Emmi Watson

Aufgestaute Sehnsucht und Vertrautheit


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und Yang hatten sich

       gefunden. Die Kälte, die Schwäche, der Schock, alles war einer

       unglaublichen Leichtigkeit, Wärme und Vertrautheit gewichen.

       "Willst du die nasse Hose nicht ausziehen"? Ihre Hände hatten die Träger

       an den Schultern bereits gepackt. Die Berührung jagte mir einen so

       mächtigen Schauer durch den Körper, dass ich gar nicht richtig wahrnahm

       wie sie die Hose herunterstreifte. Wieder überkam mich die Gänsehaut,

       wieder stellten sich meine Nackenhaare auf, wieder schlug es ein.

       Unsere nackten Körper prallten mit einer solchen Wucht aufeinander,

       dass uns für einen Moment die Luft weg blieb. Passend dazu hätte uns

       ein Blitz fast geblendet, wären nicht unsere Augen verschlossen

       gewesen. Der anschließende Donner ließ den Fußboden erbeben.

       Es war gleichgültig, wir nahmen es einfach nicht wahr. Ebenso wenig wie

       die Banalität, dass das Licht ausging und die Luft stark nach Ozon

       roch.

       Meine Lippen sagten absolut geräuschlos den stereotypen Satz: das dürfen

       wir nicht tun. Und genauso tonlos antworteten Vanessas volle Lippen,

       nein, das dürfen wir nicht.

       Ich wusste, dass ich verloren hatte. Eigentlich wusste ich es bereits,

       als ich Schröders Haus sah. Mir wurde klar, dass wir beide nie eine

       wirkliche Chance hatten zu verhindern, was jetzt passierte.

       Aber was passierte denn? Zwei Teile fügten sich zusammen, die schon

       immer zusammen gehörten. Das geschah allerdings so martialisch, so

       unabdingbar, mit einer so unglaublichen Energie, - was oder wer hätte

       das verhindern können?

       Ich ließ dem Schicksal ergeben seinen Lauf. Vanessa schien mit mir an

       der Hand aus dem Bad zu schweben. Ein schwaches Wetterleuchten ließ

       mich das Schlafzimmer wahrnehmen bevor ich in dicken, flauschigen

       Wattebällen versank. Meinen Körper nahm ich nur aus weiter Ferne wahr,

       irgendetwas füllte ihn mit unendlicher Wärme und Zärtlichkeit aus. In

       wunderbar sanften, harmonischen Bewegungen, glitten unsere vereinigten

       Körper wie von engelgleichen Flügelschlägen getragen dem Wunder der

       vollständigen Erfüllung entgegen.

       Das Gewitter war in der Zwischenzeit abgezogen, ab und zu flammte ein

       mattes Wetterleuchten über den mittlerweile dunklen Himmel. Das

       Rauschen des Regens erfüllte den Raum durch das geöffnete Fenster mit

       einer wohltuenden Ruhe. Wir setzten unsere Füße ganz zaghaft wieder in

       der wirklichen Welt auf, stellten fest, dass wir eng aneinander

       gekuschelt zusammen lagen, dass zwei menschliche Wesen in ihre Körper

       zurückfanden. Zärtlich küsste Vanessa meinen Hals. "Du schmeckst ja

       ganz salzig" stellte sie überrascht fest. "Ja, das ist so nach dem

       Sport. Dann muss ich doch wohl duschen, da hat der Regen wohl nicht

       gereicht."

       "Komm" hauchte sie in mein Ohr, "ich möchte dich abwaschen".

       Im Bad stellten wir fest, dass der Strom immer noch weg war. Eine Kerze

       aus dem Wandschrank musste zur Notbeleuchtung reichen. Das Wasser aus

       der Dusche brauchte eine Weile, bis es warm wurde, wir genossen es

       trotzdem. Mit sanftem aber trotzdem festem Griff begann Vanessa meine

       Schweißreste abzuwaschen.

       "An deine Haare komme ich aber nicht ran, bück dich mal".

       Ich kniete vor ihr nieder, in Augenhöhe mit ihrer Pforte zum Paradies.

       In andächtiger Ehrfurcht sah ich ihre zarte Haut im der Dämmerlicht der

       Kerze schimmern. Ich konnte nicht widerstehen. Mein Mund bewegte sich

       ganz eigenständig zu ihrem Bauchnabel. Shampoo lief mir ins Gesicht,

       ich musste die Augen schließen. Trotzdem fand meine Zunge sofort ihren

       Bauchnabel, umkreiste ihn langsam, um dann in die Tiefe vorzudringen.

       Vanessa stöhnte auf, wusch meine Haare immer heftiger, obwohl

       mittlerweile alles Shampoo herausgespült war und drückte meinen Kopf

       hingebungsvoll an ihren Leib. Ich glitt langsam in das wahre Paradies

       hinab. Ade schnöde Welt, der Himmel hatte uns wieder.

       Nicht nur des Wetters wegen verlief die Nacht sehr ungestüm und

       turbulent. Ein grelles Licht, so wie es mich in der Nacht dem irdischen

       Sein zu entreißen schien, holte mich in die Welt zurück. Die Sonne

       strahlte mit aller Macht in mein Gesicht und blendete noch durch die

       geschlossenen Augen. Etwas zur Seite gedreht realisierte ich, dass ich

       nicht allein im Bett lag. Ich hatte nicht geträumt, die Nacht war real!

       Vanessa schien ebenfalls zu erwachen, blinzelte mich verschlafen an und

       war im nächsten Moment hellwach. Ihre Augen strahlten mit der Sonne um

       die Wette. "Guten Morgen" hauchte sie mir mit einem zarten Kuss ins

       Ohr, "aufwachen, mein schöner Wilder". Schon sprang sie voller Elan aus

       dem Bett, den wundervollen Morgen am Fenster zu begrüßen. Herrlich hob

       sich ihr Körper gegen die gleißenden Sonnenstrahlen ab. Wie eine Elfe

       schien sie ohne Bodenberührung zum offenen Fenster zu schweben. "Ach du

       dickes Ei! Ich glaube wir haben heute nach den Weltuntergang verpasst"!

       Neugierig geworden trat ich schwerfällig zu ihr, drückte mich an ihren

       verlockenden Körper, ehe ich einen Blick nach draußen warf.

       Ach du Sch...."! Rutschte mir die maskuline Variante der Überraschung

       heraus. Nur wenige hundert Meter von uns ging eine Brücke über einen

       kleinen Bach. Ging, bis gestern! Jetzt war die Brücke weg und die Wiese

       drum herum war mit Schlamm bedeckt, der nur wenige Meter vor dem Haus

       der Schröders endete.

       "Was soll's, wir sind im Trockenen, lass uns frühstücken". Nackt wie wir

       waren gingen wir in die Küche. Die nächste Überraschung war, dass die

       Kühlschrankbeleuchtung beim Öffnen der Tür dunkel blieb. Schnell

       stellten wir fest, dass noch immer kein Strom da war. "Das ist dann

       wohl was Größeres" stellte ich fest. Auch das Telefon blieb stumm.

       "Hast du viel in der Kühltruhe"? "Zum Glück ist sie fast leer". "Meine

       auch, bis auf zwei Pizzen". "Männerwirtschaft"!

       Lachend begannen wir ein Unwetterfrühstück, mit Saft, Müsli und allem,