Reena Hera

Vollweib


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immer wärmer werdenden Haut meiner Gespielin. Meine Cousine atmete dabei immer heftiger und genoss offensichtlich meine intensive zärtliche Zuwendung. Immer öfter konnte ich an ihrem lauter werdendem Stöhnen erkennen, dass sie diese Erkundungsreise meiner Hände wohl überaus liebte. Sie hatte dann sehr plötzlich und überraschend und nur für Sekunden meine Hand zwischen ihre Beine geführt. Gott, war die dort nass gewesen! Wie der Nektar aus einer Honigschleuder floss es aus ihrem Lustgarten hervor. Wenige Sekunden vergingen und dann war sie mit: »Ich glaub es nicht, ich glaub es nicht, ein Orgasmus nur durch Streicheln an er Brust«, schreiend und aufstöhnend gekommen.

      Sie hatte mir danach mit ihrem Ausspruch: »Du darfst dir etwas darauf einbilden. Wenn du einmal einen Mann ins Bett bekommen hast, wirst du ihn nie wieder los«, keinen Gefallen getan. Ich hatte daraus eine Notwendigkeit gemacht und das kam bei den jungen Männern nicht gut an. Die meisten Männer mögen keine Frauen, die selbstbewusst die Initiative übernehmen. Die meisten Männer mögen überhaupt nicht gestreichelt werden. Sie wollen möglichst schnell nur das Eine! Bei mir kam nicht gut an, dass mir diese Cousine danach nicht ebensolche Freude verschaffte, und ich es mir in dieser Nacht noch selbst machen musste. Ich hab ihr das bis heute nicht verziehen.

      So war ich aber, voller überschwänglicher Lebenslust, beim Kampf mit den Wasserelementen schon damals weit von einem nächsten Mal entfernt. Denn plötzlich erwischte ich eine Welle nicht genau, sondern leicht schräg, anstatt gerade hindurch, und die Wasserwalze hatte mich schon in ihrem Strudel gefangen. Ich wurde am Boden im Kreis herumgewirbelt, Sand schmirgelte über meine Haut, ich schaffte es noch einmal an die Oberfläche um Luft zu holen, da war auch schon die nächste Megawelle über mir. Wie ein Ball wurde ich von den Wassermassen unter die Oberfläche gedrückt und hin und her gezogen, es zog mir sogar den Bikini aus. Ich hatte sehr bald kein Gefühl mehr für oben oder unten. Alles drehte sich nur mehr. Weiße Wasserbläschen waren überall, und eine unglaubliche Kraft schmiss mich unbarmherzig hin und her. Meine Lungen schrien verzweifelt nach Luft, aber da war keine Luft, sondern nur Wasser um mich herum. Ich verspürte noch, wie ich die Besinnung verlor, tausende Gedanken über mein bisheriges Leben und meine Familie im Kopf. Dann war nur mehr das Summen der Wasserblasen, das leiser werdende Rauschen der Brandung zu hören. Plötzlich ein Aufprall, ich verspürte unglaubliche Schmerzen und unbewusst krallte ich mich an alles, was die Finger an scharfkantigen Felsen fassen konnten. Blut, überall Blut, vor Schmerzen torkelnd wie im Rausch, versuchte ich auf allen Vieren, Stein um Stein, mich über muschelbesetztes Gestein von der Brandung zu entfernen. Als ich halbwegs bei Besinnung war, hörte ich Schreie um mich herum.

      »Da! Da vorne, da oben ist sie!« »Rebecca!!!«

      Eine Welle hatte mich auf die Klippen geworfen, damit letztendlich raus aus dem Wasser. Den Rest hatte ich wohl unbewusst und kriechend geschafft. Von den Haarwurzeln bis zu den Zehen, überall aufgerissene, blutig abgeschürfte Haut, wurde ich, immer noch stark vibrierend, ja beinahe hyperventilierend, in Handtücher gewickelt und zum nächsten Krankenhaus gebracht.

      °

      Diesmal trug ich eine Schwimmweste und die nächsten Felsen waren etwa 1700 Seemeilen entfernt, in östlicher Richtung. Inzwischen wurde das Licht am Himmel spärlicher und schon bald herrschte völlige Dunkelheit um mich herum. Gespenstisch untermalt von meiner brennenden Yacht, die zum Glück immer weiter von mir wegtrieb. Ein lauter Krach ließ mich beängstigt zum Flammeninferno blicken. Offensichtlich war eine der Gasflaschen an Bord explodiert. Verschieden große Trümmer flogen durch die Luft. Hervorgerufen durch mehrere Explosionen, schossen viele kleinere Stücke, umhüllt von schwarzem Rauch, eine Leuchtspur hinter sich herziehend, gegen den Himmel. Ich liebe Feuerwerke, aber dieses hier war nicht nach meinem Geschmack. Dann, Minuten vergingen und es herrschte wieder Stille. Ich hatte aufgrund meiner Gedanken, meiner Rückblicke auf Episoden meines Lebens, die Feuerbrunst neben mir schon fast vergessen.

      Jetzt musste ich zuallererst versuchen, endlich ins Schlauchboot zu kommen. Wieder und wieder versuchte ich mein Glück. Das war normalerweise in einer ruhigen Bucht nicht so schwer, auch wenn manche Menschen schon da Probleme hatten. Hier draußen mit Wind und Wellen in einer tosenden und aufgewühlten See, war das etwas ganz anderes. Hoffentlich war ich inzwischen nicht zu schwach geworden, für diesen Kraftakt. Das Schlauchboot drehte sich und knallte schon wieder mit der Unterseite gegen meinen Kopf. Ich wurde wiederholt unter Wasser gedrückt. Prustend und keuchend an der Oberfläche angelangt, zog, strampelte und stöhnte ich jedes Mal, gelangte aber nicht weit genug aus dem Wasser. Langsam geriet ich in Panik. Ich kam keinen fingerbreit nach oben. Immer wieder klatschte ich zurück ins Wasser. Was war, wenn ich überhaupt nicht ins Boot kam? Was war, wenn mich jetzt Haie angriffen? Es wurde inzwischen dunkel und Haie waren Nachtjäger. Diese zusätzliche Angst machte offensichtlich meine letzten Energien frei. Ich schrie mir das Wasser aus den Lungen und die Vorstellung von einem Hai unter mir verlieh mir letztendlich beinahe Flügel! Es gelang mir, mich über den Seitenwulst aufs Boot zu wälzen. Wie tot plumpste ich hinein, und lag für Minuten keuchend auf dem harten Holzboden. Meine Lage erschien mir dadurch schon weniger aussichtslos.

      Obwohl, jetzt wurde ich mitsamt dem Dingi von den Wellen wie ein Weinkorken auf und ab getragen. Weit und breit nur Wasser um mich herum, weißer Schaum und ein Flammeninferno mit einer Rauchsäule, die wohl mindestens 100 Meter nach oben reichte.

      „Hoffentlich sieht den Qualm jemand. Diese unglaubliche Rauchwolke kann man doch nicht übersehen! Und hoffentlich hat dieser Jemand das Bedürfnis, da mal nach dem Rechten zu sehen. Oder ist einfach nur neugierig.“

      Es sollte mir so oder so sehr recht sein. Die Yacht … oder was davon noch übrig war, wurde aufgrund ihrer größeren Windangriffsfläche weiter von mir weggetrieben. War das jetzt beruhigend oder sollte ich mir auch darüber Gedanken machen?

      Auch die Dunkelheit wurde für mich inzwischen unerträglich, und mein Gefühl der Verlassenheit wuchs ins Unermessliche. Selbst wenn mich jemand suchen würde, war es jetzt so gut wie unmöglich geworden, mich zu finden. Jetzt kam es nicht mehr darauf an, die nächsten Minuten durchzuhalten. Ich wusste, dass ich mindestens die Zeit bis zum Sonnenaufgang überstehen musste. Erst am nächsten Tag, ab dem nächsten Morgengrauen, durfte ich wieder darauf hoffen, von einem Schiff gesichtet zu werden. Das war alles andere als beruhigend. War mein chaotisches Leben überhaupt jemals beruhigend gewesen?

      °

      Das fing schon bei meiner traumatischen Geburt an. Ich wurde in einer dunklen Bauernstube, im hintersten Grailtal, einem der aktivsten Täler der Welt, wie die Einheimischen gerne behaupten, geboren. Ich trug dieses nach vorne bzw. nach außen Streben wohl schon vor der Geburt in mir, noch bevor ich auf der Welt war. So erklärt sich wahrscheinlich auch meine Eile.

      Oder vielleicht kam alles so, weil meine Mutter immer schon so schreckhaft war? Es war ›Teufeltag‹ im Tal. Das war ein alter Grailtaler Brauch am 5. Dezember, den die Einheimischen so gerne zelebrierten. Bevor am nächsten Tag zu den sogenannten braveren Kindern der Nikolaus kommt, müssen die Schlimmeren noch einen Tag lang zittern. Einige Männer dürfen nämlich an diesen Tagen, zumindest für kurze Zeit, Teufel spielen. Sie müssen ja sonst das ganze Jahr über so manchen Trieb unterdrücken. Na ja, jedenfalls – ob jetzt Schock oder meine Neugierde, es war viel zu früh und eine schlimme Geburt. Mehr als siebzehn Stunden versuchte ich da rauszukommen, wo ich dann später wieder viel zu lange brauchte, um das erste Mal jemanden reinzulassen. Noch schlimmer aber waren die ersten Sätze, die in mein Unterbewusstsein drangen.

      »Die kommt nicht auf«, waren die Worte meines Großvaters, sprach es und rannte um den Priester, damit wenigstens meine Seele an diesem teuflischen Tag gerettet würde. Ich muss schon einen erbärmlichen Eindruck hinterlassen haben. Es wurde ganz umsonst eine Menge Wasser vergossen, ich meine damit Tränen. Ich übertönte jedenfalls das Geheul der Weiber, der Priester musste mir wohl irgendwie unsympathisch gewesen sein. Eine Abneigung, die sich in meinem weiteren Leben nicht gelegt hat.

      »Denen zeig ich’s jetzt aber« … Ich tue das bis heute.

      Der Fehlstart hat sich dann doch in einigen Bereichen sehr lange bemerkbar gemacht. Abgesehen von einer lebensbedrohenden Bronchitis, deren Auswirkungen ich lange in Form eines leicht deformierten Brustkorbs als sichtbare Erinnerung mit mir trug, verschlief ich die ersten Monate ganz einfach und einige Jährchen