der Dienst um, dann ist das alles schnell vergessen und man macht wieder Witze und ist guter Laune.
Liebe Eltern, wie schade ist es, dass Ihr kein Weihnachtspäckchen schicken könnt mit Plätzchen und Kuchen oder Äpfel. Denn nach so was sehnt man sich als Soldat besonders. Ich glaube, Sobernheim hat da mal wieder seine eigenen Gesetze, denn meine Kameraden bekommen fast alle Päckchen. Doch wir wollen erst mal unsere Weihnachtsfeier abwarten, wir wissen ja noch nicht, was wir da bekommen. Am Heiligen Abend werden wir dann noch in der Stube Weihnachten feiern.
Nun möchte ich mich noch für die beiden Päckchen bedanken, ebenso Dir Bringfriede für das Geld. Nur um eins muss ich Euch bitten, mir kein Geld mehr zu schicken, denn wir dürfen nicht mehr als 20 Mark haben. Wenn ich welches brauche, schreibe ich Euch. Vor acht Tagen haben wir erst 23 Mark Löhnung erhalten und ich konnte gleich 14,- Mark zur Bank schicken.
Liebe Mama, mein Segelflieger A-Prüfung-Abzeichen brauchst Du nicht weiter zu suchen. Wenn Ihr könnt, schickt mir bitte Briefpapier und Umschläge, denn ich muss mir das Briefpapier schon bei meinen Kameraden leihen. Wie geht es Hermann, hat er mal wieder geschrieben? Wie geht es sonst so in der Heimat? Ihr könnt mir ja mal ab und zu eine Zeitung schicken und vergesst nicht, mir ein Glas Gelee bei Gelegenheit zu schicken. Die leeren Gläser schicke ich Euch in einem der Kartons zurück. So eine Nebenkost ist immer willkommen.
Seid nun nochmals alle recht herzlich gegrüßt und recht frohe Weihnachten wünscht Euch
Arnold
Detmold, Sonntag, den 21.12.1941
Liebe Eltern und Bringfriede!
Ich möchte Euch die Antwort auf Euren heute erhaltenen Brief nicht länger schuldig bleiben. Heute Mittag, nach Stubendurchgang und Spind-Appell des Zugführers, haben wir den ganzen Nachmittag frei und ich kann nun ungestört meine Korrespondenz erledigen. Ich will heute noch nach Völklingen, der Tante Manda und Onkel Kurt, der schon Gefreiter wie Hermann ist, schreiben.
Liebe Mama, ganz so trostlos ist es nun doch nicht bei uns zu Weihnachten. Wir hatten vorige Woche Freitag, ein Tag nach unserer Vereidigung, eine Kompanie-Weihnachtsfeier, da war bestimmt alles dran. Zuerst kam der feierliche Teil mit Weihnachtsliedern und Vorträgen, dann der lustige Teil. Unser Kompaniechef war ganz begeistert und auch der Regimentskommandeur, der anwesend war, sprach seine Anerkennung aus. Ich wirkte bei der Feier im lustigen Teil auch mit, und zwar spielte ich, wie im vorigen Brief erwähnt, Hawaiigitter mit der Nase. Ich kann Euch sagen, alles hat gelacht. Als Getränk bekamen wir Glühwein und zum Futtern eine Unmenge Gebäck und Äpfel, ganz wie daheim. An diesem Abend gab es auch noch ein prima Essen. Kotelett, Kartoffeln und Gemüse, also, es fehlte uns an nichts. Heiligenabend wird natürlich auf der Stube auch noch mal gefeiert. Kuchen, Gebäck usw. haben wir genug dazu und Nahewein haben wir auch schon bestellt. Es wird bestimmt schön. Meine Kameraden, die mit mir auf einer Stube liegen, sind zum größten Teil aus dem Saargebiet und aus der Bad Kreuznacher Gegend. Da ja wir fast alle ein und dieselbe Sprache oder denselben Dialekt sprechen, verstehen wir uns prima. Auf meiner Stube liegt auch ein Sohn eines Druckereibesitzers, Rubel mit Namen aus Lebach, bei dem Onkel August einmal gearbeitet hat. Gestern, nach der Parole, ruft mich der U. v. D! Na, dachte ich, was habe ich denn jetzt verbrochen, doch so nebenbei dachte ich weiter, Erna ist bestimmt da und tatsächlich – so war es auch. Ich rannte nun auf dem schnellsten Wege zur Wache, daraus konnte man allein schon sehen, wie ich mich auf diesen Besuch freute. Leider hatte ich ja nur eine Viertelstunde Zeit, doch ich tröstete mich damit, dass Erna nicht das letzte Mal hier war. Gell, so ist es doch, Erna! Und ein Paket hatte sie auch mitgebracht. Da ich den Inhalt jetzt gesehen habe, liebe Erna, möchte ich mich nochmals recht herzlich bedanken, besonders für den Rasierapparat. Ihr wisst gar nicht, was so ein Paket für Wunder wirkt. Denn war der Dienst einmal ziemlich streng und hart, und es haftet einem noch etwas davon an, dann ist Post oder ein Paket immer das Richtige, was wieder alles vergessen lässt. Deshalb kannst Du Dir denken, liebe Mama, wie mich das freut, dass ein Paket für mich unterwegs ist.
Unsere Ausbildung läuft jetzt auf vollen Touren, und es gibt manchmal Tage, an denen wir mehr im Dreck liegen als wir stehen. In dieser kurzen Zeit von zwölf Wochen, muss ja auch der Dienst so hart sein, denn bis dahin haben wir ja auch noch viel zu lernen, und dann ist es ja bei uns so wie überall. Jede Kompanie, jeder Zug und jede Gruppe wollen natürlich die Beste sein, und da kommt es auch wieder in erster Linie auf die Vorgesetzten und letzten Endes auf die Kameraden an. Unsere Vorgesetzten sind fast alle so in Ordnung, nur haben wir in unserer Gruppe so blöde Kerle, die einfach das nicht können, was von uns verlangt wird und beim Kommiss heißt es ja immer: »Alle für Einen und Einer für alle«, sonst wäre der Dienst bestimmt halb so wild. Aber wie ich immer denke, es schadet uns bestimmt nicht und mir macht das alles nichts aus. Schließlich bin ich ja vom Sport aus daran gewöhnt.
Nun schreibst Du noch, liebe Mama, das Fritz auf Urlaub ist. Lieber Fritz, wäre das schön, wenn ich jetzt bei Euch wäre? Dann säßen sich wieder zwei verbissene Schachspieler gegenüber oder die Zeit ging dahin beim Billard spielen. Na, hoffen wir auf den nächsten gemeinsamen Urlaub! Schreibe mir doch bitte auch mal etwas von Dir, es würde mich bestimmt sehr freuen. Also, ich rechne fest damit.
Zum Schluss möchte ich Euch allen nochmals ein recht frohes Weihnachtsfest wünschen und hoffen, dass Erna und ihr Freund Ewald mich sobald wie möglich nach ihrer Rückkehr besuchen und etwas aus der Heimat erzählen.
Seid nun alle recht herzlich gegrüßt
Arnold
PS: Während ich den Brief schreibe, wird wieder auf der Stube musiziert.
Detmold, Donnerstag, den 25.12.1941
Liebe Eltern und Geschwister!
Nun habe ich zum ersten Mal Weihnachten fern von daheim erlebt und gefeiert. Und ich will ehrlich sagen, wenn ich an daheim denke, will mir das Heimwehgefühl aufkommen. Im Geiste sah ich Jürgen vorm Tannenbaum stehen und die Lichterpracht anstaunen, und wie er seine Eisenbahn fest in den Händen hält. Am Abend wart Ihr alle in der gemütlich eingerichteten Wohnstube bei einem Glas Wein versammelt, Fritz war doch sicher auch dabei. Doch ich muss sagen, Weihnachten im Kameradenkreise feiern ist fast ebenso schön wie daheim. Gestern Abend saßen wir auch gemütlich in unserer Stube, in der Mitte der Tische stand ein auf Solddatenart organisierter Tannenbaum, und als Getränk hatten wir – Nahewein. Gelt, da staunt Ihr, für jeden standen zwei Flaschen zur Verfügung – eine habe ich für Neujahr aufgehoben. (Allerdings ist schon wieder Wein nach hier unterwegs). Und dann hatte jeder etwas spendiert. Sei es Gebäck, Kuchen, Äpfel usw. Und so konnte für jeden ein schöner Teller zurechtgemacht werden. Also ich kann Euch sagen, fast wie daheim. Natürlich saß auch in unserer Mitte unser Gruppenführer, ein Unteroffizier. Einen besseren Vorgesetzten könnten wir uns nicht wünschen. Eben kam mit der Post ein Schifferklavier an und nun schreibe ich meinen Brief mit Musikbegleitung weiter. So wird uns Soldaten in unserem Dienst viel Abwechslung geboten. So waren wir vorgestern im Kino. Es lief der Film »Männerwirtschaft« und die Wochenschau und morgen am zweiten Feiertag sehen wir den Film »Carl Peters«. Meinen Brief musste ich heute Mittag unterbrechen, denn wir wurden zum ersten Mal gemeinsam ausgeführt. Allen Kameraden konnte man die Freude darüber im Gesicht ablesen. Denn das ist doch klar, nach vierundzwanzig Tagen Kasernendienst, ist so ein Spaziergang eine schöne Abwechslung und Erholung. Unser Marschziel lautete: »Hermannsdenkmal«. Vorher besichtigten wir noch die schöne Stadt Detmold und dann begann der mühsame Aufstieg zum Denkmal. Wir mussten uns ja beeilen, denn unsere Zeit war knapp bemessen. Unterwegs begann es auf einmal furchtbar an zu schneien und die Wolken hatten das Denkmal ganz verhüllt. Na, das kann ja gut werden da oben, dachten wir, denn wir wollten doch mal die ganze Umgebung ansehen. Doch oben angekommen, war das Wetter plötzlich wie umgewandelt und wir hatten vom Denkmal aus, die schönste Aussicht, die man sich nur denken kann. Zur weiteren Verschönerung des Tages tranken wir noch in dem auf dem Berg stehenden Lokal ordentlich Kaffee und zum Kaffee wird natürlich Kuchen gegessen. Doch zu schnell vergehen diese schönen Stunden und im Sturmschritt ging es wieder der Kaserne zu.
Liebe Eltern, wie ich ja kurz in den paar Zeilen erwähnt hatte,