Ernst von Wegen

Der Nackt-Scanner


Скачать книгу

sagte ich entsetzt, „kein Kind von mir!“

      Lisa lachte:

      „Nöö, keine Angst, bist ja kein reicher Tennisspieler. Aber Sex mit einem Berühmten ist einfach geil.“

      Berühmt, wow! Ich war drei oder vier Mal im Fernsehen gewesen, davon hat Lisa mich einmal zufällig gesehen. Aber Menschen, die im Fernsehen nach ihrer Meinung gefragt werden, sind für einfache Leute automatisch wichtig und damit berühmt. Und Lisa war einfach. Einfach süß.

      *

      Abends hatte ich dann für meine Katinka eine Überraschung:

      „Wie gefiele dir die Mutation einer Hundebesitzerin zum Vamp?“

      „Auf so was kannst auch nur du kommen. Lies vor!“

      „Nicht schlecht!“ fand Katja die Szene, „und wo mir diese fiktive Lisa auch noch so ähnlich sieht, wirst du keine Mühe haben, deine Phantasien praktisch nachzuvollziehen.“

      Und wir vollzogen praktisch nach. Und dabei dachte ich, ‚Wenn ich das ganze Buch praktisch nachvollziehen muss, werde ich dringend ein Fitnesstraining brauchen. Oder irgendwelche Aufbaustoffe. Oder Drogen.‘

      Mir fiel auf, dass die Recherchearbeiten zu meinem Buch zweiteilig waren. Das Beschaffen von neuem Stoff schien bislang der leichtere Teil zu sein, der Zufall war offenbar mein treuer Gehilfe, wie aber wurde ich die Geister wieder los? Claudia tat mir von sich aus den Gefallen, aber als ich Katja nach zwei Wochen immer noch irgendwelche Lisageschichten auftischte, meinte sie:

      „Lass dir mal wieder was Neues einfallen, die scharfe, ein bisschen einfältige Lisa beginnt mich zu langweilen.

      *

      „Lisa“ sagte ich, „wir sollten uns eine Weile nicht mehr treffen, meine Frau riecht Lunte.“

      „Oh, armer Immo, hast du Angst vor deinem Weibchen?“

      „Mach dich nicht lustig über mich, so spricht man nicht mit mir!“

      „Entschuldige, Herr Philosoph, wenn ich dir auf den Schlips getreten bin. Aber meinst du, du kannst mit mir hier rumvögeln und mich einfach wieder abschieben, wenn es dir nicht mehr in den Kram passt.“

      „Lisa, die Initiative ging doch wohl von dir aus, oder? Und du wusstest, dass ich verheiratet bin. Für dich war es doch auch nur ein bisschen Spaß zwischendurch, ohne Besitzanspruch.“

      „Ja, ist doch gut, ich hab verstanden. Darf ich denn wenigstens ab und zu mal bei dir reinschauen?“

      „Es ist besser, wir beenden unser Techtelmechtel ganz.“

      „Okay, okay, sagte sie „ich fand es trotzdem sehr aufregend mit dir, danke großer Meister.“

      Mit diesen Worten endete die merkwürdige, beinahe surreale Beziehung zu Lisa - dachte ich.

      *

      Eines Sonntagvormittags, wir lagen noch im Bett, da klingelte es. Ich blieb liegen, Katja ging zur Tür.

      „Ich bin Lisa Buske“ hörte ich die Stimme durch den Flur, „Herr Stein hat mich unten reingelassen. Ist Immo, ich meine, ist Herr Polcas zu Hause?“ Katja runzelte misstrauisch die Stirn.

      „Was wollen Sie von ihm?“

      Ja, das hätte ich auch gerne gewusst: was hatte das Luder mit diesem Auftritt vor?

      „Ich wollte nur das Buch zurückgeben, dass er mir geliehen hat. Sagen Sie ihm, es war sehr schön. Das Buch meine ich. Vielen Dank und lieben Gruß. Von Lisa, er weiß dann schon.“

      Katja kam mit einem Gesichtsausdruck zurück, der umgehend Erklärung verlangte:

      „Kann es sein, dass diese Lisa gar nicht so fiktiv ist, wie du mir erzählt hast.“

      „Äh, also, ne, die Figur nicht, die Geschichte schon. Ich meine, die kennst du doch, das ist die, die immer mit ihren Pudeln hier vorbeiläuft. Oder sind es Möpse? Egal, sie hat mich im Fernsehen gesehen und sich ein Buch ausgeborgt. Daraus habe ich dann meine Story entwickelt. Sag bloß, du bist eifersüchtig.“

      „Eifersüchtig? Kein Stück, aber ich töte dich, wenn du mich betrügst!“

      Sie zog mich an sich, wir fielen längs ins Bett zurück. Katja legte ihren Kopf auf meine Brust und hörte mein Herz wild hämmern.

      „Beruhige dich, ich glaub‘ dir ja“, sagte sie. Dann drehte sie sich, legte sich auf mich und drückte ihr Becken gegen meines. Sie stützte sich mit den Armen ab und schloss, während ihr Becken zu wippen begann, ihre Augen. Jetzt, da sie mich nicht mehr sah, verwandelte meine Fantasie die arme Katja in die schamlose Lisa. Es stimmte, sie waren sich in manchem ähnlich: die schlanke Figur, die schönen Beine, der knackige Hintern und die süßen kleinen Brüste. Sogar ihre blonden Kurzhaarfrisuren ähnelten einander. Nur Lisas Gesicht war frecher, fordernder. Ich stellte mir vor, statt meiner Katja, die nur nahm, was man ihr anbot, läge die gierige Lisa auf mir, die nahm, was sie wollte. Die Metamorphose wirkte, ich stemmte mich lustvoll gegen Katjas Unterleib. Katja nahm meine Impulse auf, winkelte die Beine an und setzte sich aufrecht hin und ritt wild und mit geschlossenen Augen weiter. Als ich meinen No-Return-Point erreicht hatte, griff ich an ihre Brüste. Sie spürte meinen baldigen Erguss und suchte mit einigen heftigen Stößen ihrerseits einen Orgasmus zu erreichen. Ich weiß nicht, ob es ihr gelungen ist, jedenfalls stöhnte sie heftig, als ich so weit war und presste sich mit aller Kraft gegen mich. Mittlerweile hatte auch ich die Augen geschlossen und musste mich arg zurückhalten, um nicht „Lisa, Lisa“ zu stöhnen.

      „Li.. Li.. Liebste“, stammelte ich atemlos. Ich schwitzte. Wie lange würde ich dieses wahnsinnige Doppelspiel noch durchhalten.

      Kapitel 4

      Weil Bücher, die sich weniger gut verkaufen, Promotion brauchen, und Hugenbach gute Beziehungen zu wichtigen Medienleuten hatte, schickte er mich an seiner statt in eine Talkshow. In eine anspruchsvolle selbstverständlich. Sonst hing er gerne selber dort rum und gab den engagierten Kleinverleger, der sich bis zur Selbstaufgabe für sein Medium Buch reinhängt. Was ja auch stimmte, kaum ein anderer Verlag war so sehr mit dem Namen des Verlegers verbunden. Und eitel, wie er war, musste er das der ganzen Welt zeigen: der große Hugenbach mit dem kleinen Verlag und dem großen Herzen! Nun hatte er die Gnade und ließ etwas vom Scheinwerferlicht auf mich herniederstrahlen. Ich hatte, wie schon kurz erwähnt, ein Jahr lang in Die Woche kompakt eine geistreiche Kolumne geschrieben, die überraschend gut angekommen war. Lobende Leserbriefe kamen körbeweise und eine bundesweite Tageszeitung hatte geschrieben:

      „Hierin (in den Kolumnen) beweist der sonst so bierernste Philosoph und Essayist Immo Polcas sein Talent zum Humor“.

      Hugenbach wollte diesen Rückenwind für seinen Verlag nutzen. Er hatte sich die Rechte gekauft und einen kleinen Band daraus zusammengestellt. Aus meiner Sicht wurde leider nicht der erhoffte Selbstläufer, wir mussten nachlegen, dazu war der bierernste Humorist Polcas Gast im Studio Vier.

      Der Moderator schlug vor, sich auf die Kolumne zur Frauenquote zu konzentrieren. Darin hatte ich die Stellung der Frau im 21. Jahrhundert sehr ironisch behandelt. Mein Humor wurde nicht von allen gewürdigt. Fanatiker sind humorlos, Fanatiker sehen sich immer gleich persönlich angegriffen. Und so feuerte auch Amelie Blank, die Chef-Feministin des Landes aus allen Rohren zurück. Die Obersuffragette saß mir direkt gegenüber. Sie warf mir biologischen Determinismus vor, mit dem ich die Frau dem Mann auf ewig unterordnen wolle und manch anderes mehr. Der Gesprächsleiter heizte die Debatte an indem er mir zur Seite sprang, wenn ich aus seiner Sicht zu rücksichtsvoll antwortete. Das spornte mich tatsächlich an und schon bald hatte ich den Bogen raus: ich führte meine Gegnerin immer wieder auf ihr Urdilemma zurück:

      „Sie kämpfen für die Rechte der Frau“ sagte ich, „und versuchen gleichzeitig, alle Unterschiede zwischen Frau und Mann einzuebnen. Wenn Sie aber keine Unterschiede wahrhaben wollen, gibt es auch keinen Kampf mehr. Solange sie gegen Ungerechtigkeit