Ernst von Wegen

Der Nackt-Scanner


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versteht es nicht, er will es einfach nicht verstehen!“

      Ich warf ihr vor, die Begriffe Lust, Pornografie und Unterdrückung nicht scharf genug voneinander zu unterscheiden und fragte sie provokant:

      „Gestehen Sie der Frau kein Recht auf Lust zu? Spüren Sie selbst keine sexuelle Lust?“

      Das war zu viel. Viel zu persönlich.

      „Jedenfalls verspüre ich keine Lust, mit Ihnen in aller Öffentlichkeit über meine persönlichen Gefühle zu sprechen.“

      Sie stellte ihre Person wieder hinter den Kampf für Frauenrechte und warf mir bitterböse Blicke zu. Wir traten auf der Stelle und waren am Ende der Sendung kein Stück weiter als zu Beginn der Gesprächsrunde.

      Aber darum ging es auch gar nicht.

      Talkshows waren noch nie darauf aus, irgendwas zu klären oder auch nur zu erklären. Der Moderator hatte den gepflegten Zoff bekommen, den er wollte und ich die Werbung für mein Buch, und so nebenbei konnte ich nicht nur meinen Bekanntheitsgrad steigern: Wer zu Amelie Blank in den Ring gestellt wird, gilt schon als ein Schwergewicht. Auch Frau Blank selbst zeigte sich nach der Sendung zufrieden. Fanatisch war sie nur im Ring während des Kampfes.

      Genaugenommen war auch sie schon ein Teil des Systems geworden, das den Kampf für das Gute als permanente Show zelebriert. Sie lebte mit ihrem Verlag von der fortdauernden Benachteiligung der Frau, so wie die Gewerkschaften von der fortdauernden Benachteiligung der Beschäftigten leben. Stellte sich von heute auf morgen Gerechtigkeit ein, wären all die wackeren Kämpfer urplötzlich arbeitslos. Ich bin sicher, so weit werden sie es nicht kommen lassen.

      Ich traf Amelie Blank später im Hotelrestaurant wieder, überraschenderweise setzte sie sich zu mir. Die ausgepuffte Medienfrau konnte inszenierten Streit gut von privatem Umgang trennen.

      „Für einen aus der Printbranche haben Sie sich wirklich prima geschlagen“, sagte sie.

      „Hab ich Sie auch nicht zu hart angefasst?“

      „Ich bitte Sie!“ Amelie Blank lachte laut auf, „Da bin ich wirklich Schlimmeres gewohnt.“

      Als wir gegessen hatten und schon beim zweiten Glas Wein angelangt waren, sagte sie:

      „Nur eines hat mich irritiert, ja geradezu rasend gemacht: dass Sie mir ständig auf den Busen gestarrt haben. War das Taktik...?“

      „Wie bitte?“

      „Ja, sie haben schon verstanden. Besonders bei der Frage, ob ich denn keine Lust verspüre, haben sie auf meinen Pullover gestarrt.“

      „Und? Verspüren sie sexuelle Lust oder haben sie die unter ihrem Gerechtigkeitsanspruch vergraben?“ Amelie Blank schien leicht die Fassung zu verlieren.

      „Glauben Sie im Ernst, ich spreche im Hotelrestaurant darüber.“

      Und dann geschah, was ich nie für möglich gehalten hätte:

      „Sprechen wir in meinem Zimmer weiter.“

      *

      „Natürlich bin ich auch eine Frau“ sagte Frau Blank und goss uns zwei Weinbrände aus der Minibar ein, „natürlich verspüre ich auch Lust. Aber ich verspüre keine Lust, über mir einen schwitzenden Mann keuchen zu sehen, der mit einem affenartigen Gesichtsausdruck einem raschen Orgasmus entgegenrammelt.“

      Ich lachte:

      „Ja, Sex zu zweit kann eine sehr einsame Sache sein.“

      Amelie quittierte den Witz mit einem Schmunzeln und fuhr fort:

      „Genau das meine ich: für den Mann ist Sex eine einseitige, um nicht zu sagen singuläre Veranstaltung. Er gebraucht die Frau nur als optische Vorlage zur Triebbefriedigung.“

      „Und umgekehrt“ fragte ich?

      Amelie wurde verlegen:

      „Sicherlich ist auch die Frau auf optische Stimulanzen angewiesen, aber was mich persönlich angeht, so finde ich die meisten Männer angezogen sympathischer als nackt. Und sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich sage: das männliche Geschlechtsteil ist nicht gerade das ästhetische Meisterwerk der Schöpfung, oder?“

      Ich zitierte den Kabarettisten Ingo Börchers:

      „Der Schöpfer beweist Humor: warum sonst führt er den Abwasserkanal mitten durchs Vergnügungsviertel!“

      Sie lachte:

      „Herrlich, ehrlich! Apropos Ehrlich: Geben Sie zu: Sie haben mir auf den Busen gestarrt, wollten Sie mich damit verunsichern?“

      „Antwort eins: ja, ich habe, Antwort zwei: nein, ich wollte nicht.“

      „Warum dann?“

      Am liebsten hätte ihr die Wahrheit gesagt:

      „Weil Sie da offenbar zwei wunderbare Dinger unterm Pulli versteckt haben.“

      Stattdessen bot ich ihr eine Halbwahrheit an:

      „Aus Recherchegründen...“

      „Wiebittewas? Das müssen Sie mir erklären!“

      Ich erzählte ihr von meinem Buchprojekt und dass ich mich erst langsam darin einarbeiten müsste und dass diese Einarbeitung sich zu verselbständigen beginne; dass ich begänne, die Frauen nach sexueller Brauchbarkeit abzusuchen. Und wie peinlich mir das sei.

      „Was denn, ausgerechnet ich soll Sie dafür bedauern? Warum machen Sie es denn, wenn Sie das so sehr mitnimmt?“

      „Nun, Hugenbach hat viel für mich getan, ich bin ihm was schuldig. Darum.“

      Amelie lachte hämisch goss uns einen weiteren Weinbrand ein:

      „Auf den selbstlosen Kämpfer des Verlagswesens. Und weil wir gerade so ehrlich miteinander sind: ich hab es auf perfide Weise genießen müssen, wie sie mir auf den Busen starrten.“

      Wow!

      „Ich konnte mich nicht dagegen wehren. Ihre Augen schienen mich zu streicheln, meine Brüste erwärmten sich auf unerklärliche Weise...“

      „Etwa so?“

      Ich legte meine Lippen auf ihre linke Brust und hauchte langsam aus. Mein körperwarmer Atem verfing sich in ihren Pullover und unter der raschen Temperatursteigerung stellte sich ihr Nippel frech auf.

      „Jaaah so!“, hauchte sie. „Übrigens hab zwei davon.“

      Also ließ ich auch ihrer rechten Brust einen warmen Luftschwall zukommen, auch hier reagierte der Nippel rasch.

      „Oh“ entfuhr es ihr und „ach!“

      Konnte das wahr sein? Die schärfste Männerfeindin des Landes schmolz dahin, allein durch meinen Atem!

      „Immo, tun Sie mir einen Gefallen und schalten Sie das Licht aus, ich mag keinen nackten Mann sehen.“

      Verblüfft tat ich, was sie wünschte. Im Dunkeln zogen wir uns gegenseitig aus.

      „Ziehen sie sich was über Polcas, wenn sie verstehen...“

      Ich tastete nach meiner Hose und kramte ein Kondom aus der Tasche. Seit meiner Arbeit an diesem vermaledeiten Buch hatte ich immer welche griffbereit. Amelie tastete meinen Körper ab, zaghaft wie eine Sechzehnjährige, dann sagte sie:

      „Unten kann ich nicht, legen Sie sich auf den Rücken.“

      Ich legte mich aufs Bett, sie setzte sich auf mich, ganz langsam und vorsichtig und ritt in sanften Trab durch die Dunkelheit. Ich griff nach ihren Brüsten, die wie schwere Glocken im Rhythmus ihrer gezügelten Leidenschaft läuteten. Es war ein langer Ritt, der im dritten Drittel in leichten Galopp überging, in diesem Tempo überschritten wir beinah gleichzeitig die Ziellinie. Sie zog meine Hände von ihren Brüsten, ihre Hände krallten sich in meine und ich hatte den Eindruck, sie weinte. Während meiner Ejakulation