und strahlte ihn mit glänzenden Augen an. Ihre Wangen erglühten in einem zartrosa Farbton, der ihre samtweichen und edlen Gesichtszüge betonte. Zweifelnd fragte sie: »Ich spreche dich schon die ganze Zeit mit deinem Vornamen an, darf ich das überhaupt noch?«
»Oh ja, mit dem größten Vergnügen«, erwiderte Jan generös und blickte in das Tiefdunkle ihrer funkelnden Augen, in denen sich ihre langen Wimpern spiegelten.
Träumerisch starrten sie sich eine ganze Weile lang an und er fragte: »Wo steht der Zuckertopf?«
Erschrocken über die Gedankenflut, die über sie hereinstürzte, zuckte sie zusammen, automatisch nahm sie die Packung aus dem Schrank und reichte sie ihm. Mit sicherem Griff öffnete er die Rumflasche des echten Old Jamaika Rums mit 55% Vol.. Er schnupperte kurz daran und schenkte die Gläser zu einem Drittel voll. Schwungvoll, wie ein Profi, goss er das kochend heiße Teewasser darüber und fragte charmant: »Süß, süßer, ganz süß oder ohne?«
»Natürlich leicht gesüßt. Zwei Löffel Zucker reichen, sonst ist er viel zu hart.« Sachte rührte er das heiße Getränk um und gab ihr eines in die Hand. »Oh, oh, das ist aber sehr heiß!«, rief sie spontan, stellte es sogleich wieder ab und meinte mit mahnendem Blick: »Den kann man doch so kochend heiß noch nicht trinken.«
»Wie schmeckt er denn am besten?« fragte sie gespannt zurück.
»Doch, doch«, er nahm einen kleinen Schluck des dampfenden Getränks und sagte: »Nur dran nippen, dann geht’s.« Voller Bewunderung betrachtete er Frau Bergers elegante Erscheinung.
»Ergo bibamus!, sprach Jan mit sonorer Stimme und prostete ihr zu: »Zum Wohl! Liebe Frau Berger, auf die edle Spenderin. Die Götter mögen Ihnen stets Wohl gesonnen sein und sie vor allen bösen Geistern und Unholden beschützen. Schöne Dame, aus Fleisch und Blut die in der Blütenpracht ihres Lebens steht. Ihr Beschützer liegt Ihnen zu Füßen. Auf Ihre Gesundheit, Madame!«
Erstaunt und geschmeichelt nippte sie an ihrem Glas herum und lächelte verlegen. »Zum Wohl, Jan! Mein edler Beschützer, mögen sie auch dich beschützen und dir deinen jugendlichen Charme erhalten; ein Leben lang.« Schallend lachend rief sie: »Ich glaub’s nicht, so ein Schelm, wo hast du denn diese ganzen Sprüche her? Noch dazu auf lateinisch!«
»Aus der Schule!«, platzte es aus ihm heraus. »Was machst du nach der Schule, wenn du dein Abitur geschafft hast. Ein Studium oder eine Ausbildung?«
»Mal sehen, wenn alles klappt, studiere ich Philosophie oder Betriebswirtschaft oder beides. Oder ich mache einfach nur eine schlichte Banklehre«, rätselte er unsicher.
Nachdenklich meinte sie: »Ich müsste jetzt noch ein wenig Holz nachlegen, bevor hier gleich das Feuer ausgeht.«
»Lassen Sie nur, ich mache das schon.« Flugs eilte er aus der Küche und setzte sein Vorhaben in die Tat um. Verräumten Blickes folgte sie ihm.
»Wann fährst du zurück, Jan? Ich meine, wann wirst du zu Hause erwartet?«, fragte sie zögerlich und mit fragenden Gesichtsausdruck. Enttäuscht schaute er zu ihr und antwortete verschüchtert.
»Nach dem Old Grog kann ich losfahren, wenn Sie möchten. Aber ich fühle mich so wohl bei Ihnen, so geborgen und wenn ich nicht all zu sehr störe, unterhalte ich Sie noch etwas und leiste Ihnen ein wenig Gesellschaft.«
»Gute Idee, Jan!«, rief sie aufmunternd und registrierte seinen sehnsüchtigen Blick. »Diesen Wunsch kann ich dir leicht erfüllen«, hörte sie sich sprechen und taxierte ihn. »Kann sie nicht anders, oder will sie nicht anders?«, fragte sie sich nachdenklich. Voller Enthusiasmus setzte Jan das Gespräch fort.
»Ich kann Ihnen eine schöne Geschichte erzählen, wenn Sie möchten. Oder, erzählen Sie etwas aus der Blütezeit ihrer Jugend. Wo sind sie geboren? Was haben Sie erlebt? So etwas finde ich unheimlich spannend und interessant.«, forschte er mit neugierigen Blicken. Angeheitert nahm sie ihr Glas und trank einen ordentlichen Schluck. Leicht irritiert bemerkte sie, dass ein wundersames Gefühl in ihr aufstieg.
Von dem schweren Rum schon leicht beschwipst, lauschte sie seiner Erzählung, die er – mit einer für sein Alter ungewohnten Wortwahl – spannungsgeladen vortrug und malerisch ausschmückte. Sie genoss seine Nähe, dieses frische jugendliche seiner Gesichtszüge und die unermüdliche Lebendigkeit, mit der er sie wortgewaltig immer mehr in seinen Bann zog. Sie ertappte sich dabei, dass sie unentwegt auf seine Lippen starrte und seine Worte begierig in sich aufsog, die aus diesem süßen Mund hervorquollen. Zwischen seinen Erzählungen legte er immer eine kleine Pause ein. Versonnen schaute sie auf sein fast leeres Glas. Ohne ihn zu fragen, ging sie angeheitert zur Küche, um noch einmal frisches Wasser aufzukochen.
»Ich habe noch Lust auf einen Old Grog. Darfst du auch noch einen?«, rief sie verführerisch.
»Nur, wenn Sie mich dazu ausdrücklich einladen.«
»Dann komm’ zu mir und zaubere uns noch einen von deiner köstlichen Rezeptur.«
Schnell wie ein Windhund sprang Jan aus dem Sessel und huschte zu ihr an den Küchentresen. Sie betrachtete seine schöne starke Hand und seine Fingerfertigkeit, mit der er alle Dinge schnell zu erledigen wusste. Sie beneidete ihn, diesen jungen Draufgänger und war fasziniert von seinem unschuldigen Lächeln. Es erregte sie und sie empfand ein brennendes Gefühl in ihrer Brust, welches sich in Windeseile, hinunter in die Gefilde ihrer Weiblichkeit verteilte und ein ungekanntes Lustgefühl in ihr auslöste. Sie würde ihn am liebsten in den Arm nehmen und küssen, ihn liebkosen, um ganz nah bei ihm zu sein, stellte sie erschrocken fest.
»Langweile ich Sie auch nicht?« fragte er gespannt, als er den schmachtenden Blick ihrer glänzenden Augen verzehrte.
»Nein, ganz und gar nicht!«, flüsterte sie leise.
»Es ist schön, so eine nette Gesellschaft zu haben. Die feine Art wie du dich gibst, empfinde ich, wie eine kostenlose Verjüngungskur. Ich bin entzückt über dein Wissen und deine unglaublich phantasievolle Erzählkunst. Diese sprudelnde Quelle deines Geistes – möge sie niemals versiegen!«, wünschte sie und betrachtete ihn mit sinnlichem Blick.
»Komm’ Jan, mir ist etwas kalt hier, am Ofen ist es schön warm und gemütlich.« Jan folgte ihr brav wie ein kleiner Schoßhund, der auf den Arm genommen werden möchte. Allerdings ging sie zielstrebig auf seinen Sessel zu, in dem er zuvor saß und hauchte ihm zu: »Setz dich auf meinen Platz und mach’s dir bequem. Du darfst auch die Beine langmachen, sie werden ja noch stark beansprucht, wenn du wieder zurück radelst.« Unsicher ergriff sie ihr Glas und hauchte: »Zum Wohl! Mein jugendlicher Beschützer. Kennst du auch noch eine andere, schönere Geschichte, diese war sehr romantisch, aber sie hatte doch kein happy end, das finde ich sehr schade.«
»Es gibt keines. Sie ist einfach zu Ende«, sprach er versöhnlich und überlegte, was er ihr noch erzählen könnte. Nach eine kurze Pause meinte er unsicher: »Ich habe da noch eine Geschichte, aber die ist eventuell ein klein wenig zu erotisch und ich trau’ mich kaum, sie zu erzählen.«
»Nur Mut, Jan! Ich bin nicht so prüde«, ermunterte sie ihn in ihrer vom Rum gelösten Art und strahlte ihn voller Erwartung an. Verträumt starrte er auf ihren Busen, der sich mit jedem Atemzug hob und senkte. Wie von Sinnen hörte er sich sagen: »Das Tal der Könige!«
»Oh, das klingt sehr spannend und verheißungsvoll. Vor circa zwanzig Jahren, als mein Vater sein Unternehmen noch hatte und wir uns jährlich schöne Reisen leisten konnten, war ich einmal in Ägypten. Ich kenne es sehr gut, es ist irrsinnig, was dort vor langer Zeit schon alles entstand. Aber das ist ja alles Geschichte.«
Jan war ein wenig verblüfft über ihre spontane Art, ihm plötzlich ins Wort zu fallen. Er nahm sein Glas, prostete ihr zu und trank es in einen Schluck leer. Mutig begann er, zu erzählen. »Sie handelt von einem glatzköpfigen Pharao. Er stellte auf seinen Reisen den schönen, fremden Frauen nach, die eigentlich jemand anderem gehörten und bemächtigte sich ihrer. Sein Sohn, der ihn begleitete, beobachtete ihn ab und zu bei diesen Techtelmechteln und er entdeckte dabei, das Tal der Könige. Es lag in einer wunderschön dahin fließenden Hügellandschaft, in dessen Senke sich ein kleines bemoostes Dreieck befand. Der Anblick faszinierte