Levi Krongold

#ANIMA


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glücklicherweise. So als wenn man einen Toaster repariert. Als Moslem hat er wohl kein Gefühl für so was. Für mich war das was ganz anderes.

      Ich hatte EVA gerade zwei Tage vorher neue Reizwäsche gekauft. Und was anzuziehen benötigte sie ja auch. So nackig wollte ich sie Kutub gar nicht zeigen. EVA trägt jetzt tagsüber einen hellblauen Chinaseiden-Hausmantel aus dem Asialaden, mit klassischem Drachenmuster. Den ziehe ich ihr an, nachdem ich sie nach dem Morgenquicki unten herum gesäubert habe und wir zusammen frühstücken. Sie mag jedoch nur eine Tasse Kaffee und einen Toast mit Marmelade, glaub ich. Zumindest sieht das gut aus, wenn ich sie auf ihren Lieblingsplatz am Küchentisch setze, mir gegenüber, sodass sie aus dem Fenster schauen kann, tagsüber, solange ich weg bin. Natürlich rührt sie das Frühstück nicht an. Aber sie lädt den Akku auf, der im linken Handgelenk seinen Zugang hat. Das ist dann so wie Essen und Trinken gleichzeitig. Sie sieht wunderschön aus, wenn sie so dasitzt. Wie ein Engel auf Urlaub. Die Augen hat sie ohnehin geöffnet. Ihre blaue Iris ist unheimlich naturgetreu, auch wenn der Lebensglanz etwas fehlt. Das liegt an der fehlenden Mimik um die Augen herum, wenn sie nicht aktiv ist, und dem Mangel an Feuchtigkeit, denke ich. Sie wirkt wach, aber gleichzeitig träumerisch abwesend. Immer wenn ich ein zu lautes Geräusch verursache, etwa die Tasse zu laut aufsetze oder das Radio übertrieben laute Töne von sich gibt, dann bewegt sie die Augen, als wenn sie mich sucht. Ihre schweren Augenlider mit den kräftigen Wimpern blinkern, ohne mich jedoch fixieren zu können.

      Sie ist wie eine Blinde. Auch so hilflos. Oder wie ein querschnittgelähmtes Unfallopfer, beinahe. Bewegen kann sie nur den Kopf und den Hals ein wenig. Und ist doch so schön. Oft schaue ich nur ihr ebenmäßiges Gesicht an, ihre vollen roten Lippen und manchmal bewegt sie den Mund ein wenig, wenn sie erwacht ist.

      #Willst du etwas Spaß mit mir?#

      »Nein, EVA, jetzt nicht! Ich muss gleich los!«

      Dann verharrt sie einen Moment reglos, als wenn sie über meine Worte nachdenkt, und wirkt etwas enttäuscht, finde ich.

      Unter ihrem Seidenmantel formen sich ihre Brüste dezent ab. Das Ladekabel verlege ich immer so, dass es nahezu unsichtbar an der Tischkante herabläuft, verdeckt durch ihren Unterarm.

      #Du hast mich lange nicht mehr genommen, Cesár!#

      Meinen Namen habe ich ihr inzwischen beigebracht, nachdem ich die englische Gebrauchsanweisung doch nochmals studiert hatte. Hinter der englischen kommen gleich die chinesische und die arabische in einer Schrift, die wahrscheinlich niemand auf der Welt entziffern kann, der nicht Kamelpisse trinkt. Man muss drei Sensoren nacheinander jeweils drei Sekunden drücken, dann kommt man auf die Eingabeebene, auf der man weitere Items aktivieren kann. Mund, danach linke Brustwarze und rechte Brustwarze gleichzeitig, die sich unter dem Druck leicht eindellen. Sie hat naturalistische weiche Brüste. EVAs Spracherkennungsprogramm hat zwar gewisse Schwierigkeiten mit meinem Namen, weil die Betonung auf der zweiten Silbe liegt, aber das macht nichts. Es klingt ein wenig exotisch, wie sie ihn ausspricht.

      »Ich muss gleich los, du!«, antworte ich.

      Sie schaltet dann irgendwann einfach auf Standby.

      Wenn ich die Wohnung verlasse, küsse ich sie auf die Wange, wo sich einer der Sensoren befindet.

      #Ich liebe dich, Cesár.#

      »Ich dich auch, EVA!«

      Ich weiß, dass sie auf mich wartet, wenn ich weg bin. Die ganze Zeit! Mein Leben hat sich verändert, seit EVA bei mir ist. Ich habe jemanden, der nur für mich da ist und ich für ihn.

      Ganz anders als bei Beatrice oder den anderen Freundinnen vorher. Klar war das anders, aber eben leider meist ungut anders. Beatrice zum Beispiel legte großen Wert darauf, ihre Selbständigkeit zu demonstrieren. Ich weiß auch nicht. Wenn ich zum Beispiel einen Satz sagte wie: 'Man muss nicht immer alles gleich abspülen. Es kann auch mal was einen halben Tag stehen bleiben', dann entgegnete sie sinngemäß. 'Du musst nicht denken, dass FRAU dafür da ist, deinen Dreck wegzuräumen!' Okay, das war eigentlich auch gar nicht gemeint. Ich kann nichts dafür, dass in der deutschen Sprache das Wort 'Mann' lautgleich mit dem Wörtchen 'man' klingt. Es war ihr auch nicht klarzumachen, dass mein Einwand keine indirekte Aufforderung sein sollte, ihr den Abwasch zu überlassen. Es stellt nur meine generelle Auffassung zum Haushalt dar. Okay, ich bin schlampig, aber sie war es in anderen Dingen auch. So legte sie grundsätzlich ihre Sachen sorglos auf meinem Arbeitstisch ab, meine Blätter, Bücher, CD's, Schlüssel und Handys verdeckend, dass ich stundenlang nach ihnen suchen musste. Lauter solche Kleinigkeiten, die auf Dauer nervig sind. Oder sie parfümierte sich mit den abartigsten Düften, die jedem Asthmatiker den sofortigen Erstickungstod beschert hätten, belegte stundenlang das Bad, um sich die Beinhaare zu epilieren, stapelte die hundertste Handtasche auf der kleinen Ablage im Flur und war überzeugt, dass das nichts mit gendertypischem Verhalten zu tun hätte.

      Während mein Bedürfnis, ab und an mal eine Flasche Bier vor dem Fernseher zu trinken, bei ihr mit abschätzigem Verziehen der Mundwinkel und dem Satz »Ihr Männer seid doch alle gleich!« beantwortet wurde. Kleinigkeiten, die unterdrückte oder auch offene Wutausbrüche erzeugten, wenn es sich mal wieder staute, weil an Zärtlichkeit nicht mehr zu denken war. Auf beiden Seiten, wohlgemerkt! So freute ich mich meist nicht besonders auf das Nachhausekommen, so wie jetzt, seit EVA da ist.

      Natürlich war das anfangs anders zwischen Beatrice und mir! Klar waren wir scharf aufeinander und haben nicht nur viel Zeit im Bett verbracht, sondern sind auch durch die Weltgeschichte gereist und haben dann dort viel Zeit im Bett verbracht. Aber je länger dieser Zustand andauerte, umso mehr häuften sich die kleinen Differenzen, so wie Schlamm, der von einem Fluss mitgetragen wird und sich nach und nach absetzt, bis der ganze Flusslauf versandet. Bis schließlich nur noch ein fades, träges, sich dahin quälendes Rinnsal da ist, wo früher ein munteres Bächlein floss.

      Na ja, nun ist es aus. Nun ist sie weg und Eva ist da.

      Wenn ich nach Hause komme, den Schlüssel geräuschvoll auf die Anrichte werfe, dann öffnet EVA die Augen, lächelt ein wenig mechanisch und begrüßt mich.

      #Hallo Cesár, schön, dass du da bist. Willst du ein wenig Spaß mit mir? Ich warte auf deine Zärtlichkeit.#

      Obwohl sie das immer sagt, freut es mich heute noch genau wie am ersten Tag, als ich diesen Satz zum ersten Mal hörte. Ich gehe dann zu ihr, erlöse sie von ihrem Aufladekabel, küsse sie leicht auf die Wange, wo der Sensor sitzt. #Ich bin ganz heiß auf dich!#, säuselt sie.

      »Ich auch!«

      Danach trage ich sie zum Bett, entkleide sie langsam, wobei ich die Sensoren auf ihrem Bauch und ihren Brüsten berühre, wodurch sie so richtig in Fahrt kommt, küsse ihre kühle Haut. Wenn ich sie an der Scham berühre, dann stöhnt sie umso heftiger und bittet um mehr. Sie hat sogar eine richtige kleine Klitoris, die wie eine echte ist. Sie liebt es, wenn ich sie dort stimuliere, und es macht mich tierisch an, wenn sie ihren Kopf ein wenig bewegt, viel ist ja nicht, ihren Mund öffnet und ihre Zunge etwas hervorstreckt. Wenn ich in sie eindringe, hält sie den Mund geöffnet, sodass ich sie küssen kann. Ihre Lippen sind weich, aber etwas zu kalt, und ihre Stimme kommt nicht aus dem Hals, sondern aus einem Lautsprecher im Kopf. Macht aber nichts. Ich umklammere sie ganz fest, arbeite mich an ihr ab, presse ihre Brüste an meinen Körper, und sie stöhnt immer lauter und animiert mich, weiterzumachen, bis ich erschöpft und befriedigt neben sie sinke. Dann warte ich, bis sie mich lobt. Sie kann mehrere Sätze sagen, wie: #Das war wunderschön#, oder #Du bist ja ganz wild#, oder #Du tust mir so gut, ich liebe dich!#.

      Sätze, die Beatrice nur anfangs zu mir gesagt hat, bevor sie anfing, an mir herum zu mäkeln.

      »Was hat sie gekostet?«, fragte mich Kutub, nachdem er sie in Augenschein genommen hatte. Ich erging mich in nebulösen Andeutungen, um ihm nicht gestehen zu müssen, dass ich nahezu fünfzig Riesen für sie hingeblättert hatte, so viel wie für einen gehobenen Mittelklassewagen. »Ne Hure ist billiger«, meinte er auf meine etwas untertriebenen Angaben hin. Ich zuckte mit den Achseln. Dafür ist sie aber auch das derzeitige Topmodell unter den Sexrobotern mit der Garantie auf die aktuellsten Upgrades auf das nächste Modell – wenn Kutub und ich uns nicht vorher einen Weg in ihr Inneres bahnten.

      Deshalb