ihr an, dass es ihr gerade schwerfällt, weiterzusprechen.
„Ich muss los“, bringt sie dann hervor.
„Nein“, sage ich schnell und hindere sie so daran.
Dieses Mal werde ich sie nicht gehen lassen. Ich bin wegen dieser Frau nach Las Vegas kommen. Ich bin hier, damit wir wieder zusammen sein können.
Bei dem Klang meiner Stimme sieht sie mich wieder direkt an.
„Meine Freundin wartet.“
„Ich lasse dich erst gehen, wenn du einwilligst, dich mit mir zu treffen. Eine Verabredung, mehr verlange ich nicht von dir.“
Keine Sekunde wende ich mich von ihr ab. Daher erkenne ich auch den Kampf ihr, den meine Worte ausgelöst haben.
„Und was sagt deine Freundin dazu, wenn du dich mit deiner Ex triffst?“, fragt sie mich nun vorsichtig.
„Seit dir hatte ich keine mehr.“
Es ist die Wahrheit und das soll ihr auch bewusst sein.
„Okay“, gibt sie von sich, da sie anscheinend nicht weiß, was sie sonst dazu sagen soll.
Das sorgt dafür, dass ich sie zufrieden ansehe. Ich bin froh darüber, dass wir nicht ewig diskutieren müssen. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich das getan hätte, wenn das bedeutet, dass ich den Abend wieder mit der Frau verbringen kann, die ich liebe.
„Gib mir bitte dein Handy!“
Ich strecke ihr meine Hand hin. Ein wenig zögerlich zieht sie es aus der Tasche heraus und reicht es mir. Dabei bemerke ich, wie sehr sie zittert. Am liebsten würde ich sie an mich ziehen und ihr so zu verstehen geben, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Aber ich unterdrücke dieses Verlangen. Stattdessen speichere ich schnell meine Nummer in ihrem Telefon ein.
„Nur ein Treffen“, erinnert sie mich.
„Wir sehen uns heute Abend“, erwidere ich, ohne näher darauf einzugehen.
Ihr Mund öffnet sich ein Stück, als würde sie nicht genug Luft bekommen. Dann nickt sie leicht und dreht sich herum.
Ich beobachte sie dabei, wie sie sich von mir entfernt und schließlich mit ihrer Freundin aus meinem Sichtfeld verschwindet. Als ich ihr vor zwei Jahren dabei zugehen habe, hat sich Verzweiflung in mir breit gemacht. Doch dieses Mal spüre ich Ruhe, die mich unter Kontrolle hat. Und das nur aus dem Grund, weil ich weiß, dass wir wieder zusammen sein werden.
2
Seit vier Stunden befinde ich mich schon in dem Fitnessstudio und schlage auf den Boxsack ein. Auf diese Weise versuche ich meine überschüssige Energie loszuwerden. Das ist allerdings nicht so leicht.
Ich brauche nur an den gemeinsamen Abend mit Lindsay denken und spanne mich automatisch wieder an. Ich bin nicht nervös, doch ich habe keine Ahnung, ob es wirklich eine so gute Idee ist, mit ihr essen zu gehen. Dennoch habe ich beschlossen, dass ich in diesem Punkt einfach auf meine Mutter hören werde.
Völlig außer Atem ziehe ich die Handschuhe aus, werfe sie neben mich auf den Boden und greife nach meinem Handy. Schnell entsperre ich es und schreibe ihr eine Nachricht. Auf diese Weise will ich sie nicht in die Ecke drängen, doch ich hoffe, dass ich ihr so zu verstehen geben kann, wie viel mir unsere Verabredung bedeutet.
Ich freue mich schon auf dich.
Sean
Kaum habe ich sie abgeschickt, wird mir bereits eine neue Nachricht angezeigt. Dieses Mal ist sie jedoch von meinem besten Freund Mike. Ich kann nicht verhindern, dass mir ein Seufzer über die Lippen dringt, als ich seinen Namen lese.
Bereits jetzt kann ich mir vorstellen, was er von mir will. In den letzten Jahren hat er mir oft genug gesagt, dass ich mich zusammenreißen soll, damit seine Schwester und ich das Leben bekommen, welches wir verdient haben.
Melde dich bei mir, wenn du Lindsay erreicht hast. Ich möchte wissen, ob ich endlich einen vernünftigen Schwager bekomme.
Seine Worte sorgen dafür, dass ich nun doch lachen muss. Das ist typisch Mike. Er hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er seine Schwester nur an meiner Seite sehen will. Auch wenn man meinen könnte, dass es eher umgekehrt sein sollte. Schließlich sind wir Freunde und da sind die Schwestern tabu. Aber er weiß, dass Lindsay bei mir in Sicherheit ist. Daher war das nie das Problem zwischen uns.
Wir sind uns heute Vormittag über den Weg gelaufen und treffen uns heute Abend.
Mehr schreibe ich nicht, was aber vor allem daran liegt, dass ich keine Ahnung habe, was ich sonst schreiben soll. Mike wird sich denken können, dass es nicht leicht für mich ist.
In den letzten Jahren habe ich jede Nacht von Lindsay geträumt. Ich wollte sie wieder haben und nun habe ich die Chance dafür.
Versau´ es nicht!
Das muss er mir nicht sagen, daher reagiere ich auch gar nicht darauf. Ich bin mir sicher, dass er weiß, wieso er keine Antwort von mir bekommt.
Während der letzten Stunden habe ich trainiert und ein paar Dinge erledigt, die ich in den letzten Jahren vor mir hergeschoben habe.
Als ich nun vor ihrem Haus stehen bleibe, schaue ich ein letztes Mal darauf. Alles ist ruhig, nur ihr Auto und das ihres Bruders stehen auf dem Hof. Schnell steige ich aus und gehe darauf zu. Gleichzeitig betätige ich den Knopf auf dem Schlüssel, sodass mein Auto sich abschließt.
Schnell drücke ich auf die Klingel und warte darauf, dass die Frau meiner Träume endlich die Tür öffnet. Doch es ist Mike, der mich mit einem frechen Grinsen im Gesicht betrachtet.
„Wen haben wir denn da? Wurde auch Zeit, dass du dich endlich hier blicken lässt.“
Freundschaftlich schlägt er mir auf die Schulter.
„Ja, ich dachte mir, dass ich mal vorbeischaue“, erkläre ich und zucke mit den Schultern.
„Die Zeit ist also endlich gekommen.“
Mir ist bewusst, worauf er anspielt. Daher beschließe ich, dass ich auch jetzt nicht darauf eingehe. Doch das muss ich auch gar nicht, da Lindsay in diesem Moment hinter ihm auftaucht.
Aufmerksam betrachte ich sie einige Sekunden, während sich ein sanftes Lächeln auf mein Gesicht legt.
Lindsay trägt ein graues Kleid, welches mit schwarzen Mustern versehen ist. Ihre Haare fallen ihr offen über die Schultern. Und an ihrem Hals befindet sich die Kette, die ich ihr damals geschenkt habe. Sie ist mit vielen Steinen bestückt und sollte sie immer an mich erinnern.
Die Tatsache, dass sie diese noch immer hat, sorgt dafür, dass sich Erleichterung in mir breit macht. Ich nehme es Zeichen, dass dieser Abend gut verlaufen wird und wir uns wieder annähern.
„Hi, du siehst fantastisch aus“, begrüße ich sie.
Nachdem sie vor mir stehen geblieben ist, drücke ich ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Für einen Moment kann ich beobachten, dass es sie aus ihrem inneren Gleichgewicht gezogen hat. Und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich mich nicht darüber freue.
„Danke“, murmelt sie leise.
Ich erkenne die Nervosität, die sie fest im Griff hat und kann mir gerade noch ein Grinsen verkneifen.
„Wir müssen unbedingt wieder zusammen trainieren“, mischt Mike sich nun ein.
„Auf jeden Fall“, entgegne ich nur, da ich gerade eigentlich keine Lust habe, mich darüber zu unterhalten.
An seinem Gesichtsausdruck kann ich erkennen, dass er das auch genau weiß. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass er sich einen Spaß daraus macht.
„Wollen wir?“, frage ich nun Lindsay.