Berthold von der Eltz

Briefe in die Heimat von 1941 bis 1944/45


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tun kann, so schreibe ich, als kleine Gegenleistung so oft ich kann. Ihr freut Euch doch ganz bestimmt, wenn von mir Post kommt, und die Freude möchte ich Euch so oft wie möglich geben – leider war das Geleeglas total zerbrochen und somit der Gelee ungenießbar. Nun zum Schluss noch etwas vom Dienst. Allmählich beginnt man schon einen Erfolg unserer Ausbildung zu spüren, denn jetzt können wir doch einigermaßen gehen und strammstehen. Doch unsere Gang- oder Laufart ist unseren Ausbildern noch viel zu langsam. Die langsamste Gangart in der Kurve beim Militär ist folgende: »Das Ohrläppchen berührt den Boden, das Seitengewehr steht waagerecht und die Socken fangen an zu qualmen«.

      Also wenn unsere Ausbildung vorbei ist, sind wir alle erstklassige 100-Meter-Läufer. Wir Sportler wollen ja sowieso den Dienst mit unserem Wintertraining vergleichen, ein besseres Training könnten wir uns ohnehin nicht wünschen. Doch nun komme ich zum Schluss, denn jetzt musizieren wir noch etwas auf der Stube.

      Viele Grüße sendet Euch, liebe Eltern und Geschwister, lieber Ewald und Onkel Fritz

      Euer Arnold

      Detmold, Sonntag, den 28.12.1941

      Liebe Eltern und Geschwister!

      Ihr seid nun wohl bestimmt erstaunt, schon wieder einen Brief von mir zu erhalten. Ich hätte ja früher nie geglaubt, dass ich so oft schreiben würde. Aber Ihr wisst gar nicht, wie gerne ich diese Pflicht erfülle. Denn als das kann ich es ruhig bezeichnen und ich weiß auch, dass Ihr Euch auf jeden meiner Briefe freut.

      Wie ich Heiligabend und ersten Feiertag verbracht und erlebt habe, schilderte ich bereits und will nun meine Schilderung fortsetzen. Am zweiten Feiertag war zu unserer gemeinsamen Freude, wieder geschlossen Ausgang. Der Tag war winterlich klar und so recht geschaffen zu einem ausgedehnten Marsch in die weitere Umgebung Detmolds. Nachdem wir uns hungrig und durstig gelaufen hatten, kehrten wir in ein im Wald versteckt liegendes Café ein und tranken dort erst mal ordentlich Kaffee – Kuchen war natürlich auch wieder dabei. Doch zu Hause angekommen, wartete wieder ein neues Vergnügen auf uns. Wir sahen den Film »Carl Peters«. Am Abend zuvor sahen wir den Film »Das Verlegenheitskind« und gestern »Auf Wiedersehen Franziska«. Doch diese Kette reißt nicht ab, denn heute gehts wieder ins Kino zum Film »Links der Isar, rechts der Spree«. Also, Ihr seht, was uns hier für eine Abwechslung geboten wird. Fünfmal in der Woche ins Kino und wahrscheinlich sehen wir diese Woche noch mehr Filme. So oft hatte ich daheim nicht das Vergnügen – höchstens alle zwei Monate einmal. Ich glaube, dass diese schönen Abwechslungen in unserem harten Dienst ihren Zweck erfüllen und etwaige auftauchende trübe Gedanken verscheuchen helfen. Die Zeit geht ja wie im Fluge dahin, nun ist schon bald ein Drittel unserer Ausbildungszeit herum, noch zwei Mal dieselbe Zeit und wir werden wieder auseinandergerissen. Der eine kommt auf eine Flugzeugführerschule, der andere wird Bombenschütze usw. Wir Kameraden müssen uns wieder trennen, um uns vielleicht nicht mehr wiederzusehen. Doch an ihre Stelle treten wieder andere und die Kameradschaft wird genau dieselbe werden, wie sie in unserer ersten Soldatenzeit war.

      Mir kommt es manchmal vor, als wäre ich zeitlebens Soldat gewesen und nie Zivilist. Das kommt mir öfters wie ein Traum vor, doch der Gedanke an die Heimat, bleibt immer wach. Bis dahin wird wohl noch eine schöne Zeit vergehen und wenn ich dann mal nach Hause komme, werdet Ihr einen anderen Sohn vor Euch haben, der die Menschen kennengelernt, der eine harte aber lehrreiche Schule hinter sich und viel erlebt hat. Am 2. Weihnachtstag begann bei uns der Winter, auf den wir uns alle gefreut hatten. Denn die ganze Zeit hatte es unaufhörlich geregnet, und es war nicht gerade ein Vergnügen durch den Schlamm gezogen zu werden. Jetzt, da es tüchtig geschneit und gefroren hat, fällt nun das flach, doch dafür geht‘s jetzt rein in den Schnee, sodass wir von einem echten Schneemann kaum zu unterscheiden sind. Man glaubt kaum, auf welche Ideen die Ausbilder kommen, um uns so richtig durch den Schnee zu ziehen. Doch das macht jedem Spaß und jeder fasst es von der heiteren Seite auf. Nur werden die Hände verflucht kalt, besonders wenn mit Gewehr exerziert wird. Also, die Vorteile des Winters werden durch die Nachteile ausgeglichen. Hat bei Euch der Winter auch angefangen und ist dort so klares Wetter mit Sonnenschein? Jetzt müsste ich daheim sein und dann ging es wieder hinaus in den Schnee, in die Natur, um die herrliche Winterpracht zu genießen. Eben gab es eine angenehme Unterbrechung, die Post ist da! Ich erhielt Eure Karte aus Monzingen und ein Weihnachtspäckchen von Tante Manda. Also hatte die Post mich reich beschert. Das konnte ich mir doch denken, dass Ihr über Weihnachten einen heben geht, aber gleich 3 Liter Nahewein? Ja, wenn ich da dabei gewesen wäre … Den Heimweg kann ich mir ja so gut vorstellen! Lieber Papa, darauf kannst Du Dich verlassen, dass wir beide zusammen eine 3-Liter-Flasche knacken werden auf meinen ersten Urlaub, ohne mit der Wimper zu zucken. Ganz so trocken sitzen wir hier auch nicht. Ich habe zum Beispiel zwei Flaschen Nahewein im Spind liegen, sodass ich doch etwas im Training bleibe.

      Liebe Erna, wenn ich nach dem Inhalt der Karte urteilen soll, dann sehen wir uns vielleicht heute in acht Tagen wieder. Ewald kommt doch sicher auch mit. Wenn Ihr also kommt, dann schreibt mir bitte vorher wann und zu welcher Zeit, denn sonst sitze ich vielleicht in der Kantine oder im Kino, oder wir werden ausgeführt und Ihr seid umsonst hier gewesen – das darf auf keinen Fall passieren.

      Lieber Fritz, hast Du einen Billardpartner gefunden oder spielst Du solo? Was meinst Du, wenn ich jetzt daheim wäre, ich garantiere Dir, den ganzen Tag ging uns das Billard spielen nicht aus dem Kopf und abends würden wir unseren bisschen Geist beim Schach spielen anstrengen. Hier kann ja doch keiner spielen. Ich bin Dir heute noch dankbar dafür, dass Du mir das Schachspielen so gut beigebracht hast. So, nun muss ich Schluss machen, denn jetzt geht es hinein ins Kino zu zwei Stunden lachen und Frohsinn.

      Viele Grüße und ein frohes gesundes neues Jahr sendet Euch allen

      Euer Arnold

      PS: Liebe Eltern, nun kommt noch eine Bitte, wenn Ihr Seife und Zahnpasta übrighabt, dann schickt mir bitte die Sachen, wir bekommen ja keine Seife oder nur wenn, sehr wenig.

      Kapitel 2: 1942 – Detmold

      Detmold, Samstag, den 10.1.1942:

      »Griffe kloppen, Sportstunden und Besuch von Erna«

      Sobernheim(1):

      »Die Blinden-Schreibmaschine vom Papa Paul von der Eltz«

      Sobernheim(2):

      »Brief vom blinden Papa Paul zu seiner Erblindung«

      Detmold, Donnerstag, den 15.1.1952:

      »Päckchen, Gelee, Gebäck, Kaffee, Kuchen …«

      Detmold, Samstag, den 24.1.1942:

      »Hermann wieder zu Hause und ich habe einen guten Appetit«

      Detmold, Montag, den 26.1.1942:

      »Heimweh und die anstrengend lustige Soldatenausbildung«

      Detmold, Sonntag, den 1.2.1942:

      »Nach Rügen und endlich zum fliegenden Personal, aber wann?«

      Detmold, Samstag, den 7.2.1942:

      »Langeweile vor der Versetzung, die Besichtigung und alles Gute für Hermann«

      Detmold, Samstag, den 14.2.1942:

      »Erna besucht mich, Horstsperre wegen Scharlach und Zigaretten gegen Brot«

      Detmold, Donnerstag, den 19.2.1942:

      Hunger auf Schinken, eine Besichtigung und Versetzung verschoben wegen Scharlach«

      Detmold, Sonntag, den 22.2.1942:

      »Immer noch Horstsperre und ich bin sehr dankbar für jedes Paket liebe Eltern!«

      Detmold, Dienstag, den 24.2.1942:

      »Endlich nacht die Versetzung und dann nichts wie weg von hier!«

      Detmold, Sonntag, den 1.3.1942:

      »Sitze immer noch in Detmold fest, habe Lust auf Wein und wie geht es Familie Schaaf?«

      Detmold, Donnerstag, den 5.3.1942:

      »Bin ich eigentlich ein richtiger Soldat? Bitte einen Koffer schicken!«