Juliane Summer

Im Bett mit New York


Скачать книгу

fand es anstößig. Es passte so gar nicht zu diesem Event in einem Hardwarestore. Die Angestellten wussten nicht, wo sie hingucken sollten.

      Als ich mich verabschiedete sagte Filippo zu mir, er wäre in den nächsten Tagen in New York und würde mich gern zum Essen einladen.

      Es dauerte nicht lange und er rief mich an. Wir verabredeten uns. Er kam zu mir nach Hause und holte mich nach seinem Geschäftstermin ab. Seinen Trolley ließ er bei mir. Wir nahmen eine Taxe und fuhren zum Grand Central, wo New Yorks Freshest Oyster and Seafood Restaurant ist. Er hatte einen Tisch reserviert. Es ist unbedingt ein Muss, dieses Restaurant zu besuchen, es besteht seit 1913 im Untergeschoss des Grand Central. Nicht nur den wirklich vorzüglichen Fisch sollte man probieren, auch die Architektur ist sehenswert.

      Spät abends sind wir wieder zu mir gefahren. Wir legten uns aufs Bett, blieben aber angezogen. Wir hatten so viel zu erzählen. Ein Zug nach Stamford ging stündlich. Wir erzählten aus unserem Leben. Seine Wurzeln waren in Italien. Er war glücklich mit einer Polin verheiratet und schwärmte sehr von seiner Frau. Sie konnte gut kochen, war loyal und fleißig. Er hatte keine Kinder.

      Wir küssten uns ab und zu, er streichelte mich zärtlich und meinte: “Du bist schön.“ Wir plauderten bis in den frühen Morgen. Gegen sechs Uhr verließ er mich.

      Er lud mich zu sich nach Stamford ein. Ich müsse unbedingt kommen. Er wollte mir ein Büro und eine Wohnung zeigen. Das machte ich dann auch. Es war Februar. Ein kalter aber sonniger Tag. Ich hatte mich sehr elegant angezogen: schwarzer Lederrock, schwarze Stiefel, einen langen gefütterten kamelfarbenen Wildledermantel.

      Er holte mich mit seinem Truck vom Bahnhof ab. Er sah gut aus, war in meinem Alter. „Bist du hungrig?“, fragte er mich. Ich bejahte, es war Mittagszeit. Wir fuhren zu einer Pizzeria, die gerade geöffnet hatte. Der Inhaber begrüßte uns. Ich bestellte eine Pizza Pikante, dazu tranken wir Rotwein.

      Anschließend hielt er vor einem CD-Shop. „Such dir was aus“, meinte er.

      Ich sagte: “Ich habe reichlich CDs. Wenn du willst, kannst du mir ja was aussuchen.“

      Er kaufte mir eine Doppel-CD von Bocelli, das wäre zurzeit seine Lieblingsmusik. Als wir wieder ins Auto stiegen, bedankte ich mich.

      Er bot mir großzügig Bargeld an, das ich partout nicht annehmen wollte. Er meinte: „Du bist sehr bescheiden. Aber bitte, nimm es an. Es ist für das Bahnticket und für den Rest kaufst du dir etwas Schönes.“ Es war mir peinlich.

      Er zeigte mir dann leerstehende Büroräume, die ihm gehörten. Er hatte die Idee, mit mir zusammenzuarbeiten. Ich sollte ein Büro leiten und Gespräche mit wohlhabenden Männern führen, die eine Partnerin aus Osteuropa haben wollen. Er fantasierte. Ich hatte kein Interesse an so einem Geschäft. Auch der Gedanke dort zu wohnen und zu arbeiten war abstrus. Ich gehörte zu New York.

      Dann fuhren wir noch durch die Gegend. Er nannte mir Namen der Hausbesitzer, zeigte mir die Häuser, wo Freunde von ihm wohnen, nannte mir die Kaufpreise. Die Häuser befanden sich auf sehr großen, nicht eingezäunten Grundstücken. Ich dachte: Nein, auch hier möchte ich niemals wohnen. Hier würde ich vor Langeweile sterben. Ein Nachbar beobachtet den anderen. Nein, danke.

      Anschließend fuhren wir noch zum Schützenclub, dort kaufte er T-Shirts und andere Dinge für meine Freunde in Deutschland.

      Er brachte mich dann abends wieder zum Zug. Ich bedankte mich auf das Herzlichste.

      Ab und zu trafen wir uns noch zum Essen in New York.

      8. Wie ich mein Apartment in Manhattan fand

      Als ich mich nach drei Jahren von Steve trennte, war ich gezwungen, mir ein Apartment zu suchen. Es war immer mein Traum, in Manhattan zu wohnen — in Brooklyn, Queens hatte ich bereits gewohnt.

      Ich studierte einige Zeitungen, rief einige Agenturen an und vereinbarte Wohnungsbesichtigungen. Die Agenturen verlangten drei Monatsmieten als Kaution plus Provision. Ich wollte nicht so viel Geld ausgeben. Ich konzentrierte mich dann nur auf die Anzeigen in der New York Times. Es fiel mir eine Anzeige auf, ohne Kaution. Ich rief an und vereinbarte einen Termin.

      Ich machte mich auf den Weg zum Vermittlungsbüro, 86th Street Ecke 1st Avenue. Zum Büro führten drei Außenstufen. Ich klingelte, die Tür wurde geöffnet. Ich betrat einen schmalen Flur. Alles sah aus, wie seit vielen Jahren nicht renoviert.

      Eine Luke wurde geöffnet: „Was wollen Sie?“, fragte mich ein junges Mädchen indischer Herkunft.

      „Ich habe einen Termin mit Fanny.“

      Fanny war die Eigentümerin, jüdisch, weit über 80. Wir mochten uns von der ersten Sekunde an. Sie war klein, zierlich, weißhaarig, hatte ein freundliches, hübsches Gesicht. Ihr gehörten zahlreiche Mietshäuser in dieser Gegend. Fotos von ihrem Sohn und ihren Enkelkindern hingen an der schmutzigen Tapete.

      Sie gab mir Schlüssel für die Besichtigung von zwei Apartments, jemand begleitete mich. Die Apartments waren sehr klein, aber für mich ausreichend. Nach der Besichtigung ging ich wieder in ihr Büro und sagte: “Ich fliege jetzt für drei Wochen nach Deutschland. Wenn ich wiederkomme, melde ich mich bei Ihnen.“

      Genau das tat ich und nahm meinen Lover zum zweiten Termin mit. Wir beide waren ihr sympathisch. Er war Jude. Ich erzählte von meinem Aufenthalt in Deutschland, über meine Familie, und dass ich New York sehr liebe. Ich sah mir ein anderes Apartment an, das mir sehr gut gefiel. Es befand sich im vierten Stock, mit Aufzug, ordentlich renoviert, neue weiße Küchenzeile, Holzfußboden, Einbauschränke — ein kleines Studio für 1.200 Dollar, ganze 34 Quadratmeter. „Das nehme ich.“

      Wir gingen wieder in ihr Büro. Ich füllte die umfassenden Bewerbungsunterlagen aus. Manches ließ ich unausgefüllt. Sie fragte nicht dumm, wir unterzeichneten. Ich zahlte die Miete plus einen Monat Kaution bar. Ich erhielt die Schlüssel und zog am nächsten Tag ein.

      Endlich angekommen in New York, dachte ich.

      9. Jürgen — Suche verrückten New Yorker

      Ich hatte eine Anzeige in einem New Yorker Magazin aufgegeben; ich wollte den Singlemarkt testen.

      Der Text lautete ungefähr: Neu in New York, Deutsche, groß, blond, sexy, Mitte 40 (natürlich gelogen), sucht verrückten Mann, der ihr New York zeigt. Ich bekam über 100 Nachrichten. Manche riefen dreimal an.

      Ich hörte die Messages ab: Rechtsanwalt, 45, 1,82 groß, jünger aussehend, Nichtraucher, reise sehr oft nach Europa, Telefonnummer ... Chris, 49, Nichtraucher, lebe auf Long Island, liebe Joggen, Skilaufen, Klettern, Konzerte, Telefonnummer ... 45, 1,80 groß, Grüß Gott, bin Rechtsanwalt, hoffe dich zu sehen, Telefonnummer ... Mein Name ist Jack, ich liebe europäische Frauen, deine Message klingt so süß, so niedlich, aufregend, ich bin Kriminalist, 38, 1,83 groß, ich hoffe, ich bin nicht zu klein für dich, habe schmutzigblondes Haar und grüne Augen, ich hoffe, dich zu treffen, du klingst wundervoll, ich bin müde von amerikanischen Girls, Telefonnummer ... James, Immobilienmakler 1,86 groß, sehr gutaussehend, mag die deutschen Frauen sehr, nach meiner Erfahrung sind sie ausgeglichen, Telefonnummer ... Christopher, lebe seit sechs Jahren in New York, original aus London, beschäftigt im Geldmanagement, ich möchte dich bald treffen — seine Stimme klang sehr, sehr angenehm, trotzdem rief ich nicht zurück — Jim, James, Bob, Tom und wie sie alle hießen ... manche sprachen ein wenig Deutsch, haben in Deutschland gelebt ... sie waren alle angetan von den deutschen Frauen.

      Ich hatte dann aber plötzlich gar keine Lust, jemanden anzurufen. Manche waren verrückt nach meinem Akzent. Es wurde mir immer wieder bestätigt, dass er sehr sexy klang. Ich erinnere mich, als ich mal mit einem guten Freund beim Weinverkosten auf einem kalifornischen Weingut war. Wir, drei Frauen und er, setzten uns an einen Tisch, um unseren Lunch zu bestellen. Die Kellnerin kam, um die Bestellungen entgegenzunehmen. Ich bestellte. Sie fiel aus allen Wolken und schrie lachend: „Mein Gott, was für ein sexy Akzent!“

      Meine