Mandy Hauser

Der Housesitter


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Beziehungen war er nicht zu haben.

      Dies lag hauptsächlich daran, dass er nicht sehr gerne arbeitete und mehr oder weniger von der Hand in den Mund lebte. Er verdiente sein Geld mit Gelegenheitsjobs. Hatte er mal etwas beiseite geschafft, dann faulenzte er und liess den lieben Gott einen guten Mann sein.

      Er wohnte in einem kleinen Häuschen, welches seinen Eltern gehört hatte und in dem er aufgewachsen war. Das Haus war abbezahlt, so dass er mehr oder weniger kostenlos wohnen konnte.

      John war Wollfetischist und er liess keine Gelegenheit aus, Frauen zu erobern, die Wollsachen trugen. In der kalten Jahreszeit ergaben sich viele Gelegenheiten. Doch sobald es wärmer wurde, liefen die Frauen wieder leichter gekleidet durch die Gegend und es mangelte John an entsprechendem ‚Wild’.

      Es erregte ihn sexuell sehr, wenn er mit den Frauen schlafen konnte, wenn sie ihre Wollsachen auf der nackten Haut trugen, aber auch, wenn er ihre Wolle auf seiner Haut tragen konnte. Am meisten liebte er Mohairwolle. Doch auch anderen Wollarten war er nicht abgeneigt. Die Hauptsache war, dass sie auf der Haut kratzten.

      Zuhause hatte er sich eine kleine Sammlung von schönen Wollstücken angelegt. Doch er wusste, dass es noch viel mehr schöne Sachen zu tragen gibt. Man muss nur dran kommen.

      Er überlegte sich, wie er es denn schaffen könnte, an schöne Wollsachen zu kommen. In seiner Stadt gab es ein Quartier, in welchen ziemlich viele reiche Menschen wohnten. Dort sass er manchmal im Quartiercafé und studierte die Frauen, die dort ein- und ausgingen. Die meisten Frauen waren ab dreissig Jahre alt und stinkreich. Das sah man an den Kleidern und am Schmuck den sie trugen. Die Kleider waren keine Ware ab der Stange, sondern waren aus erlesenen Boutiquen oder handgestrickte Auftragsarbeiten.

      Viele der Frauen trugen im Winter die schönsten und teuersten Wollsachen, die John je gesehen hatte. Er wusste, dass er sich solche Sachen niemals würde leisten können.

      Da er langsam zum Stammgast in diesem Café mutierte, kannte man ihn mit der Zeit. So war es für ihn einfach, mit den Frauen, die ihn interessierten ins Gespräch zu kommen.

      Eines Tages klagte ihm eine etwa 35 jährige Frau, die in einem schönen, roten Strickkleid aus Kaschmirwolle steckte, dass sie in die Ferien fahren wolle, aber niemanden hätte, der ihr den Briefkasten leeren und die Blumen giessen würde. John hatte die Frau schon öfters gesehen. Sie war hübsch, hatte braune, schulterlange Haare, braune Augen, einen Schmollmund und ziemlich viel Holz vor der Hütte. Ihr Parfum roch verführerisch. Sie trug immer sehr schöne Wollsachen und John hatte schon öfters überlegt, wie er der Dame näher kommen könnte.

      Da hatte er einen Geistesblitz. „Ich bin Housesitter“, erklärte er der Frau.

      „Housesitter? Was ist denn das?“, fragte die Dame.

      „Nun“, begann John, „ein Housesitter ist ein Mensch, der auf ein Haus aufpasst. Er erledigt die Sachen, die vom Haus- oder Wohnungsbesitzer zu erledigen gewünscht werden, während er über längere Zeit abwesend ist. Das kann vom Briefkasten leeren, lüften, Tier versorgen, Pflanzen giessen, bis drin wohnen reichen. Je nachdem was gewünscht wird.“

      „Das ist ja sehr interessant“, meinte die Dame. „Und Sie machen so was?“

      John bejahte und erwähnte, dass er noch einen Slot frei hätte. Man wurde sich schnell über den Preis einig, denn die Dame hatte keine Ahnung, was so was kostet und so ging sie auf den etwas über den Markt üblichen Preis ein.

      „Stellen Sie mir bitte einen Vertrag aus“, befahl die Dame „und kommen sie heute Nachmittag zu dieser Adresse, damit wir alles Weitere besprechen können.“ Sie legte ihre Visitenkarte auf den Tisch und verliess, nachdem sie beide Kaffees bezahlt hatte, das Lokal.

      Kapitel 2

      „Geil!“, dachte John. „So schnell hat man sich selbständig gemacht. Wenn die mich weiterempfiehlt, bin ich ein paar Sorgen los.“

      Schnell ging er nach Hause, setzte sich an den Computer und verfasste einen Vertrag. Seine ‚Firma’ nannte er: John‘s Housesitting.

      Im Internet machte er sich über die Preise und Konditionen schlau und ging so gewappnet zu der schönen und reichen Dame.

      Das Haus, besser gesagt die Villa, lag oben am Hang, mit Blick über die Stadt. Ums Grundstück, welches für Stadtverhältnisse riesig war, lief eine hohe Thuja Hecke, sodass man nur durch das schmiedeeiserne Tor zum Haus sehen konnte. Seinen Kleinwagen hatte John in einer Nebenstrasse parkiert.

      John klingelte. Die Überwachungskamera schwenkte auf ihn und kurz darauf öffnete sich das Tor wie von Geisterhand.

      Die Dame vom Morgen, nennen wir sie der Einfachheit halber Frau Elvira Müller, empfing John an der Haustüre. Sie gingen in den Salon, in welchem Frau Müller John Tee anbot. Als die vertraglichen Angelegenheiten besprochen waren, zeigte sie ihm ihr Haus.

      Es wurde abgesprochen, dass John zwei Mal am Tag vorbei kommen solle. Briefkasten leeren, lüften, Fensterläden und Store öffnen oder schliessen, zwei Mal die Woche am Abend etwas länger verweilen, so dass es aussieht, als ob jemand darin wohnen würde.

      Sie erklärte ihm den Code für die Alarmanlage, wie er sie ein- und auszuschalten habe und gab ihm einen Schlüssel und eine Fernbedienung fürs Gartentor.

      „Ich bin ja so froh, dass ich eine Alarmanlage habe“, seufzte Frau Müller. „Seit mein Mann im letzten Jahr gestorben ist, hatte ich immer ein wenig Angst, so alleine in diesem Haus. Glücklicherweise haben mir meine Nachbarn empfohlen eine Anlage einzubauen. Nun fühle ich mich wohler.“

      „Das kann ich gut verstehen“, zeigte sich John verständnisvoll. „Man weiss ja heutzutage nie…“

      John war ganz perplex, dass alles so schnell von statten ging. Ab morgen sollte er für vier Wochen stolzer ‚Besitzer’ einer 10-Zimmer-Villa sein.

      Als John am nächsten Morgen vor der Villa anzufahren kam, drückte er den Knopf der Fernbedienung. Das Gartentor öffnete sich und er fuhr seinen Wagen in den Hof.

      Er ging zur Tür, öffnete sie und trat ein. Nun hatte er drei Minuten Zeit, die Alarmanlage abzuschalten oder zu quittieren, dass jemand im Haus ist, bevor der Alarm an die Polizei weiter geleitet wurde.

      Als das erledigt war, kam John zuerst seinen Pflichten nach. Danach sah er sich in aller Ruhe die Villa an.

      Die Kellerräume enthielten ein komplettes Fitnessstudio, eine Sauna, die Waschküche und den Weinkeller. Eine riesige Anzahl an erlesenen Weinen lagerte da.

      Im Erdgeschoss waren die Küche, das Wohn- und das Esszimmer, sowie ein Gästezimmer und zwei Büros untergebracht. Im Büro standen Hitech-PCs und Monitore, sowie entsprechende Peripheriegeräte.

      Im Obergeschoss war das Schlafzimmer von Elvira Müller. Es war ziemlich gross. Ein grosses Bett stand an der Wand. An beiden Seiten des Bettes waren Fenster, von denen John eines öffnete und die frische Luft hineinliess.

      An der rechten Wand neben dem Bett war eine Tür eingelassen. John öffnete sie und stand in einem riesigen, begehbaren Kleiderschrank. Er traute seinen Augen kaum, was er da alles sah. Neben den üblichen Kleidern und Schuhen gab es eine Unzahl von Pullovern, Wollkleidern und –Mänteln. Sein Herz schlug bis zum Hals, sein Adrenalinspiegel ging schlagartig in die Höhe.

      „Ich bin im Paradies!“, jubelte er. Er fasste die Pullover an, schob seine Hand zwischen diese Prachtstücke, drückte sein Gesicht dagegen, roch daran, und war völlig hin und weg.

      So viele Wollsachen hatte er nicht mal in einer Wollboutique jemals gesehen. Die meisten Wollsachen waren aus Mohairwolle. Es gab aber auch solche aus Angora-, Lopi-, Shetland- und Alpacawolle.

      In den Schubladen fand er wollene Handschuhe, Schals und Mützen.

      Als er sich ein wenig satt gesehen hatte, inspizierte er noch den Rest des Hauses. Es gab noch drei weitere Zimmer mit eigenem Bad und WC hier oben, und eine Kammer, welche jedoch verschlossen