Michael Voss

Das Casino


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gar keinen Namen für meinen kleinen Neuzugang. „Wie willst du denn heißen?“ Sie sieht mich mit großen Augen an, als hätte sie mich verstanden. Also hergeben werde ich dich sicher nicht. So was Süßes hatte ich ja noch nie. Es ist ein kleines Tigerchen. Ich will gerade in das Bett gehen, da ruft noch Barbara durch. Ich berichte ihr von dem kleinen Kätzchen. Sie ist begeistert. Aber ich spüre sofort, dass etwas nicht stimmt. „Was ist denn los? Ist was mit dem Anwesen?“

      „Nein ich muss operiert werden. Nächste Woche gehe ich in die Klinik.“

      „Was fehlt dir denn?“

      „Das sagen sie nicht, ich muss erstmal zur Beobachtung hin.“

      „Möchtest du, dass ich komme?“

      „Ich würde mich schon freuen.“

      „Gut, ich werde es versuchen. Ich werde Giovanni klarmachen, dass ich verschiedene Dinge dort besichtigen und raussuchen muss.“

      „Sag mal was ist den mit dir los? Du musst dich doch nicht rechtfertigen. Du hast immer dass gemacht, was du gerade wolltest.“

      Als ich auflege, merke ich, dass Barbara ja völlig Recht hat. Ich habe mich in eine Lage gebracht, dass ich beginne, mich zu entschuldigen. Was ist geschehen? Ich habe plötzlich Stress ohne Ende. Ist es Angelina? Die mich mit ihrer Power mitreißt? Oder will ich ihr beweisen, dass ich es kann. Was kann? Zuviel Arbeiten? Sex? Vielleicht will ich es mir selbst beweisen? So geht es nicht weiter. Die zwei Wohnungen. Die Arbeit hier in San Remo.

      Ich muss unbedingt nach Barbara sehen. Sie ist ein Teil von mir. Ich kann sie unmöglich alleine lassen, wenn sie Hilfe braucht. Ich werde nächste Woche nach Berlin fliegen. Ich sehe gleich mal in meinem Computer nach, welche Möglichkeiten es gibt. Ich spüre plötzlich, dass mir an Barbara mehr liegt, als ich zugeben will.

      Es wird doch hoffentlich nichts Ernstes sein. Ich buche gleich über meinen Computer einen Flug für den nächsten Mittwoch. Zwei Tage werde ich schon bleiben müssen, wenigstens bis ich weiß, was ihr fehlt. Ich nehme mein Tigerchen in den Arm und erzähle ihr, was los ist. „Du musst ganz brav sein, wenn ich nicht da bin, versprichst du mir dass?“ Sie tupft mich mit ihrer Pfote am Kinn, als würde sie meinen, „Mach dir keine Sorgen, ich bin ja da.“

      Mit einem Glas Wein und meinem Kätzchen lasse ich mich vor dem Fernseher nieder. Ich beginne über die letzten Wochen nachzudenken.

      Ich treffe Angelina im Zug, sie macht mir schon nach zehn Minuten Avancen. Ich finde sie symphatisch und gehe darauf ein. Gut, es war vielleicht mein Fehler darauf einzugehen, aber sie gefiel mir. Gerade mal vier Wochen später, entscheidet sie mein Leben. Muss ich dass haben? Ich glaube, ich mach mich jetzt einfach mal etwas rar. Da wird Berlin die richtige Pause sein. Ich werde ihr für das nächste Wochenende absagen. Sie nimmt Besitz von der Wohnung in Mailand, ohne zu fragen, ob mir das überhaupt recht ist. Vielleicht hat ja auch Giovanni etwas nachgeholfen. Ehevermittler ist er immer schon recht gerne gewesen. Umso mehr ich darüber nachdenke, umso mehr Panik beschleicht mich. Ich will nicht noch mal die gleiche Situation haben, dass sich meine Freundin in einen Mitarbeiter verliebt und ich der blöde dritte im Bunde bin.

      Bei Angelina könnte genau dieses nämlich wieder passieren. Am nächsten Vormittag bekomme ich einen Anruf von der Vorzimmerdame von Angelina, sie ließe sich entschuldigen, sie müsse am nächsten Wochenende nach Rom. Es ist eine Besprechung angesagt, für weitere Werbe Maßnahmen. So hat es auch mit Irmi begonnen.

      Gegen Abend ruft Angelina dann persönlich an, „Hast du meine Nachricht bekommen.“

      „Ja habe ich.“

      „Dann weißt du ja Bescheid. Hast du das Kätzchen abgegeben?“

      „Nein, das liegt gerade in meinen Armen und lässt es sich gut gehen.“

      „Du weißt, es muss weg, ich vertrage auf keinen Fall Katzen. Außerdem, machen die ja überall hin. Bitte, bis ich wieder komme, muss sie weg sein.“

      „Ich werde sie fragen, was sie davon hält?“

      „Wenn ich nach Mailand muss, wird sie einfach dabei sein, dass musst du doch verstehen. Sie würde ja verhungern, wenn ich sie so alleine lasse.“

      „Du wirst dich entscheiden müssen, wen du von uns beiden bevorzugst.“

      „Ich werde darüber nachdenken.“

      „Da gibt es nichts zum nachdenken. Ich oder die Katze. Da musst du mich schon verstehen.“

      „Ich verstehe.“

      „Wenn du nächstes Wochenende kommst bin ich ja leider nicht da. Ich habe eine Liste mit Dingen aufgeschrieben, die du bitte besorgen musst.“

      „Was ist es denn, vielleicht bringe ich es einfach aus San Remo mit.“

      „Ich habe hier in Mailand einen Inneneinrichter beauftragt, verschiedene Dinge zu entfernen und zu verändern, du musst ihm unbedingt dafür eine Anzahlung geben.“ „Ich verstehe.“

      „Gib mir bitte seine Telefonnummer.“

      „Rafael, er ist sehr nett.“

      „Ich werde mit ihm telefonieren.“

      Am nächsten Morgen rufe ich Rafael an. Er spricht sehr gewandt. „Also wir haben uns entschlossen, das Wohnzimmer völlig neu zu gestalten. Das Schlafzimmer kommt ebenfalls raus. Die Küche bauen wir anschließend um.“

      „An welche Summe haben sie denn so gedacht?“

      Rafael überlegt kurz und meint, „ich brauche eine A-Konto Zahlung von dreihunderttausend.“

      „Wie hoch wird denn die Endsumme sein?“

      „So genau wissen wir dass nicht, da ja noch die Gardinen alle rauskommen.“

      „Wer hat ihnen denn den Auftrag gegeben?“ „Ja ihre Frau hat alles abgezeichnet.“

      „Also jetzt hören sie mal gut zu. Der Eigentümer bin ich, es ist nicht meine Frau. Wie haben sie sich das denn vorgestellt?“

      „Ich brauche nur das Geld.“, meint Rafael.

      „Ich verbiete ihnen auch nur einen Socken aus der Wohnung zu entfernen. Ohne meine Unterschrift geht hier gar nichts.“

      „Rafael legt ohne ein Wort auf.“

      Sekunden später ist Angelina am Telefon, ziemlich aufgewühlt, Ich lasse sie erstmal Dampf ablassen.

      „Wie kommst du dazu, ohne mich zu fragen, die halbe Wohnung zu entsorgen? Ich bin mit der Wohnung sehr zufrieden, um sie zu vermieten, ist sie genau richtig eingerichtet. Was wir beide entscheiden, bedarf doch vorher einige Unterhaltungen. Ich lass mich doch von dir nicht einfach überrennen.“

      Angelina legt auf, ohne einen weiteren Kommentar abzugeben. Eine Stunde später ruft die Putzfrau an. „Sind sie es gnädiger Herr?“

      „Ja so ist es.“

      „Ihre Bekannte, hat mir ihren Schlüssel gegeben. Ich werde morgen die Wohnung reinigen, soll ich die Betten abziehen?“

      „Ja, machen sie dass. Ich komme erst in vierzehn Tagen.“

      „Ich werde alles für sie vorbereiten.“

      Von Angelina bekomme ich keine weiteren Nachrichten. Sie stellt sich beleidigt. Auch ich gebe keine weiteren Lebenszeichen von mir. Mal abwarten, wie es sich fügt. Wahrscheinlich hat sie bereits im Konzern einen jüngeren Mann kennen gelernt.

      Am Mittwoch mach ich mich auf den Weg nach Berlin.

      Als ich im Krankenhaus eintreffe, begegne ich Betti. „Was ist den los?“, frage ich.

      „Ach die ist doch nur hysterisch, es fehlt ihr sicher gar nichts.“

      „So klang das aber am Telefon nicht.“ Als ich das Zimmer komme, erkenne ich Barbara erst gar nicht. Sie liegt da, wie ein Häufchen Elend. Sie trägt die Haare ziemlich kurz. Hängt an diversen Schläuchen. „Das ist nur zur Überprüfung, meint