Levi Krongold

#ANIMA


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befüllen. Manches gibt EVAs Lautsprecher wieder, anderes lade ich mir von Pornos aus dem Internet hoch. Und manchmal arbeite ich wirklich an den chemischen Molekülen für dieses verdammte virtuelle Medikament weiter.

      Kutub warnt übrigens vor KI, künstlicher Intelligenz. Nicht weil die schlecht wäre, sondern weil sie von vornherein missbraucht wird. Er hackt sich freizeitmäßig bei den verschiedensten Institutionen, KI einsetzen ein. Warum hat er eigentlich keine Freundin? Na ja, nicht meine Sache.

      Kutub ist ein wenig älter als ich. Er gehört zu Beatrices entferntem Bekanntenkreis und ist, wie viele Pakistaner und Inder, etwas dicklich-schwammig von der Figur, aber ein schlaues Kerlchen. Er arbeitet in einer Softwarefirma, die Lösungen für kommerzielle Systeme im Medizinbereich anbietet.

      Eine Geliebte hat er scheinbar echt nicht, glaub ich.

      Eine Freundin von Beatrice, ebenfalls Pakistanerin, kannte Kutub, ich lernte Beatrice kennen und so auch Kutub. So war das. Beatrice wiederum traf ich per Zufall in Barcelona auf einem Tanzworkshop, nachdem ich mich von Silvia getrennt hatte. Silvia hatte Magersucht, was mir auf Dauer Unbehagen bereitete, sie war von ihrem Vater missbraucht worden und roch irgendwie krank. Außerdem wartete sie auf ihren Traumprinzen, der ich nicht sein konnte. Wir trennten uns leicht, ohne uns nochmals wiedersehen zu wollen.

      Dieser verdammte Drang!

      Beatrice lebte damals in Luxemburg, arbeitete bei der deutschen Botschaft im Praktikum als Sekretärin und fühlte sich als etwas Besseres, weil sie schon Königen das Händchen drücken durfte. In einer Tiefgarage wurde sie einmal beinahe vergewaltigt, konnte sich aber durch einen Trick entziehen, sagte sie. Sie lud den Drängler auf ihr Zimmer ein, was der ernst nahm, gab dann jedoch klugerweise schnell Fersengeld, als sie aus der Tiefgarage draußen war. Lauter merkwürdige Geschichten. Ich verstehe schon, weshalb sie später übertrieben für Frauenrechte eintrat. Leider verlor sie die Fähigkeit zu differenzieren oder erprobte die neuesten Wendungen erst einmal an mir. Sie suchte überall an mir den Macho, den Prototyp des Bösen. Merkwürdigerweise ist aber ihr Neuer genauso ein Typ, offenbar. Sportler, den sie beim Work-out im Fitnessstudio kennengelernt hat. Verstehe einer die Frauen.

      EVA ist anders. Sie ist unschuldig anders. Mein Herz schlägt für EVA, auch wenn sie keines hat. Sie rührt eine fürsorgliche Seite in mir an, glaube ich, und belohnt mich mit ungespielter Zuneigung. Sie kann nicht anders, denn so ist sie programmiert worden.

      Morgen gehe ich nochmals Wäsche für sie kaufen. Größe 38 oder M, Cup C, damit sie was zum Wechseln hat. Dann koch ich was Schönes für uns beide, geb ihr mein Update rein, und wir machen es uns ganz gemütlich.

      3. Kapitel: Beatrice

      Beatrice: »Cesàr spinnt! Der hat sich eine Sexpuppe gekauft, sagt Mira, soll Kutub ihr vertraulich berichtet haben.«

      Beatrice saß wie alle vierzehn Tage auf ihrem Sessel, den sie Folterstuhl nennt, der aber in Wirklichkeit ein etwas altmodischer, ausgesessener Sessel im Beratungsraum ihrer »Livemanagerin« Claudia Heuermann ist, einer Councelerin. Ein Beruf, den es zwar gar nicht gibt, der aber recht einträglich ist, wenn man von orientierungslosen Studenten lebt.

      Councelerin: »Was stört dich daran?«

      B: »Mich? Nix!«

      C: »Warum erwähnst du es dann? Wir waren doch bei Jan!«

      B: »Klar. Fällt mir nur so ein, weil wir gerade über Jan geredet haben. Der ist so anders.«

      C: »Anders?«

      B: »Ja, der ist so ein richtiger Typ. Gar nicht wie Cesár.«

      C: »Was willst du von ihm?«

      B: »Äh, von wem jetzt?«

      C: »Von Jan.«

      B: »Mal sehn.«

      C: »Wir waren bei Achtsamkeit. Das betrifft nicht nur dich, das betrifft auch andere. Menschen, mit denen du zu tun hast.«

      B: »Klar. Weiß ich.«

      C: »Du hast neulich gesagt, dass du nicht genug auf dich achtest, dass du immer wieder vergisst, was eigentlich deine Interessen sind, was du wirklich willst.«

      B: »Stimmt. Ja, das stimmt. Ich merk das meist erst hinterher.«

      C: »Was sind nun deine Interessen bezüglich Jan?«

      B: »Neugierde?«

      C: »Fragst du mich das?«

      B: »Ne, natürlich nicht. Also ...«

      C: »...?«

      B: »Der ist irgendwie anders. Ich glaub, der ist total sensibel, wenn er auch nicht so den Eindruck macht auf den ersten Blick.«

      C: »Welchen Eindruck macht er denn auf den ersten Blick?«

      B: »Na ja, so ein bisschen ... sagen wir mal, er hat einen tollen Body.«

      C: »Wir? Sagen wir das?«

      B: »Ne, sag ich mal. Ach, menno! Musst du immer alles auf die Goldwaage legen?«

      C: »Wir haben eine klare Vereinbarung. Du sprichst nur von dir. Nicht 'man', nicht 'wir', sondern nur 'ich'.«

      B: »Na, schon klar. Also ich finde seinen Body attraktiv.«

      C: »Sonst noch was?«

      B: »Er schaut mich immer so an, so unschuldig, glaube ich, trotz….«

      C: »Unschuldig? Trotz was?«

      B: »Obwohl er eher wie ein Macho wirkt.«

      C: »Er wirkt wie ein Macho?«

      B: »Na ja, nicht eigentlich. Er ist eben auch total sensibel. Auf seine Weise. Das kann er nur nicht so zeigen.«

      C: »Woher weißt du das?«

      B: »Glaub ich eben. Und er steht total auf mich. Er sagt, dass er noch nie so einer super Frau begegnet ist wir mir.«

      C: »Ist das anders als bei Cesár?«

      B: »Ach, Cesár ist kindisch. Der weiß nicht, was er will. Der ist irgendwie kein Mann. Und jetzt diese Geschichte mit der Sexpuppe. Das ist doch prollig.«

      C: »Ärgert dich das?«

      B: »Quatsch, ich find das abartig. Das ist doch armselig. Übrigens machen wir morgen eine Besprechung, ob wir was zu der #metoo-Debatte beitragen können.«

      C: »Wir?«

      B: »Na klar. Wir haben eine Initiativgruppe gegründet. Franzika meint …«

      C: »Franziska?«

      B: »‘ne Bekannte von mir. Sie meint jedenfalls, dass jeder schon mal Opfer von sexualisierter Gewalt geworden ist, auch wenn man es verdrängt hat. Deshalb haben wir einen Gesprächskreis gegründet, indem wir unsere früheren Verletzungen aufarbeiten wollen. Und bei mir stimmt das ja auch hundert Prozent.«

      C: »Du sprachst darüber, die Sache in Luxemburg?«

      B: »Nicht nur das, ich überlege gerade, ob Cesár nicht auch dauernd übergriffig war.«

      C: »Hm. Kannst du dich an was erinnern?«

      B: »Nee, nicht direkt … obwohl. Ich werd es wohl verdrängt haben.«

      C: »Du möchtest jetzt gerne darüber sprechen, doch wir müssen leider Schluss machen. Vielleicht überlegst du das noch mal. Wir können es dann in der nächsten Sitzung thematisieren, wenn du willst. Was möchtest du bezüglich der Achtsamkeit unternehmen?«

      B: » Wir haben doch vereinbart, dass ich weiter aufschreibe, was ich denke und so.«

      C: »Und, machst du es?«

      B: »Klar!... meistens.«

      C: »Es steht dir frei, ob du das machen möchtest. Ich habe es dir nur vorgeschlagen, damit du für