren alle sechs interessiert an dieser vermeintlich verrückten Idee. Und die Pläne waren konkreter geworden. Anne und Lisa hatten einen Makler konsultiert und daraufhin das Reihenhaus und die Maisonette-Wohnung schätzen lassen. Da das Reihenhaus sehr gepflegt war und in einem Topzustand, vermutete der Makler, dass er einen Verkaufspreis von 220.000 Euro erzielen könnte.
Die Ausstattung der Eigentumswohnung von Lisa war zwar nicht auf dem neuesten Stand, doch sie lag in einer sehr guten, zentral gelegenen Gegend von Hamburg. Diese Wohnung könnte gut und gern, nach Schätzungen des Maklers, 240.000 Euro einbringen.
Anita hatte sich schlau gemacht bei einem Autohändler. Als der kein Interesse bekundete, gab sie kurzerhand ein Inserat in mehreren Medien auf und hatte Glück: einer war bereit für den Oldtimer 55.000 Euro zu bezahlen.
Mit den Lebensversicherungen von Amelie und Ursa ergab sich eine Summe von annähernd 655.000 Euro.
"Na, das ist doch mal eine reelle Summe. Damit müsste sich doch was finden lassen", jubelte Anne, und Lisa stand grinsend auf und verschwand in der Küche. Augenblicke später erschien sie mit einer eisgekühlten Flasche Champagner und wurde von ihren fröhlichen Freundinnen ausgelassen empfangen.
Nordsee oder Heide
Jetzt ging die Suche los. Die Frauen wollten keine Zeit verlieren, denn in ihrem Alter, so meinten sie, zählte jeder Tag. Anne übernahm es, die Wünsche bei dem Makler vorzutragen. Und dann hieß es warten, und es dauerte sogar Wochen, bevor er sich wieder meldete. Anne war gerade dabei, verblühte Sommerblumen aus dem Beet zu entfernen und frische bunte Dahlien zu pflanzen, als das Telefon klingelte.
"Maklerbüro Stöver hier. Guten Tag, Frau Heide. Gute Nachrichten. Ich glaube, ich habe zwei Objekte für Sie, die passen könnten. Haben Sie Zeit? Wollen wir einen Besichtigungstermin machen?"
"Gern", antwortete Anne aufgeregt, "aber Sie wissen ja, dass ich mit meinen Freundinnen einziehen möchte. Ich muss sie erst anrufen und fragen, wann sie Zeit haben, damit wir alle mitkommen können."
"Ja, natürlich, aber zu lange sollten Sie nicht warten."
"Natürlich nicht. Wir sechs sind ja alle neugierig und wollen so schnell wie möglich einen Hof finden. Ich rufe Sie zurück."
Bereits am selben Abend hatte Anne alle erreicht, und natürlich wollten auch alle mitkommen. Außer Inge. Glaubhaft versicherte sie, dass sie in den nächsten Tagen drei Termine wahrnehmen müsse, die keinesfalls aufgeschoben werden könnten.
Der erste Hof lag in Niedersachsen, in der Nähe von Stade. Das Haupthaus hatte neun Zimmer, doch einige davon waren relativ klein. Alles sehr verschachtelt. Es sah so aus, als ob immer mal wieder angebaut worden war, denn eines der beiden Badezimmer schien ziemlich neu zu sein und lag ungünstig am Ende des L-förmigen Gebäudes. Die