Mira Schwarz

Liebe auf den zweiten Blick - Insulaner küssen anders


Скачать книгу

sie sofort zur Stelle.

      »Ach Gott, Kind, kommen Sie doch einfach rein. Ein Schlückchen Sekt können wir wohl beide vertragen, nicht wahr?«

      »Ja«, sagte Luisa und lachte innerlich. Du hast mir hier den ganzen Morgen aufgelauert, natürlich musstest du wissen, was da abgelaufen ist. Deine Fenster glänzen wie kleine Diamanten. Erna, Erna, mir graut vor dir!

      Die Dame öffnete ihr die Tür und bat Luisa einzutreten.

      »Nun erzählen Sie erst mal«, forderte sie sogleich Luisa auf, währenddessen sie ein Fläschchen Piccolo aufschraubte und sich und Luisa ein Gläschen Sekt einschenkte. »Dann wollen wir mal anstoßen. Auf die Freiheit. Prösterchen.«

      Luisa ekelte sich. Dieser Sekt verdiente noch nicht einmal den Namen Schaumwein - auch schon egal. Sie war nervös. Immerhin durfte sie ihrer Hauswirtin nicht zu viel erzählen. Die Dame galt als alte Klatschbase, ihr Ehemann Ernst war auch nicht viel besser. Dieser lungerte auch nur in der Gegend rum und Erna selbst hatte schon viele Leute brüskiert.

      »Wissen Sie«, sagte Frau Buddenschön, »Männer verhalten sich immer noch wie Jäger und Sammler – sie jagen den ganzen Tag hinter irgendwelchen Zielen hinterher und sammeln Aufmerksamkeiten. Wenn sie dann irgendwann bemerken dass es noch etwas anderes gibt als das Jagen und Sammeln ist es meistens schon zu spät. Die Frau ist weg, die Kinder aus dem Haus – und nun – wo war das bequeme Leben, welches man sich gestalten wollten.«

      Luisa grinste. »Finden Sie, dass es sich so verhält, Frau Buddenschön?«, meinte sie nach einem weiteren Schluck.

      »Ja schon.« Die Dame nickte. »Große Klappe, nichts dahinter. Mein Ernst ist auch so ein Exemplar.«

      »Ach, Frau Buddenschön.« Luisa schaute in ihr Sektglas, »lassen Sie mal gut sein. Ihr Ernst ist schon in Ordnung. Irgendwo brauchen wir doch alle mal einen Mann, nicht wahr?«

      Die Dame gönnte sich ein Schlückchen Sekt dann fragte sie: »Ein bisschen Angst vor der Zukunft bleibt aber doch, nicht wahr?«

      Luisa stutzte.

      »Ich musste lügen, wenn es nicht so wäre. Doch ich habe das, was ich wollte. Ich habe keine Lust mehr auf Kompromisse.«

      »Also, wenn ich es nicht besser wüsste«, meinte Erna Buddenschön, und schaute sie frontal an. »Du liebst ihn noch immer, nicht wahr, ein kleines bisschen vielleicht?«

      »Nein ganz sicher nicht!« Luisa straffte ihre Schultern. »Ich werde nachher meine Schwester in Paris anrufen, dann komme ich auf andere Gedanken.« Ihr graute es vor diesem Anruf und doch sehnte sie sich danach. »Hoffentlich weiß sie noch, dass sie eine Schwester hat. In den Jahren meiner Ehe habe ich nicht viel mit ihr gesprochen, wir haben uns für eine Weile aus den Augen verloren. Im Augenblick ist sie auf der Fashion Week in Paris, danach geht's ab nach London.«

      »Immer noch Model, Ihre Schwester?« Luisa hatte Frau Buddenschön bei ihrem Einzug von ihrer ehrgeizigen Schwester erzählt.

      »Ja, das wird sich auch nicht ändern, bis sie dreißig ist. Danach hört es ja eh schon auf. Sie isst nur Grünzeug und sieht aus wie ein Hungerhaken – aber sie verdient einen Haufen Kohle. Na ja, hat eben Glück gehabt. Hatte sie schon immer, die kleine Kati. Halt die richtigen Leute zur richtigen Zeit getroffen.«

      Frau Buddenschön stieß einen tiefen Seufzer aus. »Tja, hinter jedem Haus steckt ein ›Ach‹, nicht wahr Luisa – was haben Sie jetzt vor?«

      Luisa seufzte und trank erneut. »Weiß ich noch nicht. Keinen Plan, noch nicht mal 'nen Zettel dafür.« Wenn nichts mehr half, half Galgenhumor. Schnell ließ sie sich nachschenken und trank.

      War sie wirklich so verzweifelt? Immerhin hatte sie in den letzten Wochen, ja beinahe Monaten auf nichts anderes hingearbeitet, als diesen Tag. Und nun, als er gekommen war, war da Nichts mehr. Ein großes, schwarzes Loch und wenn sie hineinsah, musste sie feststellen, dass sie eigentlich gar keine Pläne für die Zeit danach hatte.

      Und das musste sie alles feststellen, als sie mit einem warmen Glas Sekt auf der viel zu alten Couch von Frau Buddenschön saß.

      Luisa biss sich auf die Lippe. Die Frage war gut. Was zum Teufel habe ich jetzt vor.

      »Ich werde erst einmal nach oben gehen, mir eine warme Dusche gönnen und dann sehen wir weiter«, antwortete sie mehr zu sich selbst. »Vielen Dank für den Sekt Frau Buddenschön, es war nett mal wieder mit Ihnen geplaudert zu haben.«

      »Ja, dann mal tschüss und immer dran denken – andere Mütter haben auch schöne Söhne!«

      Die Dame lachte, Luisa zog die Mundwinkel nach oben, quälte sich ein Lächeln ab.

      Schlechtester Spruch ever!

      Kapitel 2 – Und was nun?

      Das Haus der Buddenschöns, in welchem Luisa vorerst eine neue Bleibe gefunden hatte, lag im Stadtteil St. Pauli. Es war ruhig gelegen, hatte einen kleinen Vorgarten, der hingebungsvoll von der Dame höchstpersönlich gepflegt wurde. Neugierde hin Neugierde her, Buddenschöns waren nette Vermieter.

      Ihr Vermieter war, wenn er nicht gerade seinen Genever trank, ganz verträglich. Zwar hielt Ernst Buddenschön nicht viel von der Arbeit – das Haus dümpelte einfach so vor sich hin, wie ein alter Kahn der einer Komplettsanierung bedurfte – doch Luisa hatte auch nicht vor, hier alt zu werden.

      Sie seufzte, nachdem sie die Treppe hinaufgestiegen war und sich ein Glas Tee eingegossen hatte. Was sollte denn nun wirklich werden? War sie zu ungeduldig mit sich selbst?

      Sie hatte das alles total cool gefunden, als sie sich ihren weiteren Lebensweg aufgemalt hatte. Luisa Tanner als Boutique-Chefin, Luisa Tanner als Gourmet-Fachfrau oder doch lieber als Innenarchitektin.

      Stattdessen öffnete sich gerade ein tiefes, schwarzes Loch. Ach herrje, so hatte sie sich das alles nicht vorgestellt.

      Hey, Luisa, wach auf du kannst nicht gleich erwarten, dass alles rund läuft, redete sie sich ein. Wenigstens das Muttersöhnchen bist du los. Und was hatte Frau Buddenschön eben gesagt: »›Andere Mütter haben auch schöne Söhne‹«.

      Wie wahr.

      Zwei Menschen waren für eine Weile zusammen gewesen, doch für wahre Liebe hatte es eben nicht gereicht. Schwamm drüber, die Sache war gegessen!

      Luisa nahm ihr Handy zur Hand und wählte die Nummer ihrer Schwester, die bereits nach dem dritten Klingeln den Hörer abnahm.

      »Hi Schwesterchen, na bist du den Typen endlich los?« Katharina hatte sich ihre Direktheit bewahrt. So war sie damals schon gewesen.

      »Hallo Kati, ja bin ich, in der Tat. Jetzt hänge ich allerdings hier ab und weiß nicht recht, wie's weitergehen soll.«

      »Ist völlig normal«, meinte ihre Schwester, »du bist gerade frisch geschieden, entweder du gibst dir heute Abend die Kante oder du gehst ins Kino und siehst einen supersüßen Film bei dem du richtig Heulen kannst. Hilft immer, garantiert! Danach bist du wieder die alte Luisa, wirst sehen.«

      Katharina war, was Männer und andere Dramen betraf, völlig schmerzfrei. Sie verdiente als Model sehr gut. Probleme mit Männern waren ihr fremd – brauchte sie einen, nahm sie ihn sich einfach, huschte mit ihm ins Bett und gut war es. Keine Eifersuchtsszenen, keine Seelenqualen. Ein Quickie pro Monat reichte ihr aus. Sie sah die Typen nie wieder.

      Warum auch?

      Doch genau in diesem Punkt waren die beiden Schwestern grundverschieden. Es wäre nicht Luisas Ding gewesen. Sie war immer die Bodenständigere von beiden – Katharina eher der Luftikus, Luisa hinterfragte – Katharina genoss das Leben!

      »Hey Süße, schwing dich doch einfach in den Flieger und komm zu mir nach Paris. Ich habe morgen frei, dann kommt die Show bei Gaultier und danach Vivien Westwood – und danach geht es erst nach London und dann nach New York. Also, was ist – sei doch mal spontan, Menschenskind!